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Wenn beim Benefizkonzert "die ganze Kirche tanzt"
15.01.24 - Ein Ort mausert sich zum neuen Alsfelder Place-To-Be. Ein Musiktrio erobert mit Ostrock im Westsound erneut die Herzen des Publikums und wird gefeiert. Die innerdeutsche Schreckensgrenze ist vor 35 Jahren gefallen – am Samstagabend eröffnete "Bandsalad" das Jubiläumsjahr des Mauerfalls mit einem Benefizkonzert in der altehrwürdigen Dreifaltigkeitskirche zugunsten der Alsfelder Tafel.
Zwei Worte sagen eigentlich fast alles: "Ausverkauft" stand an der Eingangstür, und "Großartig" lautete der allgegenwärtige Kommentar im neuen Alsfelder Kulturzentrum.
Bandleader Jürgen Litzka, Drummer Dennis Dittrich und Gitarrist Niko Seim spielten unter dem Motto "Ostrock trifft Westsound" bereits mehrere umjubelte Konzerte, auch schon in Alsfeld. Aber die Hits der Puhdys, Karat, City, Gundermann, Ute Freudenberg, Nina Hagen und anderen in einer Kirche zu performen, das gab es bisher noch nicht. Da traf es sich gut, dass das Alsfelder Kreativ-Hirn Jürgen Litzka die derzeitige Metamorphose der evangelischen Dreifaltigkeitskirche vom bisherigen Gotteshaus zum Kulturzentrum mitbekam – und kurzerhand dem zuständigen Pfarrer Theo Günther die Idee unterbreitete, seine Combo "Bandsalad" zu einem Konzert in die Kirche zu bringen.
Akustischer Traumort
Man nehme einen akustischen Traumort wie diese Kirche, addiere eine famos aufspielende Band zu einem absolut beeindruckenden Licht- und Farbambiente und veredle das Ganze mit der Spende des Erlöses an die Alsfelder Tafel: das Publikum wusste bereits vorher, dass das Event das Prädikat "einzigartig" verdienen würde.Walter Bernbeck und Mehmet Saglam, die beiden Vorsitzenden der Tafel, freuten sich doppelt über das Neujahrsgeschenk der Band. "Klar, Geld brauchen wir auch, aber dass wir so in die öffentliche Wahrnehmung kommen mit der Arbeit von 100 Aktiven für etwa 900 Kunden, das ist besonders schön!", strahlte Bernbeck gegenüber OSTHESSEN|NEWS angesichts der proppenvollen Kirche.
Pfarrer Theo Günther und Alsfelds Erster Stadtrat Berthold Rinner sahen in dem Event den nächsten Schritt in der erfolgreichen Etablierung des Klosterquartiers zum Kulturzentrum. "So voll bekommen wir die Kirche sonst nicht", räumte Günther in seinem Begrüßungswort ein und ließ die bisherigen gelungenen Veranstaltungen wie eine Lesenacht im hinteren Altarraum unter einem illuminierten Sternenhimmel nicht unerwähnt. Für Berthold Rinner war klar: "Das neue Nutzungskonzept hat ja bereits dazu geführt, dass wir aus Wiesbaden einen Preis in Höhe von 12.000 Euro erhalten haben." Rinner und Vorstandsmitglied Stephan Hanisch vom Freiwilligenzentrum freuten sich darüber, dass das Konzept funktioniert und von den Bürgern angenommen wird.
Nach den fünf Rednern gaben dann endlich die drei Musiker den Ton an. Litzka, Seim und Dittrich sprühten vor Spielfreude und zogen die gespannten (N)Ostalgie-Fans sofort in ihren Bann. Immer wieder erhob sich das Publikum bei schnelleren Stücken tanzend von den Sitzen, während bei den getragenen Songs etliche Handylichter aufleuchteten.
Tolle Lichtkomposition
Ein besonderes Kompliment verdiente übrigens die Lichtkomposition von Powerplay, vertreten durch Nils Rothley: Kirchenschiff, Wände und Decke waren sehr einladend in Szene gesetzt. Man hatte ein feines Händchen dafür bewiesen, eine unsichtbare Grenze nicht zu überschreiten: aus der Kirche wurde keine Disco gemacht, sondern das Charisma und die Würde des Hauses kamen zur vollen Geltung. Das Gleiche gilt für die kleine Bar zur Snack- und Getränkeversorgung im Eingangsbereich. "Halt! Hier Grenze" – das unterhalb der Kanzel befindliche Originalschild des Bundesgrenzschutzes war bei diesem Konzert ein bisschen mehr als nur Dekoration.Ein Lied verdiente sich themenspezifisch seinen Sonderplatz in der Setliste: Westernhagens "Freiheit" verfehlte seine Wirkung beim Publikum ebenso wenig wie die üblichen Stimmungsraketen wie "Alt wie ein Baum" oder "Über sieben Brücken musst du gehen".
Das Fazit eines glücklichen Jürgen Litzka nach dem Konzert: "Dieser Abend war für uns eine großartige, eine ganz neue Erfahrung. Viele Lieder bekommen in so einem Ambiente, das übrigens von einem großen Team an Helfern komplett ehrenamtlich geschaffen wurde, einen anderen Tiefgang. ‚Was bleibt sind Freunde!‘ – ein Song wie extra geschrieben für den Abend, da musste man eine Gänsehaut bekommen!", schwärmt der Musiker.
"Wenn die Leute auf den Bänken stehen und gefühlt die ganze Kirche tanzt, kann man das als Künstler kaum beschreiben. Niko und Dennis entwickeln neben mir ihre Freiheit bei der Interpretation der Stücke, das fühlt sich einfach prächtig an, denn wir wollen ja bewusst keine Liedkopien spielen! Als Band hatten wir nach vielen tollen Feedbackgesprächen ganz klar den Eindruck: wir sind endgültig als Bandsalad angekommen!" (Gerd Ochs) +++