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Hier im Fuldaer Schlossgarten hatte sich die Messerattacke ereignet - O|N-Archivbilder

FULDA War der Täter vermindert schuldfähig?

Prozess wegen Messerstecherei im Schlossgarten wird neu aufgerollt

01.09.23 - Eine fast tödliche Messerattacke beschäftigt ab Donnerstag erneut das Landgericht Fulda: Zwei Jahre Haft auf Bewährung nach Jugendstrafrecht lautete das erstinstanzliche Urteil im Februar 2022, nachdem ein 19-Jähriger aus Künzell im September 2021 einen 18-Jährigen im Fuldaer Schlosspark niedergestochen und beinahe tödlich verletzt hatte. Gegen das Urteil hatte die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt, der Bundesgerichtshof hat das Urteil daraufhin aufgehoben. Das Verfahren steht deshalb zur erneuten Verhandlung vor der 1. Großen Jugendkammer an.

Der mittlerweile 20-Jährige muss sich jetzt erneut vor Gericht verantworten ...

Angeklagt war zunächst, dass der Heranwachsende damals versucht habe, einen anderen Menschen heimtückisch zu töten. Er soll gegen 18:52 Uhr im Schlosspark unbemerkt an den zusammen mit Freunden auf einer Bank sitzenden und ihm den Rücken zukehrenden Geschädigten herangetreten sein, ihn angesprochen und unvermittelt zwei Messerstiche mit einem Butterflymesser versetzt haben. Der 18-Jährige erlitt massive Verletzungen: Unter anderem kollabierte sein rechter Lungenflügel, ein Arterienast wurde perforiert, er verlor über 2,5 Liter Blut. Nur durch eine Not-Operation konnte sein Leben gerettet werden. Der Angeklagte floh anschließend vom Tatort. 

2022 war der damals 19-Jährige war zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden ...

Die 2. Strafkammer des Landgerichts Fulda hatte den Angeklagten mit Urteil vom 28.02.2022 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Für das neue Verfahren sind fünf Verhandlungstage terminiert worden.

Staatsanwältin hatte Revision eingelegt

Obwohl der psychiatrische Sachverständige damals zwar zunächst eine verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten wegen dessen Alkoholkonsums und 2,3 Promille Blutalkohol angenommen hatte, hatte er das nach Abschluss der Beweisaufnahme in seinem Gutachten explizit verneint und ihn stattdessen als voll schuldfähig eingestuft. Zeugen hatten ausgesagt, dass dem 19-Jährigen nicht oder kaum anzumerken gewesen sei, dass er alkoholisiert war. Er habe weder gelallt noch geschwankt. Sein Verhalten nach der Tat sei orientiert und gezielt gewesen. So habe er die Polizei bewusst irregeleitet, indem er angab, sein Messer unten am Bach weggeworfen zu haben, während er es tatsächlich hinter eine Mauer geworfen hatte. Auch hatte er ein anderes Messerfabrikat der Tatwaffe angegeben, weil er wusste, dass der Besitz eines Butterflymessers verboten war. Aus diesen Gründen hatte die Staatsanwältin auf eine Haftstrafe von drei Jahren plädiert. Diesem Antrag war das Gericht aber nicht gefolgt, sondern hatte ihn zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt.

Mit diesem geringen Strafmaß war die Staatsanwaltschaft aber nicht einverstanden und legte erfolgreich Revision ein. Richter Josef Richter erklärte am Donnerstag, dass der damalige Tathergang unstrittig sei, aber die Frage der verminderten Schuld- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten erneut untersucht werden müsse. Deshalb wurden heute sowohl der Angeklagte als auch das damalige Opfer und Zeugen der Tat erneut vor Gericht befragt.

Der junge Mann schilderte vor Gericht offen und ausführlich, wie sich sein Leben heute von dem zur Tatzeit unterscheidet. Schon während der viermonatigen der Untersuchungshaft habe er entzogen und Suchtberatung und Therapie in Anspruch genommen. Die JVA attestiert ihm, sich dort aufmerksam und motiviert am Unterricht beteiligt zu haben und in seiner Wohngruppe bei Konflikten zu einer sachlichen Lösung beigetragen zu haben. Seither nehme er keine Drogen mehr und trinke nur noch selten Alkohol, sagte er aus. Mittlerweile hat er sein Fachabitur mit Note 2,3 bestanden und möchte im Herbst sein Studium Soziale Arbeit aufnehmen. Die 6.000 Euro, die seine Eltern dem Opfer gezahlt haben, will er ihnen zurückzahlen. Er hat eine neue Beziehung und will bald mit seiner Freundin zusammenziehen. Auch nach seiner Entlassung aus der U-Haft habe er therapeutische Hilfe in Anspruch genommen.

Vier Zeugen sagten anschließend noch einmal zur Tat aus, darunter auch das damalige Opfer. Ob sich die Frage erhellen lässt, wie sehr seine Steuerungsfähigkeit damals durch den Alkoholkonsum beeinträchtigt war, wird sich in den nächsten Verhandlungstagen mit weiteren Zeugenaussagen zeigen. Der Prozess wird am Freitag um 9:30 Uhr fortgesetzt. (ci)+++


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