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Vor dem Alten Rathaus in Bad Brückenau versammelten sich zahlreiche Bürger zum Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht vor 85 Jahren - Fotos: Hans-Peter Ehrenberger

BAD BRÜCKENAU "Nie wieder" ist jetzt!

Gedenkfeier zum 85. Jahrestag der Reichspogromnacht

10.11.23 - 85 Jahre ist es her, dass auch in Bad Brückenau Geschäfte, Häuser, Wohnungen und die Synagoge der jüdischen Mitbürger brannten. In der sogenannten Reichskristallnacht, später Reichspogromnacht genannt, vom 9. auf den 10. November 1938, wurden von den Nazis Gewaltexzesse initiiert und brutalst durchgeführt, die die Tore zur Hölle und nach Auschwitz öffneten und im Holocaust mit sechs Millionen ermordeter Juden endeten.

Der 7. Oktober 2023 liegt nur gut vier Wochen zurück, doch bei den Zeitzeugen von damals und heutigen Nachfahren der Überlebenden in Israel und weltweit in der westlich-demokratischen Wertegemeinschaft kommen nach dem Massaker der islamistischen Hamas-Terroristen die schrecklichsten Erinnerungen an die Shoa, die schlimmsten Befürchtungen und größten Ängste um den Fortbestand des jüdischen Staates hoch. Sollte sich Geschichte in ihrer verabscheuungswürdigsten Ausprägung in diesen Tagen tatsächlich wiederholen?

"Nie wieder ist jetzt." Mehr und umso eindringlicher denn je! In diesem schlimmen aktuellen Kontext bekundeten Lokalpolitiker, Kirchenvertreter und etwa 100 Bad Brückenauer Bürger auf dem Alten Rathausplatz am Donnerstagabend bei einer vom "Arbeitskreis Stolpersteine" organisierten gemeinsamen "Gedenkveranstaltung gegen das Vergessen" ihre Solidarität mit Israel, setzten ein Zeichen gegen Intoleranz, Hass sowie Antisemitismus und erinnerten vor allem an die Opfer der deportierten, vergasten, verschwundenen und euthanasierten Bad Brückenauer Juden. Die "Todesliste" umfasste 46 Namen, die einzeln vorgelesen wurden. Vor- und Nachnamen von Eltern und Großeltern, Geburtstage von Geschwistern, Vätern, Müttern und Kindern, die nach Theresienstadt, Treblinka oder Majdanek deportiert und dort ermordet wurden, Daten von Verschollenen und Opfern der Euthanasie.

Im Folgenden wird die komplette Auflistung genannt, damit die Namen der Opfer und deren unsäglichen Schicksale im kollektiven Gedächtnis haften und unvergessen bleiben. Abschließend veröffentlichen wir in Auszügen einen Text, frei nach "Stolpersteine" von Trettmann und KitschKrieg, der selbstredend für sich spricht… .

Gedenkliste für die aus Bad Brückenau stammenden Opfer des Holocaust (Vorname/Nachname; geboren am; Deportation nach/ermordet in/verschollen/ Euthanasie-Opfer/ verstorben):

● Wilhelmine Binheim, geborene Kaufmann, geb. 2.12.1865, ermordet Treblinka.

● Bernhard Frank, 1.3.1898, Majdanek.

● Ferdinand Fröhlich, 25.8.1898, Kaunas.

● Selma Fröhlich, geb. Goldschmidt, 12.8.1901, Kaunas.

● Herbert David Fröhlich, 27.9.1932, Kaunas.

● Ricka Regina Fröhlich, 16.5.1872, Gurs.

● Sara Fröhlich, 4.1.1870, verschollen.

● Max Goldschmidt, 28.7.1892, Riga.

● Sybille Goldschmidt, geb. Klein, 18.2.1891, Riga.

● Ludwig Goldschmidt, 15.8.1923, Riga.

● Nathan Goldschmidt, 16.1.1868, Theresienstadt.

● Regina Goldschmidt, geb. Straus, 20.11.1866, Minsk.

● Ida Hecht, 9.2.1906, Sobibor.

● Ricka Vera Hecht, geb. Jochsberger, 18.9.1866, Theresienstadt.

● Emilie Heimann, geb. Strauss, 19.6.1874, Theresienstadt.

● Recha Heilbrunn, geb.Frank, 8.6.1878, Theresienstadt.

● Hermine Kahn, geb. Adler, 21.9.1877, verschollen.

● Irma Kahn, 3.8.1912, Weilmünster.

● Josef Kaufmann, 22.1.1872, Theresienstadt.

● Sara Kaufmann, geb. Goldschmidt, 30.3.1877, Theresienstadt.

● Bernhard Königsberger, 15.4.1894, Kaunas.

● Helene Königsberger, geb. Binheim, 28.2.1899, Kaunas.

● Julie Nordschild, 21.7.1879, Eithanasie-Opfer.

● Gitta Oppenheimer, geb. Goldschmidt, 4.1.1858, Theresienstadt.

● Ilse Else Judith Schönfärber, 25.5.1935, Izbica.

● Martha Schönfärber, geb. Kaufmann, 4.9.1901, Izbica.

● Bertha Spier, 23.4.1876, Theresienstadt.

● Paula Spier, 4.2.1874, verstorben in Frankfurt.

● Mathilde Stern, geb. Oppenheimer, 5.2.1881, Auschwitz.

● Sigmund Stern, 24.3.1874, Theresienstadt.

● Recha Stern, 21.4.1912, verstorben in Frankfurt.

● Siegfried Strauß, 12.10.1881, verschollen.

● Hanna Strauß, 8.3.1923, verschollen.

● Susi Strauß, 16.8.1925, verschollen.

● Martha Strauß, 16.8.1925, verschollen.

● Evelyn Strauß, 23.1.1927, verschollen.

● Karoline Tannenwald, 19.3.1863, verstorben in Würzburg.

● Klara Tannenwald, 3.5.1891, Izbica.

● Lothar Tannenwald, 8.10.1894, Izbica.

● Regina Vandewart, geb. Michalowsky, 1.7.1879, Trawniki.

● Theodor Vandewart, 14.11.1878, Trawniki.

● Therese Wittekind, 29.4.1864, Euthanasie-Opfer.

● Flora Zeller, geb. Heller, 3.8.1873, verstorben in Würzburg.

● Dora Zeller, geb. Oppenheimer, 22.9.1890, Kaunas.

● Max Zeller, 23.5.1893, Kaunas.

● Reni Zeller, 25.6.1927, Kaunas.

Stolpersteine

"Ich bin noch unterwegs, brauche was aus der Stadt. Warte mal kurz. Ich bleibe stehen. Steine aus Messing auf meinem Weg. Ich beuge mich nach vorn. Hier wohnte ne Frau mit nem Namen. Ich lese Zahlen. Geboren in den 20er Jahren. Abgeschoben nach Polen. Deportiert April. Ermordet in des Krieges letzten Jahren.

Stolpersteine. Überall: Stolpersteine. Stolpersteine. In meiner Straße: Stolpersteine.
Stolpersteine. Nächste Haustür: Stolpersteine. Stolpersteine. Ich stolper‘ über…

In meiner Straße Stolpersteine. Vögel singen und ich weine. Hier könnt‘ jeder Name stehen, irgendeiner. Irgendeiner, doch hier steht deiner. Was ist wohl passiert? Du warst Mitte zwanzig. Selbes Alter. Gingst du gern tanzen? So wie ich! Genau wie ich? Hier könnte jeder Name stehen, irgendeiner. Auch meiner.

Ich setz‘ mich hin. Vor ihrer Haustür. Sie ging ein und aus hier. Saß sie auch hier? Hier im Viertel, wo jeder jeden kennt. Ich stell‘ mir vor, wie sie mir ein Lächeln schenkt. Ob es wohl so‘n Abend wie dieser war? Die Straßen menschenleer, als der Wagen kam? Motoren heulen und Reifen quietschen. Alle schauen. Doch kein Licht geht an.

Stolpersteine. Überall Stolpersteine. Stolpersteine. In meiner Straße: Stolpersteine. Stolpersteine. Nächste Haustür: Stolpersteine. Stolpersteine. Ich stolper‘ über…

Die Sonne geht auf, und ich sitz‘ immer noch hier. Ich halte inne und frage mich, was ist passiert? Schlingen werden wieder geknüpft. Messer wieder gewetzt. Nein, nicht woanders, hier und jetzt. Der Schoß ist fruchtbar noch aus dem das kroch. Wut will mich fressen, doch ich lass‘ mich nicht fressen. Ich denke an dich. Wir sollen dich nie vergessen!

Stolpersteine. Überall: Stolpersteine. Stolpersteine. In meiner Straße: Stolpersteine. Stolpersteine. Nächste Haustür: Stolpersteine. Stolpersteine. Ich stolper‘ über… . (Hans-Peter Ehrensberger) +++

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