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Markus Pflanz: Ein Trainertyp, der nie ein Blatt vor den Mund nimmt
04.01.24 - Fällt der Name Markus Pflanz, werden bei vielen in Osthessen die Sinne geschärft. Bei Trainern, Spielern und vielen, die mit dem Fußball zu tun haben oder sich dafür interessieren. Selbst, als er jetzt gut ein halbes Jahr nicht in vorderster Reihe und täglich auf dem Rasen stand nach drei Jahren Profi-Fußball in Belgien, fragten sich viele: Was hat er in dieser Zeit eigentlich gemacht? Osthessen|News gibt die Antwort und schlägt quasi ein weiteres Kapitel im Leben des seit dem Silvestertag 48-Jährigen aus Langenschwarz auf.
"Ach Gott. Was hab' ich da gemacht? 'Ne gute Frage", antwortet er. "Überwiegend an der Trainerlizenz gearbeitet. Öfters war ich in Belgien, öfters waren Online-Schulungen. Öfters musste ich Ausarbeitungen machen." Die Rede ist von der UEFA Pro Lizenz, dem höchsten Schein, den ein Fußball-Trainer erwerben kann und der dazu berechtigt, im Profi-Fußball tätig zu sein. Bis Mai noch muss sich der 48-Jährige engagieren, dann hat er den Schein in der Tasche.
Tat das nicht weh, nicht auf dem Platz gestanden zu haben und Trainingsarbeit verrichtet zu haben? "Es fehlt einem schon was", gibt Pflanz zu. Nun gut, einer wie er füllt die Zeit - neben dem Erwerb der Lizenz. Dreimal trainierte er die A-Jugend seines Sohnes Johannes - die A-Junioren des Gruppenligisten JFV Burghaun-Haunetal. "Ansonsten hab' ich viele Spiele angeguckt", ergänzt er. Zweimal war er am Bieberer Berg in Offenbach zu Besuch ("da wurde ich eingeladen"), einige Male bei Heimspielen der SG Barockstadt - und bei diversen Bundesligaspielen.
"Ich mag die Intensität im englischen Fußball"
Auch den lokalen Bezug verlor er nicht. Pflanz weiß, wo er herkommt. "Wenn ich Zeit hatte, war ich beim Heimatverein, der SG Kiebitzgrund/Rothenkirchen. Ob jetzt in Langenschwarz oder in Rothenkirchen. Und bei meinem Sohn auch immer, wenn es gepasst hat." Zudem sah er viel englischen Fußball im Fernsehen. Was er daran so schätzt? "Die ganze Intensität. So etwas mag ich. Lieber intensiven Fußball als dieses Quergeschiebe oder Ballbesitzfußball. Auch für die Zuschauer ist es spannender."Ob es ihm im Kopf rumgegangen sei, vom Profi-Fußball jetzt in der vierten Liga zu landen? Ob ihn dieser Gedanke beschäftigt habe - und wenn ja, wie sehr? Pflanz sieht das so: "Mr ist es wichtig, dass ich in einem professionellen Umfeld arbeiten kann. Und in Aalen ist das gegeben." Und er sieht einen weiteren Aspekt, der den Nagel auf den Kopf trifft. "In Deutschland bin ich halt nicht so bekannt. Das ist kein Geheimnis."
"In Deutschland muss man sich einen Namen machen. Und sich positionieren"
In Deutschland müsse man sich einen Namen machen und sich positionieren. Warum das so ist, das ist und bleibt die Frage. Stimmt etwas mit der Wahrnehmung in Deutschland nicht? Pflanz erklärt: "In Aalen waren die Gespräche gut. Das hat den Ausschlag gegeben." Außerdem habe er sich "nie festgelegt, wo er etwas machen werde und wolle". Es musste zu den Umständen passen, die Lizenz fortführen und beenden zu können. "Und da hat mir Aalen die Chance gegeben." Die Montage sind oft Zeitpunkte der Fortbildung, "und bei einer Hospitation bin ich mal nicht da. Doch dafür habe ich sehr gute Co-Trainer in Aalen."Auch den Aspekt, die passenden Spieler für sein System vorzufinden beim neuen Arbeitgeber, sieht er nüchtern. "Ich bin immer der Meinung, dass die Spieler das vorgeben, was man spielt. Ich kann nicht einer Mannschaft eine Schablone aufdrücken." Heißt also: Habe ich Spieler für Ballbesitzfußball, muss ich das spielen lassen. Und kann nicht Pressing und Gegenpressing spielen.
"Die Begeisterung der jungen Menschen hat absolut nachgelassen"
Die Nähe zum lokalen und regionalen Fußball besitzt er nach wie vor. Was aber viele denken, das spricht er auch aus. Pflanz nimmt nie ein Blatt vor den Mund. "Die Begeisterung für den Fußball hat bei den jungen Menschen absolut nachgelassen. Es sind viele Sachen in den Vordergrund gerückt, die früher weniger Bedeutung hatten. Für meine Generation, die jetzt ein Traineramt hat, ist das schwer nachzuvollziehen."
Früher habe man "halt viel mehr Training" gehabt, "und der frühere Fußball war technisch stärker". Heute seien Spieler in der ersten Mannschaft vorzufinden, "die hätten früher in der Zweiten gespielt. Wenn wir mit über 40 gegen die 20-Jährigen mithalten können - und das locker - da läuft einiges schief", findet Pflanz. Und nicht nur er.
Dass die SG Barockstadt in der Liga spielt, in der auch Aalen vertreten ist, habe bei seiner Entscheidungsfindung keine Rolle gespielt, "null. Ich hab' mir da noch nie Gedanken gemacht, was Leute oder irgendwelche Vereine angeht", sagt er gerade heraus. Am 17. Januar beginnt die Vorbereitung beim 245 Kilometer entfernten VfR Aalen, "ich werde auf jeden Fall ein paar Tage früher losfahren", schließt Pflanz die wie immer kurzweilige Betrachtung ab. (wk) +++