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Ein gestelltes Bild - aber so kann es enden, wenn keine Rücksicht genommen und immer aggressiver gefahren wird. - Fotos: Pixabay / O|N-Archiv

REGION Aktuelle Studie zur Sicherheit

Auf den Straßen wird es immer rücksichtsloser - Ihre Meinung ist gefragt

22.11.23 - Auf Deutschlands Straßen geht es immer rücksichtsloser und aggressiver zu. Das zeigt eine aktuelle Studie der "Unfallforschung der Versicherer (UDV)" zur Sicherheit im Straßenverkehr, die unter anderem in 16 Fragen die entsprechenden Einstellungen ermittelt hat. Gegenüber den Vorgängerstudien haben sich alle Werte verschlechtert.

So gaben in der aktuellen Studie rund die Hälfte der Befragten an, dass sie sich zumindest gelegentlich gleich abreagieren müssen, wenn sie sich geärgert haben. Im Jahr 2016 lag dieser Wert nur knapp halb so hoch. Immerhin jeder fünfte Autofahrer "räumt" schon einmal die Überholspur mit der Lichthupe frei. Der Vergleichswert von 2016 lag hier ebenfalls nur rund halb so hoch. Ein knappes Drittel (31 Prozent) tritt gelegentlich aufs Gaspedal, wenn sie überholt werden.

Das kann böse enden.

Mahnschild an der Petersberger Straße in Fulda.

UDV-Chef Siegfried Brockmann zeigte sich bei der Vorstellung der jüngsten Studie in Berlin entsetzt: "Aus Ärger oder auch zum eigenen Vorteil die Verletzung oder gar den Tod Anderer in Kauf zu nehmen, ist vollkommen inakzeptabel. Alle Verantwortlichen müssen jetzt im Lichte der Ergebnisse beraten, wie sich die Situation verbessern lässt."

Fehlendes Bewusstsein

Die Herausforderung dabei: Zwar sehen die meisten Verkehrsteilnehmer Aggression als großes Problem, es fehlt aber das Bewusstsein, dass sie selbst dazu beitragen. Wie auch schon in den Vorjahren unterscheiden sich Selbst- und Fremdbild der Befragten dramatisch. So antworten 96 Prozent aller Autofahrer, dass sie Radfahrer mit ausreichendem Abstand überholen, gleichzeitig aber bei 93 Prozent der anderen Autofahrer wahrnehmen, dass sie Radfahrer zu eng überholen.

Die Radfahrer selbst sind in Bezug auf ihr Selbstbild nicht viel besser: Knapp die Hälfte gibt zu, gelegentlich auf den Gehweg auszuweichen.

Auch in Bezug auf neuartige Risiken wie Cannabiskonsum und Nachrichten lesen und schreiben besteht wenig Hoffnung auf Besserung. Zwar sind die Werte hier noch vergleichsweise gut, allerdings zeigt sich in der jüngeren Generation ein ungünstigeres Verhalten und ein deutlich geringeres Problembewusstsein. 

Der Blick in den Rückspiegel oder auch das Blinken ist für viele zum Luxusgut geworden. ...

Weitere Ergebnisse der Studie, die seit 2010 in regelmäßigen Abständen durchgeführt wird: Die Mehrheit der Verkehrsteilnehmer in Deutschland fühlt sich sicher oder sehr sicher im Straßenverkehr. Der Wert hat sich von 55 Prozent im Jahr 2019 geringfügig auf 56 Prozent erhöht. Grundsätzlich fühlen sich Männer (64 Prozent) deutlich sicherer als Frauen (49 Prozent). Nicht überraschend also, dass sich Frauen deutlich häufiger für schärfere Maßnahmen zugunsten der Verkehrssicherheit aussprechen. Beides zeigte sich auch in allen Vorgängerstudien.

Bei den Maßnahmen selbst wird eine Null-Promille-Regelung mit 68 Prozent am häufigsten gewünscht. Dieser Wert war allerdings 2019 noch um acht Prozent höher. Nicht verändert hat sich die knappe Befürwortung (53 Prozent) von Tempo 130 auf Autobahnen.

