Jahrzehntelang hat niemand sie beachtet: Jüdische Grabsteine als Treppe. - Fotos: Christian Lotz (Geschichtsmanufaktur Kutzner und Lotz)

FULDA Unglaubliche Entdeckung

Jüdische Grabsteine als Treppenstufen in einem Schrebergarten

16.11.23 - "In einer Schrebergartenanlage in Fulda wurden1946 jüdische Grabsteine als Treppenstufen verbaut. Aus der Familie des damaligen Pächters kam kürzlich der Hinweis auf Treppenstufen mit hebräischen Schriftzeichen", so Dr. Michael Imhof, Historiker aus Fulda.

Stadtarchäologin Milena Wingenfeld und Michael Imhof bei den Grabsteinen, die in ...

Er und sein Kollege Rudolf Zibuschka gingen auf die Suche. "Und in der Tat, bei einer Erkundung sind uns die bearbeiteten Treppenstufen mit der auffallenden Ornamentik  als mögliche jüdische Grabsteine aufgefallen", so Imhof. Die Freilegung und Reinigung der Steine zusammen mit der Stadt- und Kreisarchäologin Milena Wingenfeld haben die Vermutung bestätigt.

Steine wahrscheinlich vom Jerusalemplatz

Die Historiker veruten, dass die Grabsteine mutmaßlich vom historischen jüdischen Friedhof in Fuldas Innenstadt stammen, der heute den Namen "Jerusalemplatz" trägt. "Die Anlage des Friedhofs, vor der östlichen Stadtmauer gelegen, stammte aus dem Ende des 18. Jahrhunderts, als sich nach ihrer Vertreibung im Jahre 1671 durch Fürstabt von Baden-Durlach unter dessen Nachfolger von Droste wieder Juden in Fulda ansiedeln durften. In den Tagen der NS-Reichspogromnacht im November 1938, als die Synagogen zertrümmert und angezündet wurden, jüdische Einrichtungen, Geschäfte und Wohnungen zerschlagen und geplündert wurden, verwüstete man auch die jüdischen Friedhöfe", sagt Imhof.

Auf dem historischen Friedhof in der Innenstadt wie auf dem neuen Friedhof in der Edelzeller Straße, heute Heidelsteinstraße, wurden die Grabsteine umgeworfen und beschädigt. Durch die NS-Behörden in Fulda wurde die völiige Zerstörung des alten Friedhofs veranlasst und dessen Umgestaltung in einen Park. Die Grabsteine wurden zersägt und anderen Zwecken zur Verfügung gestellt.

"Interessenten konnten sich bedienen"

Ein Teil der Steine wurde laut Imhof unter anderem beim Bau der Isolierstation des städtischen Krankenhauses zweckentfremdet. Andere gelangten wohl auf den städtischen Bauhof oder lagen nach dem Krieg im inneren Schlosshof. Von dort wurden sie auch nach  1945 zur möglichen Weiternutzung angeboten. "Interessenten konnten sich bedienen, wie wir von Zeitzeugen wissen. Auf diesem Weg gelangten einige dann wohl auch 1946 in den Schrebergarten am Gallengraben als Treppenstufen", so der Historiker.

"Der Zerstörung der Synagogen als religiöse Zentren und letzte kulturelle Zufluchtsorte und der Verwüstung ihrer Friedhöfe - jüdische Friedhöfe sind 'Orte der Ewigkeit' und auf immer angelegt -   als Orte des privaten Erinnerns, Belege ihrer geschichtlichen Existenz vor Ort und religiösen Identität folgten die Deportation und Ermordung der Juden in den Vernichtungslagern", sagt Imhof. Roman Melamed, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Fulda, hofft, dass die Steine nach Abschluss der archäologischen Arbeiten ihren Platz auf dem jüdischen Friedhof finden.

Der Hessische Rundfunk hat am Dienstagabend über den Grabstein-Fund berichtet. Der Beitrag aus der "Hessenschau" ist in der dortigen Mediathek verfügbar. (pm/cdg)


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