Stefan Bürger, Pfarrer an der Fuldaer Kreuzkirche. ist besonders social-media-affin. - Fotos: Privat

FULDA Kontakt zu den Menschen

Pfarrer Stefan Bürger avanciert zum Internet-Star - Glaube im Vordergrund

03.02.24 - Stefan Bürger, 55 Jahre alt und Pfarrer an der Fuldaer Kreuzkirche, ist nicht nur von der Kanzel seiner Kirche in Neuenberg bekannt, sondern auch auf sozialen Plattformen wie Facebook, Instagram und TikTok sehr aktiv. OSTHESSEN|NEWS sprach mit dem 55 Jahre alten Social-Media-Pfarrer über Bekanntheit im Netz, den Weg dorthin und den Glauben bei jungen Menschen.

"Auf Facebook bin ich am längsten - so etwa zwölf Jahre", erinnert sich Bürger. "Durch meine damalige Beauftragung für Öffentlichkeit im Kirchenkreis Fulda und durch meine Kinder kam ich dazu, eröffnete einen Account und nutzte ihn als Medium, um Aktuelles und Informatives zu posten." Damals hatten laut Bürger fast alle Konfirmanden Facebook-Accounts. "Heute hat das keiner mehr. Mit meinem Sohn Malte habe ich damals einen kleinen Vertrag geschlossen, was er darf und was nicht, er war damals auch Teil der Konfi-Gruppe", so Bürger.

Mit dem Alter seiner Kinder vergrößerte sich auch die Zahl der Social-Media-Kanäle. "Irgendwann habe ich mir von meinen Kindern Instagram erklären lassen, später auch von einzelnen Konfis: Wie geht eigentlich eine Story, ein Reel und mehr. Auch Snapchat habe ich, nutze ich aber gar nicht. Manches erschließt sich mir da nicht. Vielleicht bin ich dafür auch zu alt", schmunzelt er. "Wenn ich mal etwas über meine Familie schreibe oder sie mit auf dem Bild sind, frage ich sie vorher. Ich möchte nicht peinlich privat sein, aber doch nahbar und persönlich." Er selbst nutzt soziale Netzwerke - aber nicht im Überfluss. "Ich versuche abends nach 19 Uhr nicht mehr in Social-Media zu sein. Auch nicht montags, wenn ich frei habe - und auch nicht im Urlaub. Manchmal scrolle ich auch so durch, zur Sucht darf es aber nicht werden", so Bürger.

Schub durch die Corona-Pandemie

Die Corona-Pandemie hat der Kreuzkirche einen Schub gebracht: "Wir fingen an, einen eigenen YouTube-Kanal zu betreiben. Ich drehte kleine Videos. Wir begannen den Gottesdienst zu streamen, hielten Zoom-Gottesdienst als Vorstellungsgottesdienst mit Konfis. Ich ließ mich durch einen Schauspieler ein wenig schulen, der in der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) hauptsächlich in der Arbeit mit Vikarinnen und Vikaren unterstützt. Er gab mir ein Kameratraining, das mir super geholfen hat. In die Kamera schauen, nicht so viele 'Ähs', freier reden und vor allen Dingen: Authentisch bleiben. Das hat mir auch für die nichtdigitalen Formate geholfen, eben nicht bei der Predigt an die Kirchendecke zu schauen, sondern die einzelnen Menschen zu sehen", so Bürger.

"Facebook ist bei Konfis out, Insta noch wichtig, aber viel cooler ist TikTok. Das lasse ich mir von den Jugendlichen zeigen und erklären. Ist doch auch mal eine gute Rolle als Pfarrer, nicht immer den 'Erklärbär' spielen zu müssen, sondern selbst Lernender zu sein. Und die Konfis kriegen auch große Augen, wenn dann plötzlich 30.000 Likes bei einen TikTok-Beitrag zu finden sind. Das ist auch ein Stück Würdigung und Wertschätzung der Konfis, die mir ja zum Teil die Tänze beigebracht haben und auch mit meinem Handy filmen und technisch arrangieren", erzählt der Pfarrer.

"Machen wir doch mal selbst ein TikTok"

"Als auf einer Konfi-Fahrt in 2022 die Konfis dauernd in TikToks schauten, sagte ich: Machen wir doch auch mal ein TikTok. Jeder durfte und keiner musste. Eine kleine Gruppe hatte Lust, einige von denen sind jetzt Teamerinnen im jetzigen Jahrgang. Beim letzten Jahrgang war auch 'BeReal' ein großes Thema. Das habe ich mir dann auch heruntergeladen und genutzt und sogar die Konfirmationspredigt dazu gehalten. Danach hatte ich keine Lust mehr darauf und ich habe es gelöscht", so Bürger. Bei seinem jetzigen Konfirmanden-Jahrgang gebe es eher Zurückhaltung bei TikTok.

"Ich habe ein privates IPhone, damit geht das alles", so der Pfarrer über seine Ausrüstung. Ein Ansteckmikrofon und ein Stativ für die Kirche ist seine Ausstattung für kleine Filme. "Bei Youtube haben wir Streaming-Hard- und Software. Gerade überlegen wir, wie wir das Angebot mit einer weiteren hochwertigen Kamera noch spannender machen können. Ob es klappt, ist noch nicht klar. Technisch versierte Menschen unterstützen mich da, denn es ist echt komplex und manchmal frage ich mich: Was treibe ich eigentlich da? Im nächsten Leben werde ich Ingenieur", sagt er mit einem Lachen. Der YouTube-Kanal der Kreuzkirche: Evangelische Kreuzkirche Fulda ist unter https://www.youtube.com/channel/UCb0f422H6PD1chvsLfMh8MA zu finden.

