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Am 15. November wollen die Apotheker wieder streiken - Notdienstregelung
10.11.23 - Schon zweimal in diesem Jahr haben hessische Apotheker versucht, durch Schließungen und Protestkundgebungen auf die aus ihrer Sicht aktuelle prekäre Situation hinzuweisen. Jetzt, im November, kommt es bundesweit zu weiteren Aktionen, denn die erhofften Ergebnisse der vorangegangenen Streiks seien bisher ausgeblieben.
Für den Mittwoch, 15. November, steht ein erneuter Protesttag an: Alleine aus Hessen werden voraussichtlich zehn Busse nach Dortmund fahren, weil sich die Apotheker dort ab 12 Uhr an einer zentralen Kundgebung beteiligen wollen. Man wolle für eine nachhaltige Sicherung der wohnortnahen Arzneimittelversorgung und damit für eine Stärkung der Apotheken vor Ort demonstrieren.
In einem Schreiben an die O|N-Redaktion unterstreicht Dr. Christian Gerninghaus von der "Sonnen-Apotheke" in Schlitz, dass ein gemeinsamer Hilferuf der obersten Vertretungen von Ärzten, Zahnärzten und Apothekern direkt an Kanzler Olaf Scholz bisher ohne Reaktion geblieben sei. Es herrsche "große Sorge um das zukünftige Gesundheitssystem in Deutschland. Deshalb müssen die Proteste jetzt sein". Die Bevölkerung werde um Verständnis gebeten und solle ihren Bedarf, soweit möglich, planen.
Die Apotheken in unserer Region beteiligen sich Dr. Gerninghaus zufolge beinahe komplett an der Aktion am 15. November und bleiben somit geschlossen. Notdienst-Apotheken sind für eine nicht aufschiebbare Versorgung erreichbar.
Notdienst-Infos per Aushang oder im Internet
Auch der "Hessische Apothekerverband" bittet Patientinnen und Patienten, dringend benötigte Rezepte an den Tagen davor oder wieder ab dem 16. November einzulösen, wenn die Apotheken wieder regulär geöffnet haben. Welche Apotheke am 15. November Notdienst hat, erfährt man per Aushang in den Apotheken vor Ort oder online unter www.aponet.de.
Auch in Marburg fand Mitte Juni ein Protestmarsch statt, an dem sich die Aotheker aus ...Archivfoto: Dr. Christian Gerninghaus
Zu den Hintergründen: Dr. Christian Gerninghaus zufolge "ist die Gesundheitspolitik der Bundesregierung nicht dazu geeignet, die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten". Überbordende Bürokratie, Arzneimittelmangel und nicht angemessene Vergütung seien die Probleme, die sich durch alle Bereiche des Gesundheitswesens ziehen. Die Rahmenbedingungen führten dazu, dass es in allen Bereichen erheblichen Fachkräftemangel gebe. Weder junge Ärzte noch Apotheker fänden Anreize zur Selbstständigkeit.
Probleme täglich spürbar
Der Schlitzer Apotheker: "Diese Probleme sind für die Bevölkerung täglich spürbar. Es gibt kaum Termine bei Ärzten oder Fachärzten, beim Gang in die Apotheke erhalten Patienten selten das Arzneimittel, das sie kennen, Improvisation und Flickschusterei so weit das Auge reicht. Das kann so nicht weitergehen, und deshalb gehen die Heilberufler auf die Straße".Während das bewährte System ums blanke Überleben kämpfe, schaffe die Politik Parallelstrukturen, deren Nutzen zumindest fragwürdig ist: 1000 Gesundheitskioske sollen entstehen, Apotheken ohne bisher zwingend notwendige Raum- und Personalanforderungen arbeiten dürfen, die Kliniklandschaft werde zusammengestrichen. Am Ende stehe eine weitere Verschlechterung der Versorgungsqualität.
Auch der Vorsitzende des Hessischen Apothekerverbandes (HAV), Holger Seyfarth, kritisiert die Gesundheitspolitik scharf: So habe Berlin weder eine Anpassung der seit 20 Jahren unveränderten Apothekenvergütung noch eine nachhaltige Verbesserung der katastrophalen Lieferengpässe im Sinne der betroffenen Patientinnen und Patienten wirklich auf der Agenda. "Stattdessen präsentiert der zuständige Minister Karl Lauterbach Einsparpläne und Reförmchen, die das jetzige Apothekensystem final zerstören".