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Tarek Al-Wazir und sein umstrittenes "Abschiedsgeschenk" an Uttrichshausen
20.01.24 - "Schlechter Verlierer trifft schlechte Entscheidung!" - Der ehemalige hessische Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen Tarek Al-Wazir (Bündnis90/Die Grünen) hat kurz vor seinem politischen Aus die Planfeststellungsbeschlüsse unterzeichnet. Diese umfassen unter anderem die Erweiterung der Tank- und Rastanlage Uttrichshausen West an der A7. Der Alternativvorschlag der Gemeinde wurde abgelehnt. Damit ist klar: Die Rastanlage rückt deutlich näher an den Ort - eine Entscheidung, die auf völliges Unverständnis stößt und für die Gemeinde Kalbach ein "überraschender Schlag ins Gesicht" ist. Nun hagelt es Kritik von allen politischen Seiten.
Das Ministerium schreibt in ihrer Pressemitteilung über den Beschluss: "Im Rahmen des Planänderungsverfahrens wurde auch ein ortsferner Alternativstandort geprüft, dieser aber insbesondere aufgrund zusätzlicher Eingriffe in einen als Landschaftsschutzgebiet klassifizierten Wald sowie zusätzliche Flächenversiegelungen verworfen."
MdB Michael Brand (CDU): "Beispiel dafür, warum die Grünen eine Belastung geworden sind"
Vor allem MdB Michael Brand (CDU) und MdL Sebastian Müller (CDU), die bereits seit einiger Zeit diese geplante Raststättenerweiterung begleitet haben und mit der Gemeinde Kalbach im Gespräch standen, werden in ihrer Kritik deutlich. Für Brand könne die von Al-Wazir auf den letzten Drücker und gegen die Kommune und deren Bürger getroffene Entscheidung nur folgendermaßen beschrieben werden: "Schlechter Verlierer trifft schlechte Entscheidungen". "Wenn es noch einen Beweis gebraucht hätte, warum die Grünen in der Koalition auch zu einer Belastung geworden sind, dann zeigt es dieses Vorgehen. Wer weiß, was den scheidenden Minister getrieben hat, eine solche Fehlentscheidung zu treffen. Aber dafür gibt es in der Demokratie ja den Wechsel, auch um schlechte Entscheidungen zu korrigieren", betont er gegenüber OSTHESSEN|NEWS und führt weiter aus: "Denn die Variante der Gemeinde Kalbach war in mehrerer Hinsicht deutlich besser. Und deshalb werden wir darauf drängen, dass diese Entscheidung des Ministers zurückgenommen wird. Denn die Variante der Gemeinde Kalbach bringt weniger Belastung durch Lärm und anderes für die Gemeinde Uttrichshausen, die Rastanlage ist weiter vom Ort entfernt und die Kosten sind auch noch niedriger. Wir werden jedenfalls mit den kommunalen Verantwortlichen und mit der neuen Landesregierung auf eine für alle Beteiligten tragbare Lösung drängen."
MdL Sebastian Müller (CDU) : "Entscheidung nicht nachvollziehbar"
Für MdL Sebastian Müller ist die Entscheidung angesichts der bereits existierenden Belastung im Ort nicht nachvollziehbar. "Uttrichshausen ist bereits heute durch die Talbrücke erheblichen Belastungen ausgesetzt. Die anstehende Sanierung wird für die Bauzeit zusätzliche Beeinträchtigungen verursachen. Diese Gesamtbelastung ist bei der Beurteilung der Erweiterungsoptionen der Tank- und Rastanlage nicht ausreichend berücksichtigt worden", bemängelt Müller. "Bei mehreren Ortsterminen und im Gespräch mit dem Ortsvorsteher und der Gemeinde Kalbach konnte ich mir persönlich ein gutes Bild der bestehenden beiden Optionen machen. Ich halte es für einen Fehler, die ursprüngliche Variante zu verfolgen und hätte es begrüßt, wenn die Variante der Gemeinde Kalbach genehmigt worden wäre. Das hat vor allem folgende Gründe: Die nun genehmigte Variante belastet Uttrichshausen hinsichtlich der Emissionen, insbesondere durch Lärm und Lichtverschmutzung. Außerdem rückt die Rastanlage erheblich näher an den Ort heran, als dies bei der Alternativvariante der Gemeinde der Fall gewesen wäre. Die Alternativvariante hat in einer Kostenschätzung zudem niedrigere Baukosten ergeben. Eine Flächenverfügbarkeit, der von der Gemeinde präferierten Variante, war auch gegeben. Den Zeitpunkt der Genehmigung kurz vor Ende der Legislaturperiode kritisiere ich ausdrücklich!"
Bürgermeister Mark Bagus (parteilos): "Ein Schlag ins Gesicht. Transparenz sieht anders aus."
Bei der Gemeinde Kalbach wird der Unmut über diese Entscheidung eindeutig. Bürgermeister Mark Bagus (parteilos) erklärt dazu auf O|N-Nachfrage: "Das Verfahren begleitet uns schon eine ganze Weile. Unser Alternativvorschlag führte vom Ort weg und beinhaltet somit keine Belastung für den Ort, der eben schon wegen der Autobahn mitten durch den Ort überfrachtet ist. Es handelt sich um eine Wiesenfläche der Gemeinde, die wir als bessere Variante erachtet haben. Der ehemalige Minister hat jetzt anders entschieden. Es hieß, die Entscheidung kommt in Richtung Frühjahr, doch dass sie jetzt kurz vor dem Führungswechsel kommt, ist überraschend. Wir wissen nicht, was diese Entscheidung am Ende ausgelöst hat. Wir sind enttäuscht, da wir stets bemüht waren ins Gespräch zu kommen." Die Entscheidung sei unzweckmäßig, so der Verwaltungschef. "Man sollte es nochmal mit der neuen Regierung diskutieren, denn es ist für uns als Gemeinde einfach ein Schlag ins Gesicht, dass wir so ein Abschiedsgeschenk bekommen. Wir sind überrascht und enttäuscht - Transparenz sieht anders aus."
Nun muss die Gemeinde umplanen und neue Schritte gegen diese Entscheidung treffen. "Wir waren guter Dinge, eine Lösung zu finden. Jetzt müssen wir den Beschluss neu auswerten und möglicherweise auch juristisch vorgehen. Nichtsdestotrotz wollen wir davor gemeinsam mit den Abgeordneten versuchen, mit der neuen Regierung Gespräche zu führen. Wir müssen dafür sorgen, die Bevölkerung zu entlasten, denn diese Entscheidung ist eine Sache für ewig. Da hilft auch kein Lärmbelästigungsschutz."