Archiv
Eine "unheimlich" gute Unterhaltung mit kühler Leidenschaft
11.10.23 - Nina Petri gilt als eine der profiliertesten deutschen Schauspielerinnen und als künstlerisches Multitalent. Sie als Gestalterin einer Lesung erleben zu können, ist gleichzeitig ein Ausnahmemoment. Dies war den Zuhörern am Dienstagabend im Hünfelder Rathaussaal vergönnt: Gemeinsam mit Jens-Carsten Stoll am Piano gestaltete die 60-Jährige, die schon des Öfteren in der Konrad-Zuse-Stadt zu Gast war, eine Veranstaltung rund um das Thema "UNHEIMLICH".
Das Duo hatte bei Erarbeitung des neuen Programms nach Perlen in Prosa und Lyrik der Weltliteratur gesucht, um das durchaus lustvolle Rendezvous mit der Angst sowohl mit Lesestücken als auch musikalisch zu ergründen.
Die Gäste durften sich zum Auftakt der diesjährigen Hünfelder Kulturabend-Reihe an schaurig-schönen Texten ergötzen (oder auch daran erschaudern!), unter anderem von Erich Kästner, Heinrich Heine, Christian Morgenstern, Franz Kafka und Bram Stoker (der mit Dracula!). Schwarzer Humor, sarkastischer Gleichmut und morbide Eleganz, dargeboten mit Klang und Gesang, unterhielten im besten Wortsinne "unheimlich" gut. Eben so, wie es im Vorfeld versprochen worden war.
Mit diesem eher "dunklen" Kapitel bildete die Hamburgerin einen schönen Kontrast zu ihrer Lesung "Was ist Glück?", mit der sie schon längere Zeit durch Deutschland unterwegs ist. Auch bei dieser Frage, die ein Grundelement menschlicher Existenz beleuchtet, hatte Nina Petri zuvor philosophische, psychologische und wissenschaftliche Schriften durchforstet, sich in der Literatur kundig gemacht und war unter anderem auf den anfangs erwähnten Franz Kafka gestoßen. Eine treffliche Wahl im Übrigen, denn der Autor hat in seinem (zu kurzen) Leben beide Seiten zur Genüge kennengelernt: Die helle, aber auch die sehr dunkle. (bl) +++