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Leistungssport Kochen: Sarah Braun macht im Olympia-Team die Desserts
30.01.24 - Vom 2. bis 4. Februar treten in Stuttgart Koch-Nationalmannschaften aus aller Welt bei der Olympiade gegeneinander an. Im deutschen Team: Sarah Braun aus Hofbieber, Chef-Patissière beim Restaurant "Goldener Karpfen" in Fulda. Für die 28-Jährige sind hochkarätige Wettbewerbe wie Leistungssport - und helfen, im normalen Berufsalltag einen kühlen Kopf zu bewahren.
Auf der "Intergastra", der Leitmesse für Hotellerie und Gastronomie, werden im Rahmen der IKA/Olympiade der Köche mehr als 7.000 Menüs zubereitet und angerichtet, 24 Nationalmannschaften kämpfen um die Gaumengunst der Jury. Im deutschen Nationalkader, der vom Verband der Köche Deutschlands gestellt wird, sind 30 Profiköche aus ganz Deutschland. Braun hat es in die Auswahl geschafft: Fünf Köche und eine Konditorin werden vor Ort erst ein Sieben-Gänge-Menü für zwölf Personen und dann ein Drei-Gänge-Menü für 110 Personen zaubern.
Talente aus ganz Deutschland
Braun hat mit 16 Jahren ihre Ausbildung im "Goldenen Karpfen" begonnen und bereits im zweiten Lehrjahr den Wehner-GROMA-Pokal gewonnen. Küchenchef Matthias Klein-Arndt erkannte das Potenzial der Nachwuchsköchin und meldete sie beim Dreiländereck-Kochwettbewerb 2013 an. Nach dem Gewinn der hessischen Landesmeisterschaften kam die Einladung, in der Nationalmannschaft zu kochen: "Das ist wie beim Fußball - wer sich da in den unteren Ligen empfiehlt, macht Talentscouts auf sich aufmerksam. Die deutsche Nationalmannschaft ist bunt zusammengewürfelt mit Talenten aus dem ganzen Bundesgebiet. Vor allem Bayern ist stark vertreten. In Osthessen gibt es nur eine Handvoll Spitzenbetriebe - die beiden anderen Hessen im Nationalteam kommen aus Frankfurt am Main."
Um von Trainer Mike Wieser und Teamkapitänin Anne Kratz aus dem Kader ins Team für die Olympiade gewählt zu werden, braucht es vor allem eins: Belastbarkeit. "Wir kochen vor Publikum, in einer Glasbox. Das Sieben-Gänge-Menü für zwölf Personen erlaubt uns fünf Stunden Kochzeit und drei Stunden Servicezeit - das ist viel weniger als in der normalen Gastronomie. Deswegen sind Teamarbeit und Koordination extrem wichtig. Die Kadermitglieder treffen sich deshalb einmal im Monat, um auf Wettbewerbsvorgaben hin zu trainieren. Außerdem treffen wir uns online per Videochat, um uns auszutauschen. Bei der Olympiade macht der Geschmack 50 Prozent der Punktzahl aus, der Rest ist vor allem die Tellersprache. Aber auch Kriterien wie Nachhaltigkeit spielen heute eine Rolle bei Wettbewerben: Lebensmittelverschwendung muss vermieden werden, aus den Fischkarkassen ziehen wir etwa noch den Fond."
Funktionieren unter Leistungsstress
Das Funktionieren unter Leistungsstress bei Wettbewerben bringt der Patissière mehr Gelassenheit im Arbeitsalltag: "Im Sommer haben wir im Goldenen Karpfen schon mal 100 Essen zubereitet. Da bin ich inzwischen viel ruhiger geworden. Außerdem kann man viel von der internationalen Konkurrenz lernen - ob bei Wettbewerben oder natürlich auf Instagram, das ist inzwischen unerlässlich für die Ideenfindung."
Meisterschaftspokale erleichtern die Bewerbung ungemein, aber: "Trotz Fachkräftemangel in der Branche sind die Anforderungen in guten Häusern hoch. Durch die Veröffentlichung in verbandsinternen Magazinen wird man zwar bekannt - aber am Ende braucht man gute kulinarische Ideen, mit denen man Gästen etwa am Valentinstag etwas Besonderes bieten kann. Dafür steht man in Kontakt mit vielen Kollegen aus dem In- und Ausland und tauscht sich aus. Das ist das Schönste am Beruf: die ständige Weiterentwicklung und neue Trends, etwa vegane Pralinen." (mau) +++