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Carola trifft: Ihr Tor ist eines mit Anlauf und erzählt eine Familiengeschichte
06.10.23 - Nicht, dass solche Momente etwas Besonderes wären für Carola Göhrig. Tore hat sie zur Genüge geschossen in ihrer Laufbahn als Fußballerin. Aber am Dienstag, dem Tag der Deutschen Einheit, da war es etwas Spezielles. Erstmals kickte sie, die eigentlich für die Frauen des VfL Eiterfeld auf Torejagd geht, für die Männer des VfL Heimboldshausen in der B-Liga Hersfeld-Rotenburg. Gerade einmal zwölf Minuten war sie im Spiel in Kalkobes - und da nahm das Erwartete seinen Lauf. OSTHESSEN|NEWS durfte es erfahren.
Und das ging so. Heimboldshausens Linksaußen Jan Biskamp gab nach innen, "seine Eingabe kam sehr gut", schildert Carola - und die 34-Jährige, die sich unter ihrem Mädchennamen Schlotzhauer einen Namen gemacht hat in Hessens und Thüringens Frauenfußball, traf. Trocken und abgeklärt. Im Stile einer Torjägerin eben. Nein, lernen kann man so etwas nicht. "Es wird so etwa vom Elfer gewesen sein", schiebt sie im Fußballer-Deutsch nach.
Es sei halt überraschend gekommen, "damit rechnet man nicht", ergänzt sie. Ausgerechnet für ihren Bruder Benjamin, der sich verletzt hatte, kam sie ins Spiel. "Der Trainer hat gesagt, ich soll vorne rein." Ja, so funktioniert Fußball auf dem Dorf. Kein Laptop. Sondern klare Ansagen. Der Trainer, das ist Florian Deisenroth. Und ihr Gespür, das ließ sie eh nicht im Stich. Jan Biskamp habe sie vorher gesagt, "heute will ich was von dir sehen". Ihre Freude über den Treffer konnte sie indes nicht verstecken. "Es war mein erster Einsatz für den VfL Heimboldshausen.
Schwester und Brüder vereint. Nun kicken sie auf der Werrainsel
Man muss wissen: Carola - nennen wir sie hier noch Schlotzhauer; heute ist sie mit Sophia Göhrig verheiratet - ist mit fünf Geschwistern im nahen Thüringen aufgewachsen, mit drei älteren Schwestern und den Brüdern Benjamin (32) und Bernhard (29), die beide auch auf der Werrainsel in Heimboldshausen kicken. Schon seit Jahren. Das Elternhaus der Fußball-Familie Schlotzhauer steht in Sünna, das der Großeltern im nahen Unterbreizbach.
Man sollte auch wissen: Dass Carola Göhrig ihre Tore hauptsächlich in Eiterfeld schießt, das freut die VfL-Frauen. Deren zweite Mannschaft, die am Ende der letzten Saison als Meister der Kreisoberliga Süd nicht aufsteigen durfte, weil sie auf Neuner-Feld spielte. Jetzt stehen sie wieder ganz vorn. Carola Göhrig hat in drei Spielen schon wieder sechs Tore geschossen. Dort liegt ihre Priorität. Ganz klar.
Einst in Schwarzbach und Kathus. Der Kreis schließt sich
Um ihren fußballerischen Werdegang noch kurz aufzudröseln, legen wir nach: In Langenfeld bei Bad Salzungen machte Carola ihre ersten Schritte. 2012 wechselte sie zum FSV Schwarzbach in die Hessenliga - und traf dort auf Sophia Göhrig. Später spielten beide beim SV Kathus in der Verbandsliga-Spitze. Unter Trainer Willi George, dessen Tochter Christina heute auch in Eiterfeld kickt. Der Kreis schließt sich. Irgendwie klappt das im Fußball immer wieder.Dass Frauen mit Beginn dieser Saison übers Zweitspielrecht bei den Männern mitmischen dürfen, begrüßt Carola. "Ich finde es gut. Früher habe ich mit meinen Brüdern immer schon auf dem Ascheplatz zusammengespielt." Dies war wohl so nachhaltig, dass sie anfügt: "Wir haben immer mal wieder geflachst, dass wir wieder in einem Team spielen sollten."
Auftreten im Männer-Team nichts Besonderes. Akzeptanz ist gegeben
Vielleicht auch deshalb war das Auftreten im Männer-Team für sie nichts Besonderes. "Man muss schon auch dagegenhalten. Und ich habe zum Beispiel einen 1,90-Mann gelegt. Man versucht schon, den Ball schneller abzuspielen - und durch Technik macht man den körperlichen Nachteil ein bisschen wett."
In der neuen Umgebung akzeptiert zu werden, das war kein Thema aus ihrer Sicht. "Im Verein aufgenommen zu werden, das war komplikations- und reibungslos. Als wäre es schon immer so gewesen. Auch beim Abklatschen gab's keine dummen Sprüche oder Kommentare." Kein Wunder, dass Carola Göhrig im neu eingeführten Zweitspielrecht eine Chance sieht. "Ich denke, dass Barrieren oder Hürden abgebaut werden. Man sieht und gewinnt die Erkenntnis, dass auch Mädchen oder Frauen kicken können." Sie erkennt gute Möglichkeiten, das Projekt zu unterstützen. Und dass es ein positives Feedback gibt.
Erst einmal aber widmet sie sich den Frauen des VfL Eiterfeld. Der zweiten Mannschaft, denen am Samstag ein Spitzenspiel bevorsteht. Die Reise führt zum SV Marjoß. Spielbeginn: 15 Uhr. Ganz egal, ob in Eiterfeld oder Heimboldshausen: Carola Göhrig scheint mittendrin. (wk)
Lesen Sie am Samstag im zweiten Teil bei OSTHESSEN|NEWS: Das sagen Carolas Brüder Benjamin und Bernhard zum Engagement ihrer Schwester. +++