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Die Gedenkveranstaltung fand am Mittwochmittag im Wald nahe Friedlos statt. - Fotos: Gerhard Manns

LUDWIGSAU Luftschlacht vor 79 Jahren

Jährliches Gedenken im Seulingswald an die gefallenen Soldaten

28.09.23 - Es jährt sich zum 79. Mal, das Gedenken an eine der dramatischsten und verlustreichsten Luftschlachten des Zweiten Weltkrieges, zwischen deutschen Jagdflugzeugen, amerikanischen Bombern und Jagdflugzeugen am 27. September 1944 im Luftraum über Bad Hersfeld und Eisenach.

Dazu findet jährlich diese Gedenkfeier für die in dieser dramatischen Luftschlacht gefallenen amerikanischen und deutschen Flugzeugbesatzungen am Ehrenmal im Seulingswald statt. Genau an diesem denkwürdigen Ort, in unmittelbarer Nähe der Zufahrtsstraße zur Abfallentsorgungsanlage des Kreises Hersfeld-Rotenburg, zerschellte die Führungsmaschine der amerikanischen Bomberflotte, die von einem deutschen Jagdflugzeug abgeschossen wurde. Dort sind auch die drei Gedenksteine aufgestellt, auf denen die Namen der amerikanischen und deutschen Flieger aufgeführt sind, die bei der Luftschlacht mit ihren Flugzeugen abgeschossen wurden und in den Tod stürzten.

Auszüge aus der Gedenkrede von Ludwigsaus Bürgermeister Wilfried Hagemann

In der heutigen Zeit ist es nicht selbstverständlich, dass man sich der Vergangenheit erinnert. Umso erfreulicher ist es, dass ich heute hier an der deutschamerikanischen Fliegergedenkstätte im Seulingswald viele Bürgerinnen/Bürger, an diesem Ort der Erinnerung und des Gedenkens, zugleich aber auch der Ermahnung und der Versöhnung, begrüßen kann.

Mahnende Worte des Bürgermeisters

Es jährt sich zum 79. Male das Gedenken an eine der dramatischsten Luftschlachten des Zweiten Weltkriegs, die am 27. September 1944 im Raum zwischen Bad Hersfeld und Eisenach stattfand. Gerade in unserer heutigen gesellschaftlichen und weltpolitischen Konstellation ist unerlässlich, mahnend den Finger zu heben und sich der Geschehnisse seinerzeit zu erinnern. Das desaströse Ausmaß kann nicht oft genug wiederholt und vor Augen geführt werden. Daher nochmals, wie in jedem Jahr, die traurigen Zahlen einer Zeitgeschichte, aus welcher die heute politisch Verantwortlichen, aber auch unsere Zivilgesellschaft offensichtlich keine Lehren gezogen haben.

Debakel für die amerikanische Luftwaffe

Auf amerikanischer Seite offenbarte sich ein Debakel. Von den 35 Flugzeugen gingen 31 verloren. Der ganze Bomberpulk wäre zum Opfer gefallen, wären nicht in letzter Minute herbei gefunkte US-Begleitjäger zur Hilfe gekommen. 118 Amerikaner starben, darunter waren 11 Piloten, die nach ihrer Fallschirmlandung ermordet wurden. 121 überlebten in deutscher Kriegsgefangenschaft. Es waren die höchsten Verluste, die eine US-Bombergruppe bei einem Einsatz je erlitt.

Starke Verluste auch für deutsche Luftwaffe

Auf deutscher Seite gingen 29 Jagdflugzeuge verloren. 18 Piloten fanden den Tod. Sieben weitere unbekannte Tote forderte der Absturz einer deutschen Maschine auf ein Lazarett. Ich möchte bewusst nicht auf Einzelheiten des weiteren Geschehens eingehen, da dieses hinreichend bekannt aus vergangenen Gedenkfeiern sein dürfte und auch unsere Homepage Detailwissen hierzu liefert.

Die Herzen der Menschen waren verstört von Leid und Hass, von Angst und Verzweiflung, von Rachegefühlen und Hoffnungslosigkeit. Jeder wusste instinktiv, dass die Welt nie mehr so werden würde, wie sie vorher gewesen war. Und doch ist es bemerkenswert, welchen Einfluss diese Historie auf Generationen vor uns genommen hat. Schockiert, traumatisiert haben unsere Vorfahren mit breiter Brust diese Herausforderung angenommen, unterstützt von dem politischen Charisma der allseits bekannten Nachkriegskanzler unserer Republik.

Trompeter Jürgen Sprenger

Am 01. August 1990 wurde diese, mit Mitteln des damaligen Bundeskanzlers Dr. Helmut Kohl, der Hessischen Landesregierung und während der Amtszeit des Ministerpräsidenten Hans Eichel, des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge, Spenden von privater Seiter aus der Bundesrepublik Deutschland sowie aus den USA, mit Unterstützung der Gemeinde Ludwigsau und der Hessischen Forstverwaltung, in der Nähe der Absturzstelle der Führungsmaschine errichtete Gedenkstätte, eingeweiht.

An dieser Stelle sei der Verweis auf den Verfassungskonvent von Herrenchiemsee erlaubt, welcher innerhalb von zwei Wochen die maßgebliche Grundlagenarbeit für eine Verfassung für Deutschland leistete. 75 Jahre später gilt es sich zu wehren. Unsere Demokratie muss wehrhaft sein. Es gilt, Einhalt zu gebieten. Die Bürgerinnen und Bürger haben es selbst in der Hand. Es gilt nicht die politischen Kräfte zu unterstützen, welche zur Verrohung unserer Gesellschaft beitragen.

Von links: Bürgermeister Wilfried Hagemann, Pfarrer Dr. Koktysc, Kreisbeigeordneter ...

Schauen wir auf die Bühne der Weltpolitik, vom Feindstaat zum verlässlichen Partner. Die Bundesrepublik ist nach 50 Jahren in der UN beliebt. Die geopolitische Lage ist aber eine andere. Zwar gab es zu Zeiten des Kalten Krieges auch zahlreiche Konflikte. Aber fundamentale Werte wie der unbedingte Wille zum Frieden waren unantastbar. Das ist heute nicht mehr gegeben. Wir stehen an einer Wegscheide. Den aktuellen Aggressoren wird hoffentlich auch wieder die Erkenntnis aufkommen, dass es einer internationalen regelbasierenden Ordnung bedarf. Wir sollten die Tür offen, und an den Prinzipien der UN festhalten. Frieden ohne Freiheit heißt Unterdrückung. Freiheit hat ihren Preis. Aber der Preis für keine Freiheit ist viel höher. Die Fliegergedenkstätte hier im Seulingswald ist ein Ort der Erinnerung, des erhobenen Fingers unseres gesellschaftlichen staatlichen Miteinanders, das es in einem vereinten Europa, in einem gemeinschaftlichen Weltgebilde nie wieder geben sollte.

Wir alle sind gefordert, Politik und Gesellschaft, unser Zusammenleben zu ordnen. Alle Gruppierungen haben eine große Aufgabe bekommen, eine Jahrhundertaufgabe, um solche kriegerischen, vernichtende und menschenverachtende, wiederkehrende geschichtliche Ereignisse zu verhindern. Hierfür gilt es auch die nachfolgenden Generationen in das Boot des all umspannenden friedlichen Miteinanders zu holen.

Erinnerung an den Initiator der Gedenkstätte

Wir gedenken Walter Hassenpflug der am 26. Februar 2017 von uns gegangen ist. Walter Hassenpflug, der Initiator dieser Fliegergedenkstätte, hat diese aufgebaut, initiiert, und gepflegt. Seine persönlichen Schicksalsschläge haben diesen Ort zu seinem Lebenswerk gemacht und wir neigen uns voller Dankbarkeit davor.

Kreisbeigeordneter Thomas Baumann: Der ehemalige Ludwigsauer Bürgermeister und Vorgänger von Wilfried Hagemann war als Mitglied des Kreisausschusses in Vertretung von Landrat Torsten Warnecke gekommen und auch er erinnerte an Walter Hassenpflug, der sich unermüdlich für die Erschaffung dieser einmaligen Gedenkstätte einsetzte, verbunden mit seinem großartigen Engagement, an diesem Ort Menschen zusammenzuführen, die einstmals gegeneinander gekämpft haben. Baumann berichtete von Begegnungen mit ehemaligen amerikanischen Piloten des Zweiten Weltkrieges, die große Ängste hatten, hierher nach Deutschland zu kommen, die aber nach einigen Tagen Verweildauer als Freunde wieder in ihre Heimat zurückgeflogen sind.

Baumann: Krieg ist keine Lösung!

Weiter stellte Baumann fest, Krieg führte noch nie zu einem Frieden und das gilt ganz aktuell auch für den Krieg in der Ukraine, weil die Ziele Russlands spätestens seit der Besetzung der Krim erkennbar waren, oder zumindest hätten erkannt werden müssen. Wer angegriffen wird, muss auch die Möglichkeit haben, sich mit Waffen zu wehren! Das wird zwar nicht zur Aussöhnung führen können, aber es scheint aktuell der einzige Weg zu sein, der Aggression zu begegnen. Hier an der Fliegergedenkstätte haben viele Zeitzeugen uns vorgelebt, wie Menschen miteinander umgehen müssen und uns allen einen Auftrag für die Zukunft erteilt.

Musikalisch wurde die Feier von Jürgen Sprenger begleitet, der mit den Trompetensolos "Trumpet Voluntary"- "Ich bete an die Machte der Liebe"-"Taps" und "Der gute Kamerad"-"Von guten Mächten wunderbar geborgen" und "Amazing Grace". Das Fürbittengebet sprach Pfarrer Dr. Michael Koktysz, es folgte das gemeinsam gesprochenen "Vaterunser" und der Geistliche bat um Gottes Segen. (Gerhard Manns) +++


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