Raus aus der Schmuddelecke: Alexander Balthasar kennt legale Graffiti-Flächen

14.08.23 - Zwischen urbaner Kunstform und lästiger Wandschmiererei: Graffitis prägen mal mehr oder weniger das Bild einer Stadt. Mit der Farbdose in der Hand nehmen manche Sprayer gleichzeitig strafrechtliche Konsequenzen in Kauf. Ein gelungenes Beispiel für eine legale Alternative zeigt die zur Verfügung stehende Fläche an der Fußgängerbrücke in der Bardostraße in Fulda. Alexander Balthasar von der Jugendkulturfabrik Fulda hat das Projekt vor einiger Zeit auf den Weg gebracht. "Man schafft etwas im öffentlichen Raum und kann seiner Kreativität freien Lauf lassen, ohne etwas Unerlaubtes zu tun." 

Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.

Im O|N-Interview.

Ein Werk der "HBS-Crew".

Der 42-Jährige kennt die Szene, ist selbst darin seit 20 Jahren aktiv. "Es ist ein Teil von mir und mein Hobby." Das Besondere daran: "Es ist eben eine Ausdrucksform. Außerdem steht es für Gemeinschaft mit Freunden und Kollegen", so der Sozialarbeiter. Seit zwei Jahren gibt es nun die "Graffiti-Wall-Fulda". Auch auf dieser Fläche haben sich in der Vergangenheit jegliche "Kritzeleien" bemerkbar gemacht. "Ich hatte damals die Brücke ins Auge gefasst und bei der Stadt angefragt. Es stellte sich heraus, dass die Brücke Hessen Mobil gehört." Ein Vertrag kam zustande. "Es freut uns, dass unserem Projekt Anerkennung gebracht wird und wir auf dieser Fläche präsent sein können. Wir wollen weg von dem Gedanken 'Schmuddelecke' und gesehen werden." Eine der Bedingungen vor Ort zum Graffitisprühen: Rassistische Beleidigungen sind tabu. 

Beschädigung vom fremden Eigentum und seine Folgen

Alexander Balthasar kennt die Szene.

Die Brücke befindet sich in der Bardostraße nahe des Rosenbades.

Schmierereien finden sich leider überall.

Illegale Sprayflächen.

Auch Plakatflächen werden in Mitleidenschaft gezogen.

Das Problem: Kinder und Jugendliche erfahren den Reiz des Illegalen beispielsweise in Musikvideos. Die Folgen? Zunächst Nebensache. Fest steht aber, dass Vandalismus bzw. Sachbeschädigung vom fremden Eigentum eine Straftat ist. Je nach Ausmaß und Alter ist eine Geldstrafe oder gar eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren möglich. Nicht nur Häuserfassaden sind betroffen, ebenso Autos, Tunnel und Züge. "Graffitis an Zügen sind ganz schlimm, das kann schonmal in den fünfstelligen Bereich gehen. Neben der Reinigungsgebühr kann es zum Verdienstausfall kommen", so Balthasar. "Die Aktionen sind vor allem nachts nicht gerade ungefährlich." 

Junge Menschen begeistern auf legalem Weg

Wer legal sprayen möchte, kann sich eine Erlaubnis bei der Jugendkulturfabrik holen. ...

Auch Newcomer sind bei dem Projekt willkommen.

Hier entsteht bald Neues: Ein Graffiti-Künstler hat sich diese Fläche bereits reserviert. ...

Umso sinnvoller sei es, Möglichkeiten zu schaffen, die eben solchen Aktionen keinen Raum bieten. Der Vorteil an der Brücke in der Bardostraße: "Es ist eine echt coole Sache, da es überdacht ist. Wer also Lust hat, mitzumachen, kann sich eine Erlaubnis bei uns abholen." In der Regel bleiben die Kunstwerke hier an der Wand etwa einen Monat. Über das genaue Vorgehen informiert Balthasar, der auch Graffitikurse anbietet und zum Ausprobieren einlädt. Und das war noch nicht alles: Vor Kurzem hat die Stadt Fulda in der Neuenberger Straße unweit der LGS die "Open Street Art Gallery" ins Leben gerufen (O|N berichtete). Bei der Jugendkulturfabrik in der Weimarer Straße selbst steht übrigens eine weitere legale Sprayfläche zur Verfügung. Der Szenekenner abschließend: "Es ist generell einfach ein Erlebnis, das man mit seiner Crew teilen kann. Wir freuen uns natürlich, auch andere davon zu begeistern." (mkr) +++