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Hohmann startet durch, vier Johannesberger sind zudem noch im Rennen
09.08.23 - Selbst in der Esperanto-Halle gehen mal die Lichter aus. Und sage noch einer, die Spieler der SG Johannesberg hätten keine Chance bei den European Open im 9-Ball des Pool-Billards. Acht von ihnen gingen am Eröffnungstag an den Start - und fünf von ihnen sind weiterhin dabei. Ausgängeschild Thorsten Hohmann, der vor exakt 20 Jahren Weltmeister im 9-Ball wurde, gelangen zwei Siege; ausgeschieden sind nur Jörg Söder, Arik Reiter und Stephan Wiegand.
Bleiben vier Spieler, die nach dem Doppel-K.o-System noch im Rennen sind: Raphael Wahl, Christoph Reintjes, Erik Köhler und Juri Pisklov. Dieses Quartett verbuchte jeweils einen Sieg und eine Niederlage. All ihre Matches hatten eines gemein: Sie waren spannend bis zum Anschlag. Ab dem Nachmittag füllten immer mehr Zuschauer die Halle. Großer Sport, großes Kino, Emotionen zuhauf in der Esperanto-Halle.
Beispiel Juri Pisklov:
Das Match Pisklov gegen Fedor sollte alles toppen. Spannung und Dramatik waren nicht zu überbieten und wurden zum Selbstläufer. Das Spiel fand auf dem "Fernsehtisch 2" statt. Pisklov, der im letzten Jahr in der ersten Runde mit Ralf Souquet (Spitzname: der Kaiser) einen anderen Weltmeister ausgeschaltet hatte, drehte gleich in der Anfangsphase auf. Er ging mit 4:1 in Front. Die Zuschauer klatschten. Sie feuerten den Johannesberger an. Alle hofften auf eine Sensation.
In dieser Situation nahm Gorst ein Time-Out. Legitim ist es, aber natürlich von einem Stückchen Taktik begleitet. Gorst verkürzte bis auf 3:4 - doch Pisklov zeigte sich unbeeindruckt. Er schenkte allen ein wärmendes Gefühl und zog bis auf sage und schreibe 7:3 davon. Dann aber öffnete sich eine Tür - und Hitchkock kam zu Besuch.
Gorst holte auf. Und holte auf. Mit bewundernswerter Ruhe, Strategie und den Glauben an sich drehte er auch dieses Match. Er machte keinen Fehler mehr und holte sich sechs Punkte in Folge. Der Russe gewann mit 9:7. "Ich war nicht gut. Sehr schlecht. Ich habe nur von seinen Fehlern gelebt. So kann man kein Spiel gewinnen", bemerkte Pisklov in seiner ersten Enttäuschung. Dennoch verbleibt er im Wettbewerb.
Beispiel Raphael Wahl: Am Vormittag hatte er noch einem der Mitfavoriten, dem Taiwanesen Ko Pin Yi, ein tolles Match geliefert - auch wenn er sich knapp hatte geschlagen geben müssen. Nachmittags gewann er 9:1 gegen einen Esten. "Ich habe das Gefühl des Vormittags mitgenommen", sagte er, "es lief von Anfang an gut. Ich habe mich sehr sicher gefühlt." Etwas schelmisch, aber treffend fügte er hinzu: Ich hab' den Gegner kaum gesehen. Das ist ein gutes Zeichen."
Beispiel Erik Köhler:
Beispiel Christoph Reintjes: Unverhofft kommt oft: Reintjes kam kampflos weiter, sein Gegner trat zum Match mit und gegen Reintjes nicht an.
Beispiel Thorsten Hohmann:
Interessante Notiz am Rande: Mit dem ehemaligen Europameister und Top-Spieler Jahnke teilte sich Hohmann auf Lehrgängen das Zimmer.
In Spiel Nummer zwei gegen So Shaw, dem in London ein Hotel gehört, hatte Hohmann noch weniger Mühe: Hohmanns Gefühl, er müsse trotz seiner Favoritenrolle gut spielen, löste sich bald in Luft auf. Shaw verspätete sich - und gab das Match nach wenigen Minuten verloren. Hohmann muss erst am Donnerstag wieder ran - dann aber gegen stärkere Kontrahenten.
Bleiben Jörg Söder, Arik Reiter und Stephan Wiegand: Sie blieben allesamt nach zwei verlorenen Spielen hängen.
Arik Reiter:
"Man merkt mir die Organisation an. Ich bin leer und vom Kopf her null dabei." Nur wenige können erahnen, was die letzten Wochen in ihm und mit ihm gemacht hatten. "Ich habe wieder 2:1 geführt" - wie am Vormittag. "Dann verschieße ich die Acht. Wie doof ist das denn?", wunderte er sich über seine Fehler. "Es gab zwei oder drei Situationen, in den es spannend hätte werden können."
Jörg Söder: 5:8 lautete das Ergebnis seines zweiten Spiels - gegen Boris Ivanovic. "Der Junge spielt Erste Bundesliga, da kann man schon mal verlieren", traf Söder den Nagel auf den Kopf, "als Bezirksliga-Spieler gegen diese Jungs ... Ich hätte den einen oder anderen Fehler weniger machen können. Aber alles okay", nahm Söder den Ausgang sportlich. "Dafür stehen die dann acht oder zehn Stunden am Tisch. Und ich gehe arbeiten." (wk)
Bis einschließlich Donnerstag dauern die Qualifikationsspiele an. Ab Freitag läuft die Finalrunde der letzten 64. +++