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Stefan Kontowski und sein Sohn Felix - Fotos: privat

REGION Fußball-Tourist Stefan Kontowski (1)

Auswärts zu Hause: Am Tag der Deutschen Einheit geschichtsträchtig unterwegs

11.10.23 - Stefan Kontowski ist da. Einfach da. Kontowski ist längst da, als der O|N-Reporter eintrifft. Erster Halt an diesem mit Fußball besetzten Feiertag: die neu hergerichtete und soeben eingeweihte Werrakampfbahn in Heringen. Das Spiel zwischen Werratals Zweiter und Jossatals Reserve beginnt um 13 Uhr. Anschließend - oder besser gesagt ein paar Minuten vor Ende der Partie - geht's rüber nach Kleinensee; hier trifft ab 15 Uhr Kleinensee/Widdershausen II auf Wildeck II. OSTHESSEN|NEWS möchte Kontowski bei dessen Arbeit über die Schulter schauen - am Tag, als Fußball und Geschichte eine Verabredung getroffen haben.

Kontowski begreift sich als Fußball-Tourist. Das Etikett "Groundhopper" mag er nicht so; er findet, es sei für ihn nicht so zutreffend. Nicht nur in ganz Deutschland ist er unterwegs seit etwa fast einem Vierteljahrhundert - auch den gesamten europäischen Kontinent grast er ab. Er sammelt Eindrücke, packt sein Fußball-Herz aus und macht eifrig Fotos. Und veröffentlicht die auf den einschlägigen Seiten in Internet. Instagram, Facebook und auf der von ihm ins Leben gerufenen Homepage mit dem symbolischen und Sinn-stiftenden Namen auswaertszuhause.de

"Als Erstes mache ich ein bisschen Drumherum", sagt Kontowski knapp und bemüht sein Selbstverständnis. "Die neuen Stufen hier in Heringen. Die Tribünen. Die Infrastruktur halt." Er zählt auf, was ihm wichtig ist. Die Vereinswappen. Das der gastgebenden SG Werratal. Des TSV Herfa. Des VfB Heringen. "All das versuche ich, am Anfang einzufangen. Das kommt ganz gut an." Wenn jemand sein Herz anzapft, dann ist es Kontowski.

"Wenn es sich anbietet, versuche ich, ein bisschen Kultur mitzunehmen"

Auch das Trikot der Heim-Mannnschaft gerät schnell in sein Blickfeld. Mit Rückennummer natürlich. Wenn's geht, nimmt er die Nummer zwölf. Übrigens: das Panorama hier in Heringen hat es ihm angetan. "Natürlich ist es mega, mit dem Kaliberg im Hintergrund - solche Kulissen mit einzufangen." Das Spiel läuft. Es ist nach 13 Uhr. Und Kontowski verrät, was er schon hinter sich hat. "Am Vormittag bin ich um halb elf in Hersfeld losgefahren." Sein Ziel: die Gedenkstätte zwischen Kleinensee und Großensee. "Heute passt es richtig gut", erklärt er, "wenn es sich anbietet, versuche ich, ein bisschen Kultur mitzunehmen". 

Fußball ist also doch mehr als ein eins zu null. Auch für Groundhopper - oder, wie es Kontowski auslegt, für Fußball-Touristen. "Später fahre ich noch zum Kali-Bergbaumuseum." Einen kurzen Spielbericht verfasst er, dann ist die Anlage im Visier. Das Geschehene hinten dranzuhängen, "das ist immer schön. Das wird gut angenommen", sagt er. Fast beiläufig. Die Anzahl der Aufrufe auf seinen Plattformen, die ist ihm nicht so wichtig. Das ist die Zielgruppe. Und sie frequentiert seine Aktivitäten gut.

"Das Navi zeigt einskommafünf Kilometer bis zum Stadion, da kommt eine Umleitung ..."

Die Hauptstraße in Heringen ist in diesen Tagen gesperrt, für Nichts-Ortskundige ist die Werrakampfbahn gar nicht mal so leicht zu finden. Für Kontowski war es dieses Mal kein Problem - einschlägige Erfahrungen hat er dennoch zur Genüge hinter sich. "Das kommt häufiger vor, als es mir lieb ist. Da zeigt das Navi noch einskommafünf Kilometer bis zum Stadion - und dann kommt eine Umleitung." Kontowski weiß, was in ihm vor sich geht. "Da kriege ich dann eine innere Unruhe. Wenn ich mit meinem Sohn Felix unterwegs bin, sagt der dann immer: Ruhig, Vater. Ruhig."

In Thüringen sei es bisweilen nicht so leicht - und in Belgien komme es schon mal zu Orientierungsschwierigkeiten. Trotz Navi. "Ganz heftig ist in Luxemburg-Stadt. Da gibt es einen großen Kreisel mit sieben Ausfahrten. Und da sind noch Ampeln mit drin. Und dann blabbert das Navi noch." Andererseits: "In Mailand kann ich dir genau die Autobahnausfahrt zum San Siro-Stadion sagen", schmunzelt er. Auf dem Weg zur Via Certosa ist das. Stefan war schon fünfmal da. Doch darauf gehen wir, geht Osthessen|News später ein.

Zurück zum Spiel in Heringen. 0:0 steht's noch. "Das Ergebnis ist mir egal", sagt der Fußball-Tourist, "aber ein null zu null ... Sollte das hier null zu null ausgehen, dann wäre die Serie gerissen. Es ist schon 60 Spiele her, seitdem es das letzte 0:0 gab. Im April in Belgien war das". Na ja, wenigstens hat der Platz in der Werrakampfbahn so viel Grün, wie lange nicht. In der Groundhopper-Szene, zu der sich auch der Fußball-Tourist Kontowski zählt, kommen die Bedingungen in Heringen an - jedenfalls auf dem Rasenplatz.

Eindrücke sind bei Kunstrasenplätzen schwer zu greifen. Auswärts ja. Zu Hause nein

Nebenan liegt der neu geschaffene Kunstrasen, ohne den es im heutigen Fußball offenbar nicht mehr geht. Und da sind Eindrücke schwer zu greifen, sind Lebensgefühl und Berichterstattung auch für Groundhopper oder Typen aus der Szene nicht so einfach. Die Bedingungen wirken seelenlos. Auswärts ja. Zu Hause eher nicht.

"In Thüringen macht mein Herz eigentlich immer Freudensprünge"

Ganz im Gegensatz zu den Örtlichkeiten im nahen Thüringen. Hier war Kontowski am Wochenende zuvor unterwegs. Am Samstag in Gotha und Wölferbütt. "Gotha war um drei, Wölferbütt um sechs. Das war ziemlich spaßig. Ich bin gerade noch rechtzeitig angekommen, die Mannschaften liefen schon ein", berichtet Stefan. "In Thüringen macht mein Herz eigentlich immer Freudensprünge. Da geht es los." 

Hier macht er Fotos von alten Barracken, ob Würtschenbuden oder für sonstige Zwecke genutzt. Von verrosteten Barrieren. Oder in die Tage gekommenen Betonpfeilern. Von markanten Utensilien am Sportgelände, die an traditionellen Fußball und Lebensgefühl pur erinnern. Hier lebt der Fußball. "Da geht einem das Herz auf. Hat es noch den alten DDR-Style. Nostalgie", bemerkt Kontowski.

"Die Sitzbänke in Steinbach. Weltklasse. Einfach weltklasse"

Er springt jetzt etwas, bleibt aber im Sprach- und Gedankenbild. "Oder die Sitzbänke auf der Anhöhe in Steinbach. Weltklasse, einfach Weltklasse." Seine Gefühlswelt bleibt für Momente stehen, so hat man den Eindruck. Auch als er tags zuvor in Eiterfeld-Leimbach unterwegs war. "Einfach so sechs Sitzschalen reingebaut. Das ist mega."

Stefan Kontowski sieht viele Fußballspiele. Sehr viele. "Heute ist mein 94. und 95. Spiel im Kalender-Jahr 2023." Die Partie in Heringen ist insgesamt sein 680. Ground-Punkt, anschließend in Kleinensee folgt der 681. "Szenen-intern ist das nichts", sagt er lapidar, "ich will mit meinen Zahlen nicht prahlen. Ich bin eher ein kleines Licht". Fußball-Tourist zu sein, das gefällt ihm besser. Extrem-Groundhopper, die ihr ganzes Leben damit verbringen, Fußballspiele in ihrer Welt in sich aufzusaugen, erreichen 3.00 oder 4.000. "Ich hatte auch eine App", erklärt Stefan, "da hatte einer 7.000".

Eine letzte Erinnerung an Heringen. Der Name "Werrakampfbahn", der gefällt ihm. Er sei ursprünglich. Wie die Aue-Kampfbahn in Sorga. Oder die Felsen-Kampfbahn in Mühlbach, "das ist da schon gut gemacht". Wenn man das Gefühl hat, dass Felsbrocken über oder gar ins Spielfeld hineinragen. 

Bestes Fußball-Wetter in Kleinensee. Erinnerung an die Zinkwannen

Die Reise führt den Fußball-Touristen weiter nach Kleinensee. Auch hier ist die Welt noch in Ordnung. Das Spiel beginnt bei trockenem Wetter. Doch dann beginnt es zu regnen. Heftig zu regnen. Aber auch hier herrscht das Gefühl einer Nostalgie. Sofort kommt im Berichterstatter das Gefühl hoch, sich früher an dieser Stelle noch in überschaubaren Zinkwannen gewaschen zu haben. Und Gegenspieler von einst stehen nur wenige Meter von diesen Gedanken entfernt. Linksaußen Walter Schunk etwa. Oder Torwart Friedhelm George. Schiri Gotthold Krell ist mittendrin.

Was bleibt dem O|N-Reporter von diesem Tag? Fast 150 Kilometer, die sich aber gelohnt haben. Ein Haufen Eindrücke. Den Fußball gerochen zu haben. An das ursprüngliche Lebensgefühl dieses Sports erinnert worden zu sein. Überhaupt daran, wo man herkommt. Soziale Kontakte geknüpft oder erneuert zu haben. Irgendwie wärmten die das Herz. Immerhin waren zwei Fußball-Verrückte unterwegs. Auch wenn man Wünsche, Ziele und Intentionen nicht vergleichen konnte. (wk)

Aber irgendwie bleibt dieser Tag in Erinnerung. Und das nicht wegen des Feiertags. Es gab Fußball in der ländlichen Region. Menschen waren auch dabei. Das Herz stand irgendwie im Mittelpunkt.

Und das Beste: Lesen Sie auch die Fortsetzungsgeschichte. Warum er seine Leidenschaft so betreibt, wie er sie betreibt. Über die Eindrücke, die Stefan Kontowski europaweit sammelte. In Rom, Mailand, in Belgien, in den nordischen Ländern. Oder anderswo. +++

 

 

 

 

 

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 




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