500.000 Klicks auf ein Video

Laut Pfarrer Bürger ist die Kreuzkirchen-Gemeinde "sehr jung". "Ich bin gar nicht so sicher, ob eine große Menge an älteren Gemeindemitgliedern etwas von den Social-Media-Aktivitäten mitbekommt. Aber ich hörte auch schon von Großeltern von Konfis, die den Großeltern die TikToks zeigten und diese es super fanden. Wenn junge Menschen begeistert sind, lassen sich auch Ältere begeistern, zumindest dann, wenn ihnen Junge am Herzen liegen", konstatiert der Pfarrer. "Öffentlichkeit ist wichtig, das weiß der Kirchenvorstand und sie sind auch froh, dass ich da ganz gut unterwegs bin - für die Kirche insgesamt und für die Kreuzkirche auch." Manche Kirchenvorstandsmitglieder seien selbst digital aktiv. Manche seien dennoch überrascht gewesen, dass eines von Bürgers TikTok-Videos 500.000 Klicks bekam.

Woher nimmt Stefan Bürger die Inspiration für seine Videos? "Ich bin voller Ideen, manchmal habe ich sogar zu viele. Beim Joggen kommen mir auch oft Ideen. Aber ich bin ruhiger geworden und weiß, dass ich nicht alle Ideen auch umsetzen kann. Eigentlich beschreibe ich in meinen Posts, kleinen Videos oft meine Arbeit, erzähle, was ich tue, was mir wichtig ist in meinen Beruf als Pfarrer. Authentizität ist wichtig. Ich mache das nicht, weil es alle machen, sondern weil ich eben ein öffentliches Amt habe und damit selbstverständlich auch in öffentlichen Medien präsent bin", sagt er.

Auch im persönlichen Dialog bleiben

"Ich möchte den Dialog mit Menschen und dafür brauche ich unterschiedliche Kanäle: persönlichen Kontakt, per handschriftlichen Zeilen zum Geburtstag, Gemeindebrief oder über Social Media. Es gibt immer wieder Menschen, die mir über Facebook- oder Insta-Messenger dienstliche Anfragen schicken. Anfangs hat mich das genervt, weil es mich zum Teil in meiner Freizeit oder im Urlaub erreichte", so Bürger. "Jetzt verstehe ich: Dieses Medium ist ein schnelles Medium, was sich eben für Anfragen wie Taufen, Trauungen oder sogar Trauersituationen eignet. Man hat den schnellen Zugang zum Pfarrer, da geschieht auch so etwas wie Augenhöhe. Weil ich mich aber auch abgrenzen muss, lese ich es eben im Urlaub und an freien Tage nicht und reagiere erst, wenn ich wieder arbeite."

Laut Bürger erleben die Menschen auf diese Art etwas von einer "frischen Kirche". "Uns ist es in der EKKW wichtig, neue Kontaktflächen zu schaffen und raus aus unserer Bubble zu kommen. Das tue ich mit Social Media absolut. Ich kann Veranstaltungen bewerben und beispielsweise auch auf Spenden hinweisen. Twingle ist der Dienstleister der EKKW, den wir schon einige Zeit intensiv nutzen, zum Beispiel auch beim Fuldaer Weihnachtssingen", sagt der Pfarrer.

Stefan Bürger ist mit Maren Bürger, Grundschullehrerin in Künzell, verheiratet. Die beiden Kinder Malte (25 Jahre) und Berit (22 Jahre) wohnen nicht mehr zuhause. "Ich jogge zwei-, dreimal die Woche und war 2005 beim Marathon in Berlin dabei. Bis heute bestreitet er kleine Wettkämpfe bis zu 21 Kilometern (Halbmarathon). Außerdem fahre ich gern Alpin-Ski, lese Krimis, esse super gern, koche auch regelmäßig, bin Fußball-Bayern-Fan, schaue hier regelmäßig im Fernsehen Spiele, treffe mich gern mit Freundinnen und Freunden, auch zusammen mit meiner Frau. E-Bike fahren finden meine Frau und ich auch super, beispielsweise im Urlaub am Tegernsee oder an der Ostsee", sagt Pfarrer Stefan Bürger.

Bei allen Social-Media-Aktivitäten gehe es ihm nie um Selbstdarstellung, sondern um die Sache: um Glauben, um Zweifel und um Hoffen. "Das funktioniert aber eben über Menschen und in dem Fall über mein Gesicht oder andere Menschen, mit denen wir im Team zusammenarbeiten, nicht über Stock-Fotos. Den Insta-Kanal betreut auch Julia Nöthel, eine unserer Jugendreferentinnen, mit. Es zeigt, dass wir hier gemeinsam unterwegs sind, multiprofessionell." Das sei auch die Zukunft der Kirche: Weg von der Pfarrerzentriertheit hin zum gemeinsamen "Wir". (Christopher Göbel) +++


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