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Und malen kann er auch noch: Blick hinter den Mythos Bob Dylan
16.12.23 - Bob Dylan stellt alle seine Chronisten, von denen es nicht gerade wenige gibt, vor große Schwierigkeiten. Er ist zweifelsohne der größte lebende amerikanische Rock- und Popstar, gleichzeitig aber extrem öffentlichkeitsscheu. Die Frage, wer oder was sich hinter seinem Mythos versteckt ("I'm not there"), treibt seit sechs Jahrzehnten seine Fans zu immer neuen Mutmaßungen an.
Daran ändern weder Dylans "Neverending"-Tour noch seine vielen Schallplatten etwas. Denn seit Anbeginn seiner Karriere ist der inzwischen 82-Jährige zwar irgendwie immer präsent, aber er schlüpft wie ein Chamäleon wahlweise in die Rolle eines Singer-Songwriters, macht als Dichter von sich reden, als Schauspieler, christlicher Prediger, Bandleader mit E-Gitarre - oder eben als Maler.
Seine vielen Fans - die eingefleischten von ihnen werden gerne auch als "Dylanologen" bezeichnet, was quasi eine Wissenschaft an sich bezeichnet - wissen natürlich, dass der als Robert Zimmerman 1941 Geborene irgendwann während seiner unendlichen Tour mit dem Malen begonnen hat. Sei es beim Blick aus dem Tourbus, aus dem Hotelzimmer oder bei jeder anderen sich bietenden Gelegenheit. Unter dem Titel "BOB DYLAN - The Drawn Blank Series And Some More" ist eine Schau mit mehr als 70 Arbeiten noch bis zum 20. Januar in den Räumlichkeiten der Galerie Bilder Fuchs am Abtstor 41 in Fulda zu bewundern.
Zur Ausstellungseröffnung hatte Galerist Thomas Stock vor Kurzem mit Dr. Ingrid Mössinger eine fundierte Kennerin des Dylanschen Werkes begrüßen können: Vor 15 Jahren war "BOB DYLAN | The Drawn Blank Series" in den Kunstsammlungen Chemnitz gezeigt worden. Kuratorin damals war die Direktorin der Kunstsammlungen in Chemnitz, eben Dr. Ingrid Mössinger.
Es ist nicht eben einfach, sich den Zeichnungen des Literaturnobelpreisträgers zu nähern, die mitunter schnell dahin geworfenen Skizzen ähneln, um den Augenblick zu bannen. Doch auch bei diesen künstlerischen Werken bricht sich ein Objekt Bahn, das Dylan seit jeher begleitet: Das Unterwegs-Sein in Amerika, wobei der 82-Jährige stets die Provinz den Metropolen des Landes vorgezogen hat. Insofern sind seine Bilder auch eine Liebeserklärung an ein Amerika, wie er es einst während seiner Kindheit und Jugend in Duluth (Minnesota) kennengelernt hatte. Und wie es heute so nicht mehr existiert.
Der Künstler selbst hat es in seinen "Chronicles" einmal so beschrieben: "Irgendwie war ich immer auf der Jagd nach allem gewesen, was sich bewegte - nach Autos, Vögeln, Blättern im Wind". Daraus, und aus den Zeichnungen, atmet der Geist des scheinbar ziellosen Umher-Ziehens, den ein anderer Autor einmal ebenso treffend skizziert hat: Jack Kerouac ("On the road"), von Dylan ebenso stets bewundert wie die Figur des Hobo, des Landstreichers.
Und wer bei seinem Besuch in der Galerie Bilder Fuchs neugierig auf Bob Dylan geworden ist, für den halten Thomas Stock und seine Mitarbeiter noch ein ganz besonderes (umfangreiches) Schnäppchen bereit: "Mixing up the Medicine" ist quasi ein Buch über das Multitalent, wie es noch keines gab: Es spannt in noch nie gesehenen Fotos und Fundstücken aus seinem privaten Archiv den Bogen über Leben und Werk. Kurz: Ein Bob-Dylan-Museum in Buchform, wie es bei dpa zutreffend heißt. (Bertram Lenz) +++