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Impulse von Stefan Buß: "Nimm dich nicht so wichtig!"
11.10.23 - Heute ist der Gedenktag des Hl. Papst Johannes XXIII (1881 – 1963), der das zweite Vatikanische Konzil 1962 ausrief. Zeitzeugen von ihm erzählen folgende Geschichte: Eines Tages wendet sich ein junger Bischof kurz nach seiner Bischofsweihe an den Papst und sucht dessen Rat.
"Heiliger Vater", sagt er, "ich schrecke vor der hohen Würde und der damit verbundenen Bürde des Bischofsamts zurück. Ja, vor lauter Schrecken finde ich gar keinen Schlaf mehr und denke, dass ich dieser Aufgabe und Berufung nicht gewachsen bin." Papst Johannes XXIII. lächelt daraufhin und sagt zu ihm: "Mein Sohn, als ich zum Papst gewählt wurde, bin ich erschrocken vor der Würde dieses Amtes, und ich konnte eine Zeitlang überhaupt nicht mehr schlafen.
Einmal bin ich dann doch kurz eingenickt und da erschien mir plötzlich ein Engel im Traum, und ich erzählte ihm meine Not. Daraufhin sagte der Engel: ‚Giovanni, nimm dich nicht so wichtig.‘ Seitdem kann ich wunderbar schlafen." "Nimm dich nicht so wichtig!" – Welch´ wunderbarer Hinweis eines heiligen Papstes in einer Zeit, in der wichtig sein so wichtig zu sein scheint. Aber wer sagt denn eigentlich, dass es wirklich wichtig ist, wichtig zu sein für das eigene Leben, die eigene Person, die eigene Existenz, etwas zu gelten, bekannt zu sein, aufzufallen, manchmal um jeden Preis, von allen immer und überall anerkannt, geliebt, geehrt, gelobt und gepriesen zu werden? Welche Rolle spielt der Rang in der Gesellschaft für das eigene Ego? Wieso ist es wichtig, welchen Wert ich für andere habe, welche Bedeutung mir zugesprochen wird? Wer sich abhängig macht von der Anerkennung durch andere, steht in der Gefahr, immer unfrei zu bleiben. Natürlich ist es eine schöne Erfahrung, gelobt zu werden.
Natürlich tut es gut, erfolgreich zu sein in Beruf und Familie, in den kleinen und den großen Dingen des Lebens. Aber meine Aufmerksamkeit sollte gleichzeitig darauf liegen, ob ich diesen Erfolg, diese Geltung, dieses Wichtigsein zum Fundament meines Lebens werden lasse und damit Erfolg, Geltung und Wichtigsein über Wohl und Wehe meines Lebens entscheidet. Geht es mir nur gut, wenn mir alle zujubeln? Geht es mir grundsätzlich schlecht, wenn ich spüre, dass sich keiner für mich interessiert? Letzten Endes geht es doch um die Frage, von welcher Motivation ich mich antreiben lasse, was ist der Motor meines Denkens, meines Redens, meines Tuns? Jesus lädt im Evangelium einmal ein durch eine kleine Erzählung, die eigene Motivation zu überprüfen. Wie wichtig ist es mir, wichtig zu sein vor anderen und vor mir selbst? Und wenn mein Leben von dieser Frage nach dem eigenen Wert auf dem derzeitigen Markt der Eitelkeiten und Zwischenmenschlichkeiten bestimmt wird, fordert Jesus mich zur Umkehr auf, weil ich damit in meinem Leben aufs falsche Pferd setze, weil ich mich mit Selbstvergewisserung abmühe und zwei entscheidende Dinge nicht verstanden habe, die für mich als Christ, als Mensch in der Nachfolge
Jesu, von elementarer Bedeutung sind. Das erste ist die Frage: Wie wichtig ist denn eigentlich Gott für mich? Welchen Stellenwert hat er in meinem Leben, nicht nur sonn- und feiertags? Das zweite ist eine wichtige Wahrheit, die ich mit großer Dankbarkeit betrachte: Gott sagt zu jedem einzelnen Menschen: "Du bist mir wichtig, du bist für mich wertvoll, du bist mein ein und alles. Diese Zusage Gottes hat Konsequenzen: Ich muss mir die Anerkennung Gottes nicht erarbeiten, ich brauche mich beim göttlichen Festmahl nicht in die erste Reihe zu setzen, wie es der Gast bei der Hochzeitsfeier im Evangelium getan hat. Ich muss mich nicht hervortun, um von Gott gesehen zu werden, um seinen Blick auf mich zu lenken. Johannes XXIII. hatte dem jungen Bischof, der voller Sorgen war, gesagt: "Nimm dich nicht so wichtig!" – Zu ergänzen wäre: Nimm vielmehr Gott wichtig in seiner ganzen Liebe und Schönheit, Herrlichkeit und Pracht und lass dich von ihm immer mehr annehmen und anerkennen. Das allein genügt. (Stefan Buß) +++