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Agroforst als Wegweiser für die Zukunft der Landwirtschaft in der Rhön?
26.09.23 - Der Klimawandel ist längst auch im UNESCO-Biosphärenreservat Rhön spürbar. Lange Trockenperioden sind keine Seltenheit mehr, und wenn es regnet, dann oft mehr als die Böden aufnehmen können. Landwirtinnen und Landwirte stellt das vor neue Herausforderungen. Kann Agroforstwirtschaft hier ein Wegweiser für die Zukunft sein? Das war Thema einer zweitägigen Exkursion zu Betrieben in ganz Deutschland, bei der sich 30 Landwirtinnen und Landwirte und weitere Akteure aus der Rhön über mögliche Lösungen informiert haben.
Eingeladen hatten das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Bad Neustadt a. d. Saale, die Bayerische Verwaltungsstelle des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön, das BROMMI-Projekt des WWF und die Öko-Modellregion Rhön-Grabfeld. Stationen der Exkursion waren Betriebe in Hessen, Niedersachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt, die bereits Agroforstwirtschaft betreiben. In der Rhön gibt es bisher hierzu kaum praktische Erfahrungen.
Doch was genau versteht man unter Agroforstwirtschaft? Bei dieser speziellen Bewirtschaftungsform werden Ackerkulturen oder Grünland zusammen mit Gehölzen, also Bäumen und Sträuchern, auf einer Fläche angebaut und gleichzeitig genutzt. Die zusätzlichen Gehölzstreifen halten starken Wind ab und sorgen für mehr Beschattung. Somit kann mehr Wasser auf Feldern und Wiesen gehalten werden, und bei Starkregenereignissen bieten sie Stabilität im Boden. Ein weiterer Vorteil: Durch die Strukturierung der Landschaft wird gleichzeitig die Biodiversität erhöht und Lebensraum für Insekten geschaffen.
Schutz bei Starkregen und Versteck vor Beutegreifern
Bereits auf der Busfahrt erklärte Agroforst- und Keyline-Experte Philipp Gerhardt vom Planungsbüro "Baumfeldwirtschaft" die Effekte von Baumreihen in der Agrarlandschaft. Wenn Agroforstsysteme im sogenannten "Keyline" angelegt werden, kann derOberflächenabfluss stark reduziert und die Versickerung in Feldern und Wiesen erhöht werden. Keyline meint: Gezielt angelegte und mit Baumreihen stabilisierte kleine Gräben lenken das Regenwasser in trockenere Bereiche und halten es so länger in der Fläche – ein wichtiger Faktor bei zunehmenden Starkregenereignissen. Wie das aussehen kann, wurde während der Exkursion zum Beispiel auf dem Rittergut Lucklum nordöstlich von Braunschweig anschaulich erklärt.
Auf dem Bioland-Hof Werragut bei Eschwege stellte Janos Wack vom Planungsbüro "Triebwerk" Baumreihen mit integrierter Tröpfchenbewässerung für die ersten Jahre nach der Pflanzung vor. Die Anlage ist ein Gemeinschaftswerk und Demonstrationsbetrieb von vielen Helfern und Unterstützern des Bioland-Hofs. In einem großen Legehennen-Betrieb bei Bad Sooden-Allendorf wurde dann ein weiterer Vorteil von Agroforst deutlich: Hier sind die Hühner durch zahlreiche Pappeln besser vor Greifvögeln geschützt.
Im Betrieb "Wilmarsgärten" südlich von Berlin wurde sichtbar, wie positiv sich der Windschutz der Baumreihen in Verbindung mit regenerativen Methoden der Landbewirtschaftung auswirken können: auf den hier sehr armen Sandböden wurde in diesem Sommer trotz Sturm und heftiger Niederschläge eine gute Getreideernte erzielt, wohingegen die Nachbarn leer ausgingen. Die Gemüseanbaufläche zeigte sich als kleines Paradies mit essbaren Blüten und zahlreichen Schmetterlingen.
Trotz Klimaveränderungen erfolgreich wirtschaften
Die Exkursion bot hilfreiche Eindrücke und Informationen, auf denen sich aufbauen lässt. Die Rhöner Landwirtinnen und Landwirte zeigten sich von den Vorteilen der Agroforstwirtschaft überzeugt. Auch Lisa Knur von der Bayerischen Verwaltungsstelle des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön und Oliver Kröner, Leiter des AELF Bad Neustadt a.d. Saale ziehen ein positives Fazit: "Agroforst kann eine Lösung für landwirtschaftliche Betriebe sein, um auch in der Klimakrise weiter erfolgreich zu wirtschaften und gleichzeitig viele positive Effekte für die Gesellschaft zu generieren." Sie hoffen darauf, dass sich bald auch in der Rhön die ersten Landwirtinnen und Landwirte an das Thema Agroforst heranwagen.Eine große Herausforderung für die Betriebe sind allerdings finanzielle und personelle Ressourcen, die unter anderem die Anlage von Gehölzstreifen erfordert. Julian Megner, Mitarbeiter im AELF Bad Neustadt a. d. Saale, und Joachim Omert vom Amt für ländliche Entwicklung Unterfranken informierten daher im Rahmen der Exkursion auch über aktuelle Fördermöglichkeiten und -programme. (pm)+++