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Allerley aus dem Mittelalter und der beginnenden Neuzeit erzählten Michael Adam als „Scharfrichter" und Stefanie Prokupek als „Hübschlerin“. - Fotos: Privat

BAD HERSFELD Neuartige Stadtführung

Mit Kostümen durch die Innenstadt: Vom Lotterleben im alten Hersfeld

19.09.23 - Es war richtiggehend ein kleines Schauspiel, das sich vor wenigen Tagen den überraschten Zaungästen und Besuchern in der Bad Hersfelder Innenstadt bot: 72 Personen folgten in einem langen Zug einem Bollerwagen, von dem Mittelalter-Musik ertönte und der von zwei seltsam gekleideten Personen gezogen wurde: Der "Hübschlerin" Dorothea und dem "Scharfrichter" Gottlob. Dahinter verbarg sich eine ganz besondere Stadtführung, die erstmals aufgeführt wurde mit dem Titel: "Dirnen – Henker – Lotterleben" mit Stefanie Prokupek und Michael Adam in den Hauptrollen.

Der Obere Rathausplatz war gut gefüllt, als das anderthalbstündige Geschichts-Theater begann. Scharfrichter Gottlob stellte seine Hübschlerin Dorothea als sein Weib vor, das er mit reichlich Mitgift aus Trier bekommen hatte; und sie wiederum ließ wissen, dass sie ja eigentlich von einem Prinzen geträumt hatte und nicht von "ihm hier".

Dann setzte sich der Zug Richtung Rosengasse in Bewegung. In jener Gasse und in der Rosmariengasse lebten vor 600 Jahren die "Randständigen" der Gesellschaft: der Scharfrichter, der Totengräber, der Abdecker, der Unschlittmeister, die Spielmannsleute und die Dirnen. Diese alle mußten "Schandfarben" tragen, rot, grün oder ocker, und die Dirnen zusätzlich ein lichtgelbes Stück Stoff, das sie als Hübschlerinnen auswies.

In der Badestube erfuhren die staunenden Gäste von dem Lotterleben, das dort ausgelebt wurde, jedenfalls etliche Jahrhunderte, bis die Sittenlosigkeit nach dem 30-jährigen Krieg es gemeinsam mit der Syphilis für die Badehäuser in der Badestube beendete.

Die Dirne am Pranger

Am Rathaus stand dann die Dirne am Pranger, weil sie "den 4. Hurenfall begangen hatte". Dies bedeutete, sie hatte das vierte uneheliche Kind bekommen. "Wenn das heute noch zum Pranger führte, dann wäre die Stadt gestopfte voll mit Schandpfählen", so der Henker, und weiter: "Heute heißen die Pranger vielfach Facebook, Instagram, X oder TikTok". Hier am Rathaus erfuhren die Gäste auch von allerlei Foltermethoden, die eingesetzt wurden, um Geständnisse zu erzwingen.

Zum selben Zweck, aber auch als Richterwerkzeug, stand am Weiher auf dem Marktplatz, zu dem die Gäste wechselten, der Schnappgalgen, im Volksmund auch Gaak genannt. Mit ihm wurden Delinquenten getaucht – oder ertränkt. 1618 wechselte der Gaak an das vordere Peterstor vor der Neustadt und dort wurden alsbald danach zwei Frauen wegen Kindsmordes ertränkt.

Abschließend erfuhren die Besucher an der Gerichtslinde an der Nord-West-Ecke des Marktplatzes noch von den Gerichtssitten, der Henkersmahlzeit, dem Standort des Galgens und hörten die Moritat über Fritz Haarmann: "Warte, warte noch ein Weilchen". Heftiger Beifall belohnte die beiden Akteure Michael Adam als "Scharfrichter" und Stefanie Prokupek als "Hübschlerin". Sie versprachen, das Stück über die Dirnen, den Henker und das Hersfelder Lotterleben im kommenden Mai zu wiederholen. (pm) +++


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