Ein Blick in Kinderaugen sagt mehr als 1000 Worte - Fotos: Carina Jirsch

FULDA Ein Impuls zur passenden Zeit

Frischauf-Ringer beleben Kinderturnen - Karsten Linn als Kopffigur

17.02.24 - Kinder räkeln sich. Kinder rutschen auf dem Bauch. Kinder bewegen sich. Kinder sind stolz darauf, dies machen zu können in einer Gesellschaft, die nicht so furchtbar oft an sie denkt. Mit Eifer, Begeisterung und Freude bewegen sie sich. Kinder strahlen. Sie strahlen um die Wette. Kinder fühlen sich wohl in ihrer Haut. Ihre Augen leuchten. Kinder zeigen Begabung zur Motorik. Sie spielen mit ihrer Koordination. Kinder laufen im Parcours. Es ist Zeit für Kinderturnen. Dreijährige machen auf sich aufmerksam. In der Halle der Geschwister-Scholl-Schule in Ziehers Nord. Der Verein, der diesen Impuls gibt, ist die Ringer-Abteilung von Frischauf Fulda. 

Karsten Linn und Zaira Veliev

Ab auf die Langbank

Lasst sie sich bewegen. Einfach bewegen. Das riecht nach Koordination und Motorik ...

Donnerstags um 17 Uhr treffen sie sich hier für eine Stunde. Karsten Linn, mehrfacher Hessenmeister im Ringen, gibt den Vorturner. Er macht alles vor, alles mit und gibt den Ton an. Es scheint, als lege er großen Wert darauf, dem jungen Nachwuchs die vielfältigen und facettenreichen Übungen nahezubringen und zu vermitteln. Sie kindgerecht darauf vorzubereiten, was die Kids - die, wenn nötig, von Mama oder Papa begleitet werden - erwartet.

Karsten Linn ist während der Übungszeit so in seinem Element, dass er zunächst nicht zu einem Gespräch greifbar ist. Das übernimmt Inaa Ackermann, die Linn bei seiner Arbeit unterstützt. Auch Zaira Veliev, Victoria und Tatjana tun dies nach Kräften. Heraus kommt eine bereitwillige, bunte Gruppe, die - so scheint es - ihr Herz hier verloren hat. Sie sind bereit zum Geben und Nehmen. Freude spricht aus ihren Gesichtern, dass ihre Umtriebigkeit und ihr Tun so gut angenommen werden. 

"Unsere Kinder gehen hier zum Ringen" - wer schafft den Sprung?

"Unsere Kinder gehen hier zum Ringen", erklärt Inaa. Sie meint die der Helferinnen. Das sind Maxim, Kristian, Marc, Milana und Valid. Das Kinderturnen soll als Vorstufe dazu dienen, dass die Kids den Sprung zum Ringen wagen. Und schaffen. Nach dem Motto: mal sehen, wer sich dafür eignet. Schon im vergangenen Jahr gab Frischauf den Impuls des Kinderturnens; das aber wurde mit der Zeit etwas laut und unübersichtlich.

Die älteren Kinder, die sich bereits dem Ringen widmen, sind auch vor Ort und nehmen irgendwie am Geschehen teil. Hier, wo die Welt noch in Ordnung ist. Wie ein Familienunternehmen kommt das Ganze rüber. Wie ein Miteinander, in dem ein Rädchen ins andere greift. Haben sich die Leute etwa gesucht und gefunden? Fast scheint es so. "Die Kinder, die hier beim Turnen mitmachen, sind ab Drei. Da dürfen sie hier anfangen. Bis sie sieben sind, dürfen sie mitmachen", schiebt Inaa nach. 

Drei Gruppen bietet Frischauf im Ringen an: eine Anfänger-Gruppe ab 5 Jahren, die für Fortgeschrittene (die also schon länger dabei sind), und eine Perspektivgruppe (von 12 bis 16). Ab 16 dürfen sie in der Männer-Mannschaft mitmachen. Und die steht auf Platz eins in Hessen. Harte Arbeit zahlt sich aus, mag man denken. Oder von nichts kommt nichts.

Die Kids, die sich hier dem Spiel- und Bewegungstrieb hingeben, kommen überall her. Natürlich aus dem nahen Ziehers-Nord. Aber auch aus ganz Fulda. Inaa reist aus Gläserzell an, Zaira aus Großenlüder. Für Inaa ist es hilfreich, dass sie sich selbst in Fitness übt. Sie läuft regelmäßig, zu Hause macht sie Krafttraining. Allerdings scheint sie zu wissen, wo sie hingehört. "Das hier ist unser zweites Zuhause." Die ganze Woche ist sie mit Familie und Kids unterwegs. Von Dienstag bis Freitag haben sie die Halle der Geschwister-Scholl-Schule in Beschlag genommen, nur montags nicht; da ist Krafttraining in der Sturmius-Schule in Kohlhaus. 

Den nächsten Fakt sollten sich viele in Fulda gut vor Augen führen: Kinder und Jugendliche aus sage und schreibe 40 Nationen beteiligen sich an der Arbeit der Ringer-Abteilung von Frischauf Fulda. Die Frage, wer das eigentlich weiß, weicht schnell Zaira Velievs Worten. Die hat eine ebenso einfache wie treffende Antwort auf die Frage parat, warum das hier und an dieser Stelle in der Vereinsarbeit so gut klappt - wo sich die Gesellschaft in Deutschland doch so schwertut im Miteinander und Zusammenwachsen von Migranten. "Wenn es oben so gut klappt, klappt es auch unten."

Endlich kommt auch Karsten Linn um die Ecke. Seit Jahren ist er so eine Art Integrationsfigur bei Frischauf. Einst fing er beim ASV Fulda an mit dem Ringen, war beim RSC neun Jahre als Trainer tätig - ehe er bei Frischauf landete. Seit fünf Jahren ist er hier - und gründete die Ringer-Abteilung gemeinsam mit Jamal Veliev. 

Karsten Linn, der seinen ersten Hessenmeister-Titel 1979 in Darmstadt holte, hat einen plausiblen Grund parat, warum er Frischauf sein Herz geschenkt hat und all dies mit einem solchen Aufwand betreibt. "Weil ich verrückt bin", sagt er trocken. All jene, die ein derartiges Engagement beherzigen, wissen, dass Dritte sofort das Etikett "positiv" hinzufügen. "Ich bin fünf Tage in der Woche hier. Und Samstag und Sonntag auf Turnieren unterwegs."

Verständlich, dass sich Karsten Linn gerne an Fakten orientiert, die das Ringen bei Frischauf vorantreiben. "Im vergangenen Jahr ist es uns gelungen, vier Kinder zum Ringen zu bringen." Das sind: Michael Tomas und sein Bruder Sascha, Ruslan Veliev (2. der Deutschen Meisterschaften 2023) und Leon Sheblan. 

Ach ja, zur Arbeit von Fuldas Vereinen. Wer was tut und leistet, unter welchen Umständen, wie deren Arbeit zu beurteilen ist und wer Unterstützung verdient - welcher Art auch immer - da scheint es in der Dom- und Barockstadt enormes Verbesserungspotenzial zu geben. Sportliche Themen sind auch gesellschaftliche Themen. (wk) +++


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