4.000 Euro brutto: Handwerk lockt Umschüler aus kaufmännischen Berufen

22.09.23 - Beim Landeswettbewerb in den Bauberufen treten im Bildungszentrum Bau Osthessen Fulda die Kammersieger der Bauberufe Fliesenleger, Stahlbetonbauer, Maurer und Stuckateure gegeneinander an. Auch in Fulda gilt: Die gute Bezahlung bringt viele junge Leute aus anderen Berufen ins Handwerk.

Ein Fliesenleger, zwei Stukkateurinnen und 15 Maurer aus ganz Hessen sind in der Lehrbauhalle des Bildungszentrums Bau Osthessen Fulda zusammengekommen, um ihre Fertigkeiten unter Beweis zu stellen: Ein Werkstück, das sie vorher nicht gesehen haben, muss in acht Stunden erarbeitet werden - sechs Stunden am Freitag, zwei Stunden am Samstag. Während die Teilnehmer arbeiten, inspizieren Mitglieder des Prüfungsausschusses den Fortschritt. Wer hier gewinnt, kann als hessischer Meister bei den deutschen Meisterschaften teilnehmen - das macht sich gut im Lebenslauf und ist gut fürs Selbstwertgefühl:

Glücklich nach Umschulung

Fliesenleger Louis Larbig aus Flieden

Bernd Klüber, Ausbildungsleiter beim Bildungszentrum Bau Osthessen Fulda ...

Christoph Schetter, Obermeister der Innung des Bauhandwerks Fulda

Gabriele Leipold, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Fulda

"Ich bin inzwischen sehr glücklich im Handwerk, nachdem ich umgeschult habe. Mit mehr als 82 Prozent im Praxisteil und mindestens 67 Prozent im Theorieteil der Gesellenprüfung bin ich Kammersiegerin geworden - aber die Aufgabe hier hat es in sich: eine Ständerwand mit Durchreiche bauen. Stukkateure verputzen hauptsächlich, Trockenbau ist da schon eine Herausforderung", erklärt die 28-jährige Carolin Chantal Kimm aus Schauenburg-Martinhagen bei Kassel. 20 Zimmerer, 15 Maurer, zwei Betonbauer, fünf Fliesenleger, drei Trockenbauer, fünf Tief- und Straßenbauer und zwei Stukkateure haben in diesem Jahr ihre Ausbildung bei Innungsbetrieben in Fulda begonnen.

Das Thema Fachkräftemangel ist Dauerbrenner im Handwerk, die gestiegenen Energiekosten stellen die Betriebe vor große Herausforderungen - aber die Ausbildungszahlen bleiben konstant. "Das Image des Handwerks hat sich zum besseren gewandelt bei Jugendlichen - vor allem, wenn die erfahren, dass nicht jeder studierte Job gut bezahlt ist. Wer im Handwerk arbeitet, verdient ab 16 Jahren Geld - und kann nach der praxisbezogenen Lehre immer noch fachbezogen studieren", erklärt Christoph Schetter, Obermeister der Innung des Bauhandwerks Fulda.

Vielfältige Weiterentwicklungsmöglichkeiten

Burkhard Blumenthal, Ausbilder Fliesen

Burkhard Blumenthal, Ausbilder Fliesen im Bildungszentrum Bau, wird konkreter: "Als Fliesenlegermeister verdient man 4.000 Euro brutto, auch der normale Fliesenleger hat 3.500 Euro brutto im Monat. Wenn jemand einen guten Mann hat, bekommt der gleich das volle Gesellengehalt. Wir haben viele Umschüler aus dem kaufmännischen Bereich, Bankschüler vermehrt. Aber es ist nicht nur der Verdienst: Viele merken auch, dass ihnen Büroarbeit nicht gefällt, die wollen am Ende des Tages sehen, was sie gemacht haben mit ihren eigenen Händen. Und wer will, macht später seinen Bautechniker - für Weiterentwicklung gibt es genug Möglichkeiten."

Um fürs Handwerk zu werben, werden Azubis inzwischen von der Kreishandwerkerschaft Fulda als Ausbildungsbotschafter auf Messen und in Schulen eingesetzt: "Die jungen Leute bekommen eine Schulung, damit sie überzeugend auftreten können und sind so als Multiplikatoren fürs Handwerk unterwegs. Wir müssen junge Menschen frühzeitig begeistern, das Berufsorientierungsprogramm in der siebten und achten Klasse ist eine gute Möglichkeit - aber auch der Landeswettbewerb hier, wo Schüler eingeladen sind, die Vielfalt und die kreativen Möglichkeiten im Handwerk zu entdecken", erklärt Gabriele Leipold, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Fulda. (mau) +++