Mehr Fälle von "Nötigung im Straßenverkehr" in Osthessen

Gegenüber O|N hat die Pressestelle des Polizeipräsidiums Osthessen Folgendes mitgeteilt: "Aggressives Verhalten im Straßenverkehr" wird unter solch einer Kategorie polizeilich nicht statistisch erfasst. Die Polizei kann lediglich eine Aussage über polizeilich registrierte Sachverhalte im Jahresvergleich treffen, die eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat darstellen, wie beispielsweise Nötigung im Straßenverkehr. So ist die Anzahl der polizeilich registrierten Fälle von "Nötigung im Straßenverkehr" in Osthessen in den letzten fünf Jahren kontinuierlich gestiegen. Wurden im Jahr 2018 noch 138 Straftaten registriert, waren es im vergangenen Jahr 173 Fälle (2019: 145 Fälle / 2020: 147 Fälle / 2021: 159 Fälle).

Ergänzend ist festzuhalten, dass "Aggressives Verhalten im Straßenverkehr" so auch nicht als Unfallursache in der polizeilichen Verkehrsunfallstatistik geführt wird.

Zwischenruf 

Die Älteren unter uns werden sich an die beiden 1958 und 1959 entstandenen Filme mit Heinz Erhardt erinnern, die die gegenwärtige Situation auf unseren Straßen eigentlich damals schon vorwegnahmen: "Immer diese Radfahrer" beziehungsweise "Immer diese Autofahrer". Wenn man bedenkt, dass in jenen Zeiten die Verkehrsdichte eine ganz andere gewesen ist als jetzt, kann dieser filmischen Weitsicht nur Anerkennung zuteil werden. 

O|N-Redakteur Bertram Lenz zur aktuellen Studie über Verkehrssicherheit auf unseren ...

In der Tat dürfte sich jeder von uns, der auf den Straßen unterwegs ist, schon des Öfteren geärgert und - beispielsweise - voll Wut auf das Steuer eingetrommelt, vielleicht sogar in selbiges hineingebissen oder zornige Schreie losgelassen haben. Mitunter freilich kann dieses Verhalten noch mehr ausarten, wenn bei geöffneter Scheibe die Faust geschüttelt, beleidigende Schimpfworte hinausgebrüllt oder andere Verkehrsteilnehmer derart bedrängt werden, dass diese in ernsthafte (Lebens)-Gefahr geraten.

Nun muss der Fairness halber aber gesagt werden, dass sich seit Längerem das Verhalten so mancher Fußgänger, Rad- und Autofahrer wirklich sehr negativ verändert hat. Das Problem ist, dass viele Menschen dies als Kavaliersdelikt ansehen und sich keine Gedanken darüber machen, wenn sie - beispielsweise - das "Rot" der Ampel generell missachten, Zweirad-, Scooterfahrer sich so aufführen, als gehöre ihnen allein die Straße, oder sich Pkw-Lenker dafür rächen, indem sie ohne jede Distanz vorbeirauschen oder die Radwege zuparken. Ganz zu schweigen von den Unsitten, nicht mehr zu blinken oder auch ganz auf den "Radfahr-Blick" beim Öffnen der Tür zu verzichten.

Eine Ursache für das veränderte Verhalten mag darin begründet liegen, dass die Hektik unserer Zeit die Menschen immer ungeduldiger werden lässt. Allerdings muss man in der Tat schon sehr viel Nachsicht aufbringen, wenn man - so wie ich am frühen Montagabend - eigentlich voll guter Absichten, sich beherrschen zu wollen, die Leipziger Straße entlang fährt. Und dabei mit hin- und herschwankenden Zweiradfahrern oder dem Fahrer eines Lastenrades konfrontiert wird, der ohne Beleuchtung mitten auf der Spur unterwegs ist.

Wen die Thematik trotz aller Ernsthaftigkeit ein wenig erheitern soll, der sei "YouTube" empfohlen. Unter dem Stichwort "Kottan - Running Gag: Autotür" gibt es etwas zum Schmunzeln, aber auch zum Besser-Machen.    

Wie sind Ihre Erlebnisse zu diesem Thema?

O|N hatte sich in der Vergangenheit schon des Öfteren mit diesen Themen beschäftigt, und auch diesmal fragen wir Sie, liebe Leserinnen und Leser, welche Erfahrungen haben Sie persönlich gemacht? Als Autofahrer, Radler oder Fußgänger in Fulda, Bad Hersfeld, Lauterbach, Hanau oder der Rhön? Wie wappnet man sich gegen rücksichtsloses Verhalten? Schreiben Sie uns über Ihre Erlebnisse an [email protected] . (Bertram Lenz) +++


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