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Citypastoral: "Kirche kann viel mehr, wenn sie sich traut"
15.12.23 - Mit Liegestühlen, Cocktails und modernen Aktionen versucht das Team der Citypastoral Fulda seit 2014, vor allem junge Menschen für Kirche und Gott zu begeistern. Bernadette Wahl war fünf Jahre das Gesicht des missionarischen Diensts und erklärt, was sich ändern muss, damit Kirche und Menschen besser zueinander finden.
Im Januar tritt Wahl ihre neue Stelle im Bistum Essen an, als Referentin für Glaubenskommunikation und als Fachvorgesetzte für die dortigen Citypastoral-Mitarbeiter. Die 35-Jährige kommt aus Neuhof-Opperz im Landkreis Fulda, hat Theologie und Pädagogik studiert und zusätzlich eine Ausbildung zur systemischen Beraterin durchlaufen. 2014 wurde die Citypastoral im Bistum Fulda als Projektstelle aufgebaut, Björn Hirsch, inzwischen in der Tourismuspastoral Rhön in Hilders tätig, brachte vier Jahre lang Aufmerksamkeit für die altehrwürdige Institution Katholische Kirche - mit biblischen Weinproben, missionarischen Straßenaktionen und Hüpfkirchen für Kinder. 2018 übernahm Wahl von Hirsch.
Keinen Draht mehr zur Kirche
Das Citypastoral-Konzept soll seit Ende der 1980er-Jahre kirchenferne Menschen niedrigschwellig ansprechen - die Kirche kommt zu den Menschen statt umgekehrt: "In Fulda sind viele kirchlich sozialisiert worden, haben aber keinen Draht mehr zur Kirche. Gemeinde und Gottesdienst: Das spricht schon lange nicht mehr alle Menschen an. Wir müssen uns um Menschen kümmern, die nicht mehr bei uns bleiben wollen oder bei uns sind. Wir zerren niemanden in die Kirche, sondern nehmen uns der Sorgen und Probleme der Menschen an." Eine Segensandacht für die coronageplagten Gastronomen in der Stadtpfarrkirche dient als Beispiel: "Da hat auch niemand gefragt, ob alle Katholiken sind."Niedrigschwellige Glaubenskommunikation bei Events und Cocktails, man könnte auch sagen: "Wir müssen uns in einer Sprache ausdrücken, die niemanden abschreckt. Zugänglichkeit schaffen. Das machen andere auch sehr gut, siehe Stadtpfarrer Buß mit seinen Impulsen. Marketing und Kundenbindung sind nicht primär das Ziel, das wäre die klassische Pfarrei, die Seegemeinde. Die Citypastoral ist dagegen eher eine Flussgemeinde, die sich einen neuen Weg sucht, durch die auch immer wieder neue Menschen durchfließen."
"Kirche kann mehr"
Auf dem Tisch liegt das Buch der Citypastoral Fulda, "Kirche kann viel mehr, wenn sie sich traut". Die Säkularisierung der Gesellschaft habe auch die Katholische Kirche offener gemacht für neue Formen der Ansprache, sensibler für die vermeintlich unsichtbare neue Religion: "Viele Menschen sind ausgesprochen spirituell, auch ohne Kirche. Davon kann man lernen. Wir beschäftigen uns mit dem, was den Menschen wirklich wichtig ist. Das heißt auch, sich so zu sensibilisieren, dass man wahrnimmt, was jemand eher braucht als konventionelle Vermittlungsformen."Trotz moderner Formate, die auch Jugendliche ansprechen sollen, will die Citypastoral keine Alternativkirche, die den Glaubenskern verwässert. Ironisierung von Glaubensinhalten, um zu gefallen, ist nicht vorgesehen: "Wir versuchen natürlich auch, Verständnis für Ritual und Glaubenspraxis zu schaffen, etwa bei unserer anstehenden Fastentuch-Aktion mit Antonius und der Innenstadtpfarrei", erklärt Wahl.
Paul Kowalski, der erst im April dieses Jahres das Team der Citypastoral Fulda mit einer zweiten halben Referentenstelle verstärkt hat, wird zuerst alleine weitermachen. Der 38-jährige Kalbacher hat soziale Arbeit studiert und eine theologische Zusatzqualifikation erworben. In der Schülerseelsorge des Bistums Fulda hat er die Tage religiöser Orientierung geleitet, danach als Jugendbildungsreferent in der Abteilung Jugend und junge Erwachsene beim Bistum Fulda gearbeitet. (mau) +++