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Sedat Gören: Coach der SG Barockstadt Fulda-Lehnerz. - Fotos: Finn Rasner

FULDA OSTHESSEN|NEWS-Sportgespräch (85)

Gören: Gegen Frankfurt ist eine Flamme gezündet worden. Sie brennt noch.

19.12.23 - Es macht Spaß, sich mit Sedat Gören über Fußball zu unterhalten. Mal leuchten seine Augen. Mal benutzt er darum liegende Kugelschreiber, um ein einfaches taktisches Muster zu erklären. Aus dem Trainer des Regionalligisten SG Barockstadt Fulda-Lehnerz spricht immer eins: brutaler Ehrgeiz. Im Osthessen|News-Sportgespräch hat er die Entwicklung seines Teams im Blick, den Kader, die Zusammenarbeit im Trainerteam, den nächsten Schritt und die mangelnde Infrastruktur in Fulda. Selbstredend lobt er den Vorstand der SGB.

Im Osthessen|News-Sportgespräch lassen wir immer Menschen aus verschiedenen Sportarten der Region zu Wort kommen. Wir erzählen die Geschichte hinter der Geschichte. Heute folgt Teil 85 der Serie.

O|N: Einerseits ist das letzte Spiel gegen Freiberg ausgefallen. Andererseits: Man kann nicht mit einem besseren Gefühl in die Winterpause gehen als mit dem Auftritt beim 2:0-Sieg in Homburg. Siehst Du das auch so?

Gören: Auf jeden Fall. Man kann sich immer noch optimieren, aber wir waren gut drauf. Sehr gut drauf. Aber unser Platz war nicht bespielbar. Das in Homburg war unser bestes Spiel seit langem. Man kann es in die Top 5 einstufen. Von seiner taktischen Grundordnung her. Ich habe ja nicht umsonst gesagt, dass wir aufgetreten sind wie eine Profi-Mannschaft. In der letzten Saison haben wir in Kassel oder gegen Aalen ähnlich starke Spiele abgeliefert.

O|N: In diesem Spiel sah man, dass die Mannschaft in ihrer Reife einen Schritt vorangekommen ist. Teilst Du diese Einschätzung?

Gören: Die ganze Mannschaft hat sich entwickelt. Alle haben das getan. Nicht nur Aaron Frey, auch Patrick Schaaf oder Leon Pomnitz. Oder Marius Köhl. Der hat vorher auf die Beine des Torwarts gezielt. Jetzt macht er es aufs Eck. Aber nochmal: Alle haben sich weiterentwickelt.

O|N: Ihr seid Dritter der Heimtabelle - mit einem Spiel weniger als die Stuttgarter Kickers und Hoffenheims U23. Warum seid ihr zu Hause so stark?

Gören: Wir wollen zu Hause eine Macht sein. Egal, gegen wen wir spielen. Im Test gegen Frankfurt ist so ein bisschen eine Flamme angezündet worden. Und jetzt brennt sie immer noch. Vielleicht ist das unsere beste Saison zu Hause - jedenfalls wenn man sie mit der letzten vergleicht. Viele Spiele, in denen wir hinten lagen, haben wir noch gedreht. Haben Moral gezeigt. Ruhe und Stabilität. Wir wollen unseren Plan einfach durchbringen.

O|N: Was war gut? Was müsst ihr verbessern? 

Gören: Wir müssen unsere Torchancen nutzen. Vorm Tor und in der Box müssen wir entschlossener werden. Die Spiele in Walldorf und Bahlingen sind Beispiele dafür. 

O|N: Und was war gut?

Gören: Viele Spiele haben wir verdient gewonnen. Nicht mit Glück. Es ist uns gelungen, immer wieder unseren Plan durchzusetzen. Und die Spieler haben sich entwickelt. Beispiel Moritz Dittmann: Wo gibt es das sonst, dass von der Verbandsliga einer geholt wird. Klar, aus unserer U23 hat das Tobi Göbel geschafft. Oder jetzt Milian Habermehl. 

O|N: Fallen Dir weitere Beispiele ein?

Gören: Marius Köhl. Der war mal einige Spiele in so einem Tief. Wir haben das Signal gesetzt: Du musst ruhig bleiben. Die jungen Leute stecken halt in ihrer Entwicklung. Im Spiel musst du sie rausholen. Und die Sachen, in denen es klemmt, besprechen. Die muss man abholen. Das Sieb oder der Trichter wird, je höher du kommst, immer breiter. 

O|N: Was war Euer größtes Plus in der Vorrunde - oder, besser gesagt, im ersten Teil des Jahres?

Gören: Dass wir als Mannschaft noch mehr zusammengewachsen sind. Dass die Spieler die Vorgaben immer mehr aufnehmen. Jeder ist im Fokus, den Erfolg in maximaler Geschwindigkeit zu erreichen.

O|N: Wie funktioniert die Zusammenarbeit im Trainerteam? Wie die mit Co-Trainer Yasin Kocatepe?

Gören: Yasin ist ein junger Mann. Er will aus einigen Spielern viel rauspressen. Es gehört dazu, dass man im Entwicklungsprozess Fehler macht. Und das dürfen die jungen Leute. Die Zusammenarbeit ist gut im gesamten Trainerteam. Da gehört auch Witold Sabela als Torwarttrainer dazu. Und unser Video-Analyst Senouci Allam.

O|N: Nochmal: Was ist in den eineinhalb Regionalliga entstanden bei der SGB?

Gören: Super ist das gewesen. Niemand hätte uns das zutrauen können. Im ersten Jahr, vor dem wir es ja lange gar nicht wussten, ob wir aufsteigen, war es ein Riesen-Erfolg, in der Liga zu bleiben. Im zweiten Jahr ist es ja immer schwieriger. Wir haben eine Riesen-Entwicklung hingelegt. Viele Spieler sind besser geworden. Es haben sich Persönlichkeiten entwickelt, von denen man sagen kann: Ich bin jetzt reifer geworden. Ihre Denkweise ist anders und besser geworden.

O|N: Will die SGB in der Winterpause noch am Kader basteln und Optionen hinzugewinnen?

Gören: Ein, zwei Leute werden uns verlassen, Jan Lüdke ist ja schon weg. Es ist eine große Sache, mit den verletzten Spielern, die wir hatten (Grösch, Schmitt, Löbig, Göbel) solch eine Serie gespielt zu haben. Und damit in der Regionalliga zu bestehen. Wir werden gucken. Unser Kader ist viel zu klein. Unsere Vorbereitung beginnt am 15. Januar. Wir müssen unseren Kader optimieren. Das ist Fakt. Mit dem Kader, den wir im Moment haben, kann man nicht in die Rückrunde gehen. Wir brauchen Konkurrenz - auch im Training.

O|N: Stichwort "nächster Schritt". Was ist dazu nötig? Ist die Region bereit, den mitzugehen? Und ist der Verein bereit und so weit? Sind es die Spieler und die Mannschaft?

Gören: Ein sehr komplexer Punkt. Für mich stellt sich das so dar: sich langsam, langsam auf die professionellen Strukturen einzustellen. Sportlich hatten wir es ja in dieser Serie bisher schon vier- oder fünfmal in der Hand, haben es aber nicht geschafft, in die ersten Drei reinzukommen. Die ersten Acht der Tabelle sind außer uns alles Profi-Mannschaften. Uns fehlt da nicht mehr viel - ohne etwas kaputtzumachen. Wir müssen das Ganze durchdachter anpacken. 

O|N: Und wie sieht's da finanziell aus?

Gören: Ich bin ja Trainer, und nicht für die Finanzen zuständig. Es gibt da Sponsoren. Und es helfen da Leute mit. Nochmal: Es muss langsam wachsen. Bei den Zuschauern stehen wir an dritter, vierter oder fünfter Stelle. Wenn man die Chance nach oben hat, sollte man sie auch nutzen. Ziele muss man haben.

O|N: Stichwort Stadion. Manche meinen, die SGB stünde mit einem reinen Fußball-Stadion besser da. Wie ist Deine Sicht dazu?

Gören: Das wollte der Verein auch. Doch die Stadt hat abgelehnt.

O|N: Stichwort Infrastruktur. Die ist nicht gut - und nicht Regionalliga-tauglich. Trainingsmöglichkeiten, wettbewerbsfähiger Kunstrasen, und und und ... Wie stehst Du dazu?

Gören: Unser Kunstrasenplatz ist wie Beton. Und der in Lehnerz ist veraltet. Auch ein zweiter Rasenplatz müsste her. Und ein Kraftraum eingerichtet werden. Und als Trainer sind wir im Schiedsrichter-Raum. Wir bräuchten einen Raum, in dem wir die Video-Analyse machen könnten. Einen Raum für uns. Eine eigene Trainerkabine, in der wir unser Büro haben. Auch die Spieler bräuchten so einen kleinen Raum, in den sie sich mal zurückziehen könnten. Mal einen Kaffee trinken oder andere Dinge tun. Die Bedingungen sind derzeit weder professionell noch Regionalliga-tauglich.

O|N: Welche Arbeit leistet der Vorstand? Wie ist seine Arbeit einzuschätzen?

Gören: An dieser Stelle möchte ich mal ein Lob für den Vorstand aussprechen. Für alle Beteiligten. An die gesamte Mannschaft. An Betreuer und Helfer. An alle, die mit anpacken. Hier gilt: Gemeinsam sind wir stark. Ein Kompliment an alle.

O|N: Warum sollte sich ein Fan, ein Fußball-Begeisterter ein Spiel der SGB anschauen?

Gören: Weil wir guten, gepflegten und dominanten Fußball zeigen. Mit Spektakel verbunden. In einer guten und attraktiven Liga. Gerade unsere Heimspiele sind Spannung pur. Wir geben immer alles und holen das Beste aus uns raus. (wk)

O|N: Vielen Dank für das Gespräch.


Zur Person

SEDAT GÖREN ist 52 Jahre alt und wohnt in Schlüchtern. Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne. Gören ist in Deutschland geboren. In Krefeld. Dort begann er als Fünf- oder Sechsjähriger zu kicken - seitdem ist er im Fußball-Geschäft. Bereits ein Jahr später wechselte er zu Borussia Mönchengladbach und durchlief dort alle Jugend-Mannschaften. Mit 17 oder 18 zog es ihn in die Türkei - für sieben Jahre. Hier war er Profi, bei Aksarayspor nahe Ankara spielte er in der Zweiten Liga. Im Milleniumsjahr 2000 kehrte er nach Deutschland zurück - war hier bei verschiedenen Vereinen Spieler, Spielertrainer oder Trainer. Unter anderen war Gören beim SV Flieden und der SG Bad Soden aktiv. "Ich habe, bis ich 44 war, selbst gespielt. Das war vielleicht der Fehler", sagt er heute. Trainerstationen waren auch der SV Neuhof und Lehnerz II (für zwei Jahre, 2016 begann dort seine Tätigkeit). Seit dem 3. Oktober. 2018 coacht der die SG Barockstadt Fulda-Lehnerz. Seit nunmehr 23 Jahren ist Sedat Gören also ununterbrochen Trainer oder Spielertrainer. +++


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