Archiv
Der langjährige hr-Journalist Bernd Bark ist seit 1. August Pressesprecher des LWV Hessen. - Fotos: Privat

REGION Interview mit Pressesprecher Bernd Bark

LWV - "Leben Wirksam Verbinden oder: Leben WIR Vielfalt!"   

03.09.23 - Zum 1. August hat Bernd Bark (BB) sein neues Amt als Pressesprecher des Landeswohlfahrtsverbandes (LWV) Hessen angetreten und damit die Leitung der LWV-Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit übernommen. Der 54-Jährige folgt auf Elke Bockhorst, die Ende Juni nach 14 Jahren als Leiterin in den Ruhestand gegangen ist. Der auch in unserer Region sehr bekannte, frühere Journalist des hr-Studios Kassel stand der OSTHESSEN|NEWS-Redaktion gerne für ein Interview zur Verfügung. 

Zur Person

Bernd Bark ist in Kassel zuhause, verheiratet und zweifacher Vater. 1995, im Rahmen seines Studiums in Göttingen, absolvierte er das erste Praktikum beim hr im Studio Kassel. Seit November 1996 war er dann hauptberuflich freier Mitarbeiter in der Redaktion "Fernsehen Info Nordhessen". Der Zuständigkeitsbereich umfasste beim Bewegtbildbereich ganz Nord-/Osthessen, "also von Bad Karlshafen bis Marburg und rüber bis nach Fulda und in die Rhön. So war ich natürlich auch viel in der Region rund um Fulda unterwegs". Allein 74mal hat er das Dolle Dorf gezogen und jeweils mit ganz eigener Handschrift liebevoll proträtiert.

Ab dem Jahr 2000 folgten eine Tätigkeit als sogenannter "fester" freier Mitarbeiter mit Rahmenvertrag und anderen Aufgaben, auch als abnehmender Redakteur vom Dienst, sowie von 2018 bis 2023 in Festanstellung als Teil der Redaktionsleitung. 2021 war Bernd Bark eingebunden in die Entwicklung des neuen, zukunftsweisenden Regiodesk im Studio Kassel, bei dem alle Themen möglichst crossmedial ausgespielt werden sollen: also Fernsehen, Hörfunk, Online und Social Media. Sein Fazit: "Fast 28 Jahre ununterbrochene Tätigkeit beim hr im Studio Kassel. Das war für mich schon eine kleine Ära".
 
O|N: Was bringt einen verdienten hr-Journalisten dazu, nach so vielen Jahren eine neue berufliche Herausforderung anzutreten?

Bernd Bark: Die Kurzform: weil der Job beim LWV Hessen genau das spannende, neue und herausfordernde berufliche Angebot zur rechten Zeit war, das ich gesucht habe. Etwas ausführlicher: die Tätigkeit  als Journalist beim hr in Kassel war natürlich sehr abwechslungsreich, interessant und hat mir unglaublich viele Einblicke verschafft. Als Reporter war ich im Kalibergbau mehrere hundert Meter untertage, mit einem Luftschiff auf Insektenfang, im Inneren der Edersee-Sperrmauer, in der damaligen Eika-Kerzenfabrik, in der Teufelshöhle bei Steinau, usw. Ich hatte mit tollen und interessanten Protagonistinnen und Protagonisten zu tun: heute der Bundeskanzler, morgen eine Nachtreportage mit dem Kameramann Martin Angelstein über einen Schrankenwärter im Osthessischen und den nächsten Tag ein älteres Ehepaar, das mit 23 Ziegen in einem Haus lebte. (Lacht). Das das hat schon recht eigenwillig gerochen, puh!

Bernd Bark (rechts) mit dem Team bei einem hr-Dreh im Hofbieberer Ortsteil Wiesen. ...Fotos: O|N - Archiv

Der langjährige hr-Reporter beim "Dollen Dorf"-Dreh gemeinsam mit Wiesens Ortsvorsteher ...

