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Gemeinde lässt abstimmen, ob August-Rosterg-Straße umbenannt werden soll
22.02.24 - Die August-Rosterg-Straße in Neuhof war Thema in der jüngsten Sitzung der Gemeindevertretung. Der Unternehmer Rosterg unterstützte in den 1930er Jahren früh Hitlers Aufstieg. Angesichts des Geheimtreffens Rechtsextremer in Potsdam und den Recherchen des Netzwerks "Correktiv" hatten die Grünen in Neuhof erneut eine Umbenennung zur Sprache gebracht.
Seit fünf Jahren beschäftigt der Name einer Straße die Neuhofer Gemeindevertreter: Es geht um August Rosterg und seine Verbindungen zum Nazi-Regime. Warum die Straße umbenannt werden sollte, erläuterte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Josef Benkner mit Blick auf dessen Biografie: "August Rosterg war von 1916 bis 1945 Generaldirektor der Wintershall AG, die er zum größten deutschen Kalikonzern umbaute", erläuterte Benkner.
Rosterg habe die parlamentarische Demokratie abgelehnt und sich den Nationalsozialisten zugewandt. "Er nahm nachweislich an Beratungen für Hitler teil und war Mitglied im ,Freundeskreis Reichsführer SS Himmler‘", so der Fraktionsvorsitzende. Insgesamt werde Rosterg eine "eher bedenkliche Einstellung zum Nationalsozialismus" unterstellt.
Es wäre nicht die erste Umbenennung
"Eine Straße nach jemandem zu benennen, ist ja eigentlich eine Ehre", erläuterte Benkner und verwies darauf, dass auch in Heringen einst eine Straße nach dem Unternehmer benannt war. Dort wurde die August-Rosterg-Straße im Jahr 2014 in Knappschaftsstraße umbenannt.Das soll auch in Neuhof passieren, sagte Benkner: "Wir können das nicht beiseite wischen, was wir hier in Neuhof für eine Person ehren." Er schlug vor, die Straße stattdessen zu Ehren der Holocaust-Überlebenden Esther Bejarano zu benennen.
Bürgermeister Heiko Stolz (CDU) verwies auf einen ähnlich lautenden Antrag der Grünen aus dem Februar 2022, der mit der Bitte um Prüfung in den Gemeindevorstand verwiesen worden war. Auch schon 2019 hatten die Grünen einen Antrag gestellt, der die Umbenennung prüfen sollte.
Thema in der Verwaltung auf dem Tisch
Man habe sich sowohl mit dem Geschichtskreis beraten als auch mit der Gemeinde Heringen, erklärte der Bürgermeister in der jüngsten Sitzung. Das Thema sei noch immer in der Verwaltung auf dem Tisch, sagte Stolz und bat darum, der Verwaltung noch Zeit für die Bearbeitung zu geben.Der CDU-Fraktionsvorsitzende Michael Vogel betonte: "Neuhof liegt nicht nur in der Mitte Deutschlands, sondern auch in der politischen Mitte." Er regte an, in diesem Fall das Votum der Anlieger abzuwarten. Dem schloss sich Frank Vogel (Bürgerliste Neuhof) an.
Benkner wiederum betonte, dies sei ein neuer Antrag, denn auch die Bundesrepublik habe sich in den vergangenen zwei Jahren verändert. "Neuhof steht in der Kritik, ein braunes Dorf zu sein", sagte er und hinterfragte, ob man in diesem Fall die Bürger fragen müsse.
SPD fordert Zeitplan für Gespräche
Die SPD-Fraktionsvorsitzende Petra Hartung erklärte, es wäre schön, von der Gemeinde einen Zeitplan zu erhalten, bis wann mit den Bürgern gesprochen werde. Sie erklärte jedoch, dass nicht über deren Köpfe hinweg entschieden werden solle. "Das wäre politische Willkür", fügte CDU-Mann Vogel an.
Der Erste Beigeordnete der Gemeinde, Franz Josef Adam (CDU), erinnerte daran, dass die Straße in den 60er Jahren schon einmal umbenannt worden war. Damals habe er mit Anwