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Zwei Banken bald an einem Ort zusammen: Sorgen um die Innenstadt
21.12.23 - In der Vogelsbergstadt Homberg (Ohm) ist die Befürchtung laut geworden, dass mit dem parallelen Wegzug zweier Banken "gleichzeitig zwei Sargnägel in die Innenstadtentwicklung geschlagen werden. Sind doch gerade Banken Anziehungspunkte, die Menschen auch in Zeiten des Online-Bankings noch in die Innenstädte ziehen". Soweit die Fraktionsvorsitzende der Ökologischen Liste Homberg, Barbara Schlemmer, in einer Pressemeldung.
Hintergrund ist, dass sich die VR Bank HessenLand und die Sparkasse Oberhessen dazu entschlossen haben, gemeinsam an einem neuen Standort - vereint unter einem Dach - künftig tätig zu werden. Und zwar ab 1. Juli 2024.
Wie Barbara Schlemmer unter anderem schreibt, "wundern wir uns, dass dieser Wegzug nun vorwiegend als Vorteil kommuniziert wird. Der Vorteil dürfte dabei im Wesentlichen bei den beiden Banken liegen, die durch diverse Synergieeffekte Vorteile haben dürften und dem derzeitigen Trend entsprechen, Filialen zu schließen, Personal abzubauen und Filialen auf wenige Standorte zu bündeln". Aus Sicht der Banken sei das verständlich.
Doch wundere man sich schon, dass im Zuge der Beratungen über das entsprechende Bauleitplanverfahren in der Ohmstraße nie davon die Rede war, dass auch die Sparkasse Oberhessen zu diesem Standort wechseln wolle. Diese Information hätte möglicherweise für manch einen Stadtverordneten eine andere Entscheidung herbeigeführt.
Homberg befinde sich überdies im entsprechenden Förderprogramm ISEK, und der Gewerbeverein bemühe sich seit Jahren mit vielen Maßnahmen um eine stärkere Belebung der Innenstadt. "Das offene Erstaunen" des Homberger Gewerbevereins über den unerwarteten Wegzug lasse darauf schließen, dass in der Stadt des betonten Miteinanders und des auf Flaggen demonstrierten Zusammenhalts in der Realität mehr Austausch und Transparenz erforderlich wäre.
"Es bleibt jetzt also die Frage, wie der Wegzug der Banken kompensiert werden soll. Was soll mit den beiden Gebäuden geschehen? Angeblich gibt es dazu schon Pläne", so Elke Müller von der Ökologischen Liste Homberg ergänzend. Viele Bewohner der Innenstadt hätten die beiden Banken bislang fußläufig erreichen und den Gang zur Apotheke, zum Frisör, zum Arzt, zu Geschäften der Innenstadt damit verbinden können. Das falle zukünftig weg.
Hintergrund
In zentraler Lage neben Lebensmittelmärkten und Drogeriemarkt entsteht seit einiger Zeit in der Ohmstraße der Neubau der VR Bank HessenLand und damit das neue Beratungszentrum des Geldinstitutes. Das Gebäude wird nicht nur für die VR-Bank-Kunden die neue Anlaufstelle sein, auch die Sparkasse Oberhessen zieht mit ihrem neuen Beratungszentrum ein.
"Sparkasse und VR Bank Tür an Tür - das ist ein Novum in unserer Region", hoben Helmut Euler, Vorstandsvorsitzender der VR Bank HessenLand, und Frank Dehnke, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Oberhessen, bei einem Ortstermin vor Kurzem gemeinsam hervor. Mit der Investition sei der Bankenstandort für die Bürger der Region langfristig gesichert.
Das sagt die Bürgermeisterin
Gegenüber O|N hat Bürgermeisterin Simke Ried auf Nachfrage die aktuellen Diskussionen bewertet. Sie schreibt: "Zunächst ist festzuhalten, dass der Erhalt beider Bankstandorte in unserer kleinen Stadt – zudem vereint an einem modernisierten und barrierefreien Standort – für die Gesamtkommune und die bewährte Bereitstellung von Serviceleistungen für unsere Bürgerinnen und Bürger sehr begrüßenswert und ein Grund zur Freude ist. Dies ist keine Selbstverständlichkeit. Die Präsenz von Kreditinstituten an sich als Garant für Frequenz und eine belebte Innenstadt zu werten, ist ohnehin deutlich zu kurz gegriffen".
Die Verwaltungschefin warnt zudem davor, im Zusammenhang mit der Innenstadtentwicklung fortwährend schwarz zu malen - was dies Positives bezwecken könnte, erschließe sich ohnehin nicht. "Vielmehr bewirkt diese bewusst sachfremde Form der Kommentierung den Zustand, den dieses Gerede vordergründig vermeiden will: Denn auch die Ökologische Liste weiß sehr genau, wie viel an Arbeit, Engagement und auch Geldern in die Belebung der Innenstadt aktuell investiert werden".
Bemühungen tragen erste Früchte
Die Stadt Homberg/Ohm befinde sich zurzeit im Bundes- und Landesprogramm für zukunftsfähige Innenstädte und Zentren (ISEK) – ein Prozess, der mit viel Bürgerbeteiligung gestaltet wurde und dessen Früchte bereits jetzt in der Umsetzungsphase sichtbar würden. Innenstadtmobiliar wurde bestellt, Abstellmöglichkeiten für Fahrräder, Bepflanzungsgefäße wurden beschafft und baulich laufe die Umgestaltung um das Familienzentrum. Darüber hinaus seien mehrere Studien im Programm enthalten, die unter anderem die Erreichbarkeit, Wegeverbindungen, Digitalisierung und Attraktivität der Innenstadt fokussierten.Ins Auge gefasst wurde in enger Abstimmung mit dem Gewerbeverein zudem die Aufwertung des Marktplatzes unterhalb des Rathauses, auf dem der Bauernmarkt regelmäßig stattfindet. Hier können Anschlüsse für Stände, Foodtrucks und Bühnentechnik, Sitzgelegenheiten und eine überdachte Bühne hergestellt werden: Letztere könnte Richtung Rathaus bespielt werden, oder auch etwa im Rahmen des Stadtfestes zur Frankfurter Straße hin. So wäre ein weiterer, multifunktional nutzbarer Platz mitten in der Kernstadt geschaffen, der einladend für neue Markt- oder Festformate zur Verfügung stünde.
Die Bürgermeisterin: "Zusätzlich hat der Magistrat bereits beschlossen, der Stadtverordnetenversammlung eine Machbarkeitsstudie vorzuschlagen, die die Weiterentwicklung des Bürgerbüros unter Berücksichtigung der Aspekte Barrierefreiheit und des ISEK prüft. Hierin sind eben diese beiden Bankstandorte enthalten, sowohl die Sparkassenfiliale als auch das VR-Bank-Gebäude. Als drittes Objekt wird die ehemalige Bäckerei Born beleuchtet. Es liegt nun in der Hand der Stadtverordneten, den Weg hierfür freizumachen. Der Magistrat hat hierzu bereits geliefert."
Berücksichtige man jetzt auch noch, dass es in letzter Zeit mehrere Neuansiedlungen gegeben habe, komme man sicherlich zu einer differenzierten und durchaus positiven Gesamteinschätzung. "Und dies hat Homberg verdient - und letztlich alle, die sich aktiv in die Bürgerbeteiligung, in Gremien und in der Verwaltung konstruktiv und mit konkreten Ideen eingebracht haben". (bl) +++