Auch in der Leitungsfunktion gab es spannende Aufgaben und Themen, aber am Ende des Tages hat sich vieles dann einfach wiederholt. Die Wasserkuppe ohne Schnee, der Edersee mit zu wenig Wasser, die Kirsch- und Rübenernte ... Tja, und mit der Ausschreibung jetzt im Februar, da hat es dann gepasst. Der LWV ist ein attraktiver und zuverlässiger Arbeitgeber, der Verband ist ein relevanter Player in den sozialen Sicherungssystemen und bewegt jedes Jahr ein Budget im Milliardenbereich. Der Einsatz für die Menschen in unserer Gesellschaft, die Unterstützung brauchen, der Auftrag, als Treiber für Inklusion in Hessen tätig zu sein und dafür zu sorgen, dass Hilfe dort ankommt, wo sie benötigt wird, das alles ist einfach wichtig, sinnvoll und dort will ich gerne daran arbeiten, dass die Themen noch stärker in den Medien und der Öffentlichkeit so "verkauft" werden, wie sie es verdienen.
 
O|N: Sie stehen jetzt quasi auf der anderen Seite des Mikros/der Kamera. Wie verläuft die Eingewöhnung? 

Bernd Bark: Noch besser als gedacht und gehofft. Das liegt zum einen daran, dass mir in meinem Bereich ein ganz tolles Team den Rücken freihält und mich behutsam in die ganzen neuen Aufgaben und Workflows einführt. Zudem bin ich überall in dieser großen Verwaltung sehr freundlich, herzlich und zugewandt aufgenommen worden. Ich fühle mich schon so richtig als Teil der "LWV-Familie".

Zum anderen war aber auch gleich richtig zu tun. In Bad Nauheim gibt es Einrichtungen der Dorea-Gruppe, bei denen der LWV Leistungsträger ist. Dort leben psychisch kranke Menschen. Dorea hat in Teilen Insolvenz anmelden müssen. Da waren wir beim LWV und in der Pressestelle gleich als Krisenmanager gefragt. Und sind dabei, verträgliche Nachfolgelösungen für die Bewohnerinnen und Bewohner und für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu finden und das zu kommunizieren. Das war aber schon eine Umstellung, dass jetzt unter anderem die ehemaligen hr-Kolleginnen und -Kollegen bei mir anriefen und um weitergehende Infos baten.

Aber klar, ich muss immer noch viele Menschen, Namen, Abläufe und Strukturen beim neuen Arbeitgeber kennenlernen.  Dazu kommen noch die Regionalverwaltungen in Wiesbaden und Darmstadt, die Gedenkstätten – etwa in Hadamar - und die vielen Schulen, z.B. für hörgeschädigte oder sehbehinderte Kinder, und, und, und…  Bisher habe ich den Jobwechsel aber in keiner Weise bereut. 

O|N: Worin werden Ihre Aufgabenschwerpunkte beim LWV liegen?

Bernd Bark: Was als erstes anzupacken ist, ist auch klar: Der Aufbau der LWV Social Media-Kanäle und die Präsenz auf den digitalen beruflichen Netzwerk-Plattformen wie LinkedIn oder Xing hat als neue Aufgabe höchste Priorität. Dazu werden wir eine Social Media-Strategie ausarbeiten und möglichst zeitnah umsetzen. Warum? Das braucht man einem führenden regionalen Online-Medium wie OSTHESSEN|NEWS eigentlich nicht zu sagen. Ich mache es trotzdem. (BB lacht.)

Vier von fünf Menschen in Deutschland nutzen täglich das Internet. Instagram zählt in Deutschland rund 25 Millionen Nutzer, Facebook sogar zwischen 30 bis 45 Millionen, je nach Studie. Die Plattform You Tube hat ebenfalls Millionen von Nutzerinnen und Nutzern und ist nach google sogar die weltweit zweitgenutzte Suchmaschine. Ja, trotz aller zum Teil sehr berechtigter Kritik in Sachen Datenschutz und Cybersecurity: Wir kommen an diesen Plattformen nicht vorbei, wenn wir wahrgenommen werden und die Menschen dauerhaft erreichen wollen.

Gleiches gilt für das Recruiting, also die Personalgewinnung. Früher mussten die jungen Leute auf ihren möglichen Arbeitgeber zugehen. Jetzt hat sich das Verständnis umgedreht: die Arbeitgeber – mögen sie auch noch so attraktiv und sicher sein, wie auch der LWV – müssen auf die jungen Menschen zugehen und sie dort finden, wo sie sich die meiste Zeit aufhalten: im Netz, auf den Social Media-Plattformen. Nur so werden wir in Zukunft die besten Kandidatinnen und Kandidaten für unsere Ausbildungsplätze und auch passendes Führungspersonal finden können. Interessierte können sich übrigens gerne auf unserer Homepage informieren und umschauen: Landeswohlfahrtsverband Hessen: Ihre Stelle beim LWV (lwv-hessen.de).

