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Die "Ära Jürgen Diener" geht am 31. Oktober zu Ende
31.10.23 - Zehn Jahre lang steht Jürgen Diener an der Spitze der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung (MIT) im Kreis Fulda. Nun neigt sich diese erfolgreiche Ära dem Ende entgegen, denn bei der Mitgliederversammlung am kommenden Dienstagabend, 31, Oktober, im Kolpinghaus Fulda will der 65-jährige Unternehmer aus Ebersburg (Rhön) seinen Posten abgeben.
Einem Vorstandsvorschlag zufolge soll ihn Florian Wehner beerben und den zweitgrößten MIT-Verband in der Bundesrepublik führen. Bei einem Gespräch mit der OSTHESSEN|NEWS-Redaktion zog Jürgen Diener, auch stellvertretender MIT-Landesvorsitzender, eine Bilanz seiner Tätigkeit. In dem Amt war er 2013 übrigens Winfried Rippert nachgefolgt.
"Mit 65 Jahren kann und sollte man schon einmal daran denken, die Führung in jüngere Hände abzugeben und einen Generationswechsel einzuleiten", so Diener. Verlassen konnte er sich stets auf ein starkes Team, und auch um die Zukunft sei ihm nicht bange, weil der "Junge Mittelstand" gut aufgestellt und sehr aktiv sei. Jetzt müssten Jüngere ran, um sich zu positionieren und zu bewähren.
Ziel: 600 Mitglieder in 2023
Stolz ist der Noch-Vorsitzende darauf, dass der Fuldaer Kreisverband - wie erwähnt - der zweitstärkste in Deutschland sei: "Als ich angefangen habe, hatten wir 460 Mitglieder, und da war unser Ziel, die 500 zu erreichen. Inzwischen stehen wir bei 592 und hoffen, in 2023 noch auf 600 zu kommen". Zum Vergleich: Der an Mitgliedern stärkste Kreisverband ist der im niedersächsischen Vechta mit rund 800 Mitgliedern.Warum das Zusammenspiel in der Region rund um Fulda so gut funktioniert, führt Jürgen Diener auf das seit Jahrzehnten bewährte Netzwerk zurück, das sich gerade auch über die Unternehmerschaft speise. Die MIT-Mitglieder selbst gehörten nicht nur der CDU an, sondern kämen aus den unterschiedlichsten Branchen, so dass der Verband breit aufgestellt sei und damit die verschiedensten Interessen vertreten könne. Denn Unternehmer seien von Natur aus "Macher", und für ihn selbst gelte im Übrigen das Motto: "Kein Tag vergeht ohne Mittelstand".
Denkt der noch amtierende MIT-Vorsitzende an die zurückliegende Amtszeit zurück, dann gibt es besonders zwei Dinge, die ihm negativ in Erinnerung sind: "2015/2016, während der ersten Flüchtlingskrise, hatten wir das Projekt ,Schulpatenschaften' ins Leben gerufen. Was auch relativ erfolgreich gewesen ist, ein breites Angebot darstellte, mit Vorteilen sowie für junge Menschen als auch für unsere Schulen. Leider war man auf landespolitischer Ebene davon nicht angetan, so dass das Projekt beendet wurde. Das ist absolut schade gewesen, denn es hat einen Mehrwert für alle Beteiligten bedeutet". Zum anderen bedauert es der 65-Jährige, dass es versäumt worden sei, die verkaufsoffenen Sonntage "pauschaliert zu definieren". Hätte man konkret die Termine für vier Sonntage im Jahr festgelegt, wäre die Sache anders gelaufen. "Aber so ist es schade, dass wir das nicht hinbekommen haben".
Ansonsten sei es stets erklärtes Ziel, die Interessen der regionalen Unternehmerschaft bei den politischen Entscheidungsträgern zu vertreten. Dazu gehöre auch, Kontaktpflege zu Entscheidern zu betreiben, wie beispielsweise zu CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, einst auch MIT-Bundesvorsitzender. "Und wir erheben unsere Stimme bei Gesetzgebungsthemen, so unter anderem beim Vorschlag, Überstunden steuerfrei zu stellen".
"Vieles ist unausgegoren"
An der aktuellen bundespolitischen Lage bemängelt Diener besonders, dass die Berliner "Ampel" die Interessen des Mittelstandes viel zu wenig berücksichtige. Dies komme in vielen unausgegorenen Gesetzgebungen und Verordnungen zum Ausdruck. Beispielhaft nennt er die "Lieferketten-Sorgfaltspflicht", die - wie so vieles - nicht zu Ende gedacht sei und voller bürokratischer Hemmnisse stecke. Gleiches gelte für die so genannte "Nachhaltigkeits-Gesetzgebung" auf europäischer Ebene, wo ab 2025 alles transparent und offen gelegt werden müsse. Auch bei anderen Bereichen spricht der MIT-Vorsitzende von "amateurhaftem Verhalten" der verantwortlichen Politiker, die mit unrealistischen Vorstellungen und Forderungen agierten. Die Folge sei unter anderem auch, dass immer mehr Großunternehmen abwanderten und nicht mehr in Deutschland investierten.
Gut aufgestellte Region Fulda
Stadt und Kreis Fulda seien gut aufgestellt, was eben auch an der mittelständischen Struktur liege. "Wir sind eben nicht abhängig von Großunternehmen, vieles ist noch familiär und schafft somit eine andere Bindung zwischen Geschäftsführung und Mitarbeitern. Ein bisschen leben wir hier auf einer 'Insel der Glückseligen'", so Diener, der freilich auch Herausforderungen benennt wie die aktuellen Probleme von Kommunen, für eine Unterbringung von Flüchtlingen zu sorgen, oder den Fach- und Arbeitskräftemangel.Sein Fazit: "Unsere Region bietet eine hohe Lebensqualität. Wenn ich sehe, was an kulturellen und gesellschaftlichen Angeboten allein in der Stadt Fulda auf die Beine gestellt wird - das ist schon klasse! Unsere gute Infrastruktur in vielen Bereichen wissen auch immer mehr Menschen beispielsweise aus dem Rhein-Main-Gebiet zu schätzen, die sich hier niederlassen. Das passt schon alles!" (Bertram Lenz) +++