Archiv
Lasst es uns gemeinsam anpacken: "Wo ist nur unser Wir-Gefühl geblieben?"
01.01.24 - So ein Jahreswechsel ist ja immer auch ein Zeitpunkt, um auf das Jahr zu schauen und sich Gedanken zu machen, was die Zukunft wohl bringen wird? Die Gedanken sind vielfältig. Es sind einfach zu viele Baustellen derzeit. Beim Blick auf die aktuellen Nachrichten und den Prognosen von Experten und Möchtegern-Fachleuten weiß man gar nicht mehr, was los ist.
Dies gilt in erster Linie für Deutschland. Weil hier in unserem Land ja sowieso der Grundtenor herrscht: Alles ist schlecht. Stimmt, wenn der Zweitwagen eine Nummer kleiner ausfallen muss und der zehnte Wochenendtrip zu teuer wird. Ja, ich übertreibe etwas. Aber im Grunde geht es uns doch recht gut. Überlegen Sie mal genau. Müssen Sie nachts Angst haben, dass Bombenalarm ihren Schlaf stört? Rollen Panzer durch ihr Dorf oder schlagen Raketen in der Nachbarschaft ein? Kennen Sie Bunker von innen? In anderen Ländern - ob sie gerade medial im Blickpunkt sind, oder nicht - ist Frieden weit weg und der sehnlichste Wunsch der Menschen
Wir haben ganz andere "Probleme". Uns geht es nicht schnell genug. Oft wird auf andere geschaut. Ein paar Beispiele: Sie wollen Glasfaser haben? Die Jungs im Straßengraben geben alles. Aber wehe, wenn die Pflastersteine nachher nicht millimetergenau zusammenpassen. Und dann schwätzen diese "Idioten" nicht mal deutsch. Ihr Müll wird regelmäßig frühmorgens abgeholt? Frauen und Männer aus anderen Ländern arbeiten in der Pflege, in der Gastronomie, im Krankenhaus oder als Zahnarzt. Ach ja, diese bösen, faulen Ausländer sind das. Weg mit denen. Und dann? Es ist einfach zu kurz gedacht und schlecht, alles und alle über einen Kamm zu scheren. Überall wo Menschen am Werk sind, gibt es Leute, die mehr machen und andere, die meinen, sie müssten sich am Allgemeinwohl bedienen. Das hat nichts mit der Nationalität zu tun.
Viele Dinge beschäftigen uns
Kriege, Krisen und Klimawandel. Viele Dinge beschäftigen uns. Wir in Deutschland werden sie allein nicht lösen können. Und ja, die Ampel-Koalition macht sicher nicht alles richtig. Nein. Und ich finde die Art ihrer Kommunikation überhaupt nicht gut. Da fängt es an. Wer etwas ändern will, muss überzeugen und muss seine Mitmenschen mitnehmen. Gesetze sind schön und gut. Aber sie müssen in der Realität auch umsetzbar sein. Wer aus der Mittelschicht kann es sich leisten, sein Haus zu modernisieren, zu sanieren? Dämmung, Solaranlage, neue Fenster, Wärmepumpe und bestmöglich ein Elektrofahrzeug vorm Haus. Ja, schon klar. Unsere Bank zeigt uns den berühmten Vogel. Selbst wenn das Geld irgendwie zusammengekratzt werden kann, fehlt es an Handwerkern, die diese Arbeiten dann ausführen können. Ihnen fehlt das Personal. Das ist ein Beispiel.In der Landwirtschaft rumort es. Klar kann ich die Wut verstehen. Nicht die Subventionen sind das Grundübel, vielmehr sind es die fehlenden fairen Preise. Alles muss billig sein und die Erzeuger kriegen nicht das, was sie für ihre Produktion mindestens brauchen. Kaufen Sie regionale Produkte, etwa auf den Wochenmärkten oder heimischen Metzgereien. Weniger ist hier mehr. Und der heimischen Landwirtschaft geholfen. Aber natürlich muss die Politik die Rahmenbedingungen verbessern.
Friedlicher Protest ist völlig in Ordnung
Friedlicher Protest ist völlig in Ordnung. Aber ich habe große Bedenken, wenn ich diese Entwicklung in den sozialen Medien sehe. Da wird zu einem Generalstreik aufgerufen. Mit Bildern, die verstören. Diese Bilder werden dann munter von anderen Usern geteilt, die die Urheber gar nicht kennen. Wer steckt dahinter, will ich deren Ziele überhaupt unterstützen? Ich glaube, dass viele Menschen einfach nicht genau hinschauen. Hauptsache protestieren und streiken.Wir müssen gemeinsam anpacken, müssen gemeinsam wollen, dass wir die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft lösen können. Dazu braucht es ein Umdenken. Deutlich weniger Bürokratie und deutlich weniger mit dem erhobenen Zeigefinger. Firmen wie Privatleute, die investieren wollen, müssen sachlich fair unterstützt und nicht mit unglaublich vielen Bestimmungen, Verordnungen und Anträgen an ihren Plänen gehindert werden.
Überall drückt der Personalmangel. Egal, in welcher Branche. Vieles machen schon heute Maschinen und Roboter. Mc Donalds startet gerade eine Modernisierungsstrategie ihrer Filialen. Mehr Digitalisierung ist das Zauberwort. In der Gastronomie schließen immer mehr Traditionshäuser. Nicht wegen dieser Mehrwertsteuer, nein, sie haben einfach keine Leute, die in der Küche oder im Service arbeiten wollen. Das gute, alte Wirtshaus gibt es nur noch selten. Zusammenhalt und gegenseitige Unterstützung findet nicht selten am Stammtisch seinen Ursprung.
Und denkt an die jungen Generationen
Und denkt an die jungen Generationen. Ich bin seit vielen Jahren im Nachwuchsfußball aktiv. Nein, die oft kritisierte Generation Z ist nicht faul und nein, sie kleben sich nicht alle auf irgendwelche Straßen. Eher auf Kirmesbänke, um gemeinsam zu feiern. Sie sind engagiert, machen sich Gedanken und wollen etwas bewegen. Ja, sie achten vielleicht mehr auf die Work-Life-Balance. Und, ist das so schlecht? Nein, ist es nicht. Moderne Unternehmen haben dies längst bemerkt und stellen fest, dass die jungen Leute gute Arbeit leisten.Wir VfB-Fans reiben uns die Augen
Beim Fußball - ob bei uns im Jugendbereich oder bei meinem Bundesligalieblingsverein VfB Stuttgart zeigt sich: Wer als Team zusammenhält und sich gegenseitig unterstützt, der hat auch Erfolg. Klar, viele Medien reden in erster Linie von Serhou Guirassy. Dass er so viele Tore erzielt, hat aber viel mit der genialen Vorarbeit seiner Mitspieler zu tun. Sie wissen, was sie voneinander haben. Ob Guirassy in Stuttgart bleibt, hängt ganz sicher nicht allein von ihm ab. Da geht es um viel Geld, auch für das Management des genialen Spielers. Wir VfB-Fans reiben uns sowieso verwundert unsere Augen und kneifen uns. Sind wirklich wir auf Platz drei der aktuellen Tabelle? Vor wenigen Monaten waren wir doch fast abgestiegen. Stuttgart zeigt, wie schnell es aus der sportlichen Talfahrt nach oben gehen kann. Machen wir es außerhalb der Sportplätze doch einfach genauso. Natürlich ist das bei den weltpolitischen Herausforderungen ungleich schwerer und leider nicht so real, dass sich so schnell etwas in die gute Richtung ändert.
Es ist nicht die Zeit für Egoismen
Zum Jahreswechsel darf man sich aber was wünschen. An erster Stelle steht die Gesundheit. Was die Entwicklung von Deutschland angeht, so wünsche ich mir: Ganz oben in Berlin, rauft Euch zusammen. Es ist nicht die Zeit für Egoismen. Setzt Euch zusammen, findet gemeinsame, demokratische Lösungen - über den eigenen Horizont hinaus. Mit Weitsicht und so, dass wir Euch folgen können. Nimmt uns mit, und zwar nicht von oben herab. Stellt Euer "Ich" hinten an. Euer permanenter Streit macht uns mürbe und sorgt für die Wut, die so in Deutschland viele Jahrzehnte nicht möglich erschien. Es wird allerhöchste Zeit, diese Zeichen zu erkennen. (Hans-Hubertus Braune) +++