Und dann ist da ja noch das schon vorhandene Kerngeschäft bei uns in der Öffentlichkeitsarbeit, das wir modernisieren und digitalisieren wollen: Medienbeobachtung, Pressemitteilungen, Kampagnen, Teilnahmen an Veranstaltungen wie dem Hessentag  oder auch an der Museumsnacht jetzt in Kassel. Alles kommt auf den Prüfstand und – da weiß ich mein Team auch voll hinter mir – wir werden schauen, wie wir noch besser, effizienter und erfolgreicher arbeiten können. Also, zu tun gibt es reichlich.

O|N: Welche Herausforderungen muss der LWV aktuell meistern?

Bernd Bark: Der LWV ermöglicht vor allem die gesellschaftliche Teilhabe behinderter Menschen. Bereits aktuell sorgt der Verband für eine gerechte Verteilung von mehr als zwei Milliarden Euro zugunsten unserer Leistungsberechtigten. Geld, das die hessischen Kreise und kreisfreien Städte gemäß ihrer Finanzkraft über die sogenannte "Verbandsumlage" beisteuern. Das größte Aufgabenpaket innerhalb der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung ist die Unterstützung beim Wohnen, bei der Arbeit und der Tagesstruktur. Zum Bereich Arbeit zählen Leistungen in Werkstätten für behinderte Menschen, aber auch betriebsintegrierte Beschäftigungsplätze und das Budget für Arbeit.

Der Sitz des Caritasverbandes für die Diözese. Foto: O|N - Archiv

antonius in Fulda. Foto: O|N - Archiv / Rene Kunze

Die WABe im Fliedener Ortsteil Höf und Haid. Foto: O|N - Archiv

Bezogen auf den Kreis und die Stadt Fulda bedeutet das konkret: wir haben dort rund 2.000 Leistungsberechtigte und unser Finanzvolumen für diese Menschen beträgt etwa 54 Millionen Euro. Die größten Leistungserbringer sind in der Region bestens bekannt: Antonius und der Caritasverband für die Diözese Fulda mit ihren jeweils vielfältigen Angeboten. Zu vergessen sind aber auch nicht die vielen kleinen Träger wie etwa die WABe Flieden, die in ihrer Vielfalt und großen Zahl dazu beitragen, dass es insgesamt ein breites und gutes Angebot für alle Menschen mit Behinderung gibt.

Was wir in Zukunft meistern müssen: die stetig steigenden Kosten. Die resultieren aus der immer weiter anwachsenden Zahl der leistungsberechtigten Menschen und deren gestiegenem Unterstützungsbedarf. 64.000 Menschen in Hessen haben laut LWV-Haushalt 2023 Anspruch auf eine Leistung. Dabei geht es ja nicht nur um Menschen mit einer Körperbehinderung oder geistig bzw. seelisch behinderte Menschen. Vor allem die Zahl der psychischen Erkrankungen mit weitreichenden, häufig lebenslangen Folgen hat in den vergangenen Jahren drastisch zugenommen. Stichwort hier auch "Corona". Diese Fälle werden künftig noch weiter anwachsen und somit auch der Finanzbedarf des LWV.

Trotz sparsamer Haushaltsführung und ganz genauem Blick auf unsere internen Kosten – der LWV hat mit gerade sechs Prozent Personalkosten für eine Verwaltung eine im Vergleich sehr gute Quote – wird sich perspektivisch nicht verhindern lassen, dass der Finanzbedarf steigt. Gleichzeitig haben auch unsere Träger, die hessischen Landkreise und kreisfreien Städten, in vielen Bereichen zusätzlich steigende Kosten zu bewältigen. Das müssen wir austarieren und auch in Zukunft einen guten Weg finden, der einerseits unsere Träger nicht über Gebühr belastet, andererseits aber auch den Menschen mit Behinderung  in Hessen zu ihrem Recht und den dazugehörigen Leistungen verhilft.

Weitere Herausforderungen sind die Digitalisierung und Modernisierung unserer Arbeit und Dienstleistungen auf allen Ebenen. Ein Prozess, der ja nie aufhört. Aber da bin ich guten Mutes. So habe ich schon gelernt und gesehen, dass die Zentrale Vergabestelle bei uns im Haus komplett digital arbeitet. Da wird im Normalfall nichts mehr ausgedruckt, herumgetragen und abgeheftet. Vorbildlich.
 
O|N: Wie gestaltet sich der Austausch mit den hessischen Landkreisen, den verschiedenen Gremien und den Einrichtungen?

Bernd Bark: Der LWV gilt ja seit seiner Gründung auch als das "Hessische Sozialparlament". 75 Abgeordnete aus den Landkreisen und kreisfreien Städten kommen mehrmals im Jahr in Kassel zusammen, um wichtige Entscheidungen zu treffen. Es gibt zudem diverse Ausschüsse und Gremien. Allen voran steht die Landesdirektorin Susanne Selbert. Das ist alles sehr faszinierend und eine eigene kleine parlamentarische Welt.

Mit den ersten Abgeordneten der Verbandsversammlung konnte ich schon sprechen, mit der Verbandspitze im Haus stehe ich natürlich sowieso im regelmäßigen persönlichen Austausch. Aber es wird dauern, bis ich mir die ganzen Abläufe, Personen und Arbeitsweisen in allen Details erarbeitet habe. Beinahe jede Woche zum Beispiel lerne ich neue Leistungsträger kennen und wie sie arbeiten. Und da ist dann ja auch immer der regionale Bezug zu den Landkreisen.

Nehmen wir zum Beispiel die Sozialen Förderstätten im Kreis Hersfeld-Rotenburg. Die waren mir – obwohl in Nord- und Osthessen gut bewandert –  bisher kein Begriff. Dabei sind sie dort im Landkreis mit Hephata unsere größten Leistungserbringer. 1.500 Menschen profitieren dort im Kreis insgesamt von unserer Eingliederungshilfe in einer Höhe von zusammen 38 Millionen Euro pro Jahr. Die meisten Menschen bekommen es vermutlich gar nicht mit, aber der LWV ist überall in Hessen präsent.

O|N: Warum ist der LWV in diesen Zeiten wichtig?

Bernd Bark: Weil der LWV der zentrale Player in Hessen ist, wenn es um Integration geht. Weil wir mithelfen, unsere Gesellschaft trotz zunehmender Probleme zusammenzuhalten und gerechter zu machen. Und weil der LWV eine urdemokratische Institution ist.

Beim Namen LWV, Landeswohlfahrtsverband, denken viele an eine Organisation, die ähnlich dem Paritätischen, der Diakonie oder freien Trägern wirkt. Wir aber haben einen gesetzlichen Auftrag. Der LWV kümmert sich darum, dass unter anderem Menschen mit Behinderung überall in Hessen möglichst gleich unterstützt werden und sich das Niveau unserer Leistungsberechtigten auf einem Level bewegt.

Beispiel: wenn ein Mensch mit Behinderung Unterstützung bei der Wohnungssuche und beim Umzug braucht, dann soll er oder sie in Fulda dieselben Leistungen bekommen wie im Vogelsbergkreis in Frankfurt oder anderswo in Hessen. Die Leistung ist nicht davon abhängig, wie finanzstark der Heimatlandkreis ist. Das alles schafft die oben genannte Verbandsumlage. Wir sind Träger von 13 überregionalen Förderschulen und Frühförderstellen, helfen Kindern mit Hörschädigung oder Sehbehinderung, besser am Leben teilnehmen zu können. Wir kümmern uns auch um sozial benachteiligte Menschen, finanzieren zum Beispiel Leistungen und Angebote für wohnungslose Menschen. Das alles ist ein Stück weit soziale Gerechtigkeit. Das ist gelebte Demokratie. LWV – man könnte auch sagen: Leben wirksam verbinden oder Leben wir Vielfalt!  (Bertram Lenz) +++


Über Osthessen News

Kontakt
Impressum

Apps

Osthessen News IOS
Osthessen News Android
Osthessen Blitzer IOS
Osthessen Blitzer Android

Mediadaten

Werbung
IVW Daten


Service

Blitzer / Verkehrsmeldungen Stellenangebote
Gastro
Mittagstisch
Veranstaltungskalender
Wetter Vorhersage

Social Media

Facebook
Twitter
Instagram

Nachrichten aus

Fulda
Hersfeld Rotenburg
Main Kinzig
Vogelsberg
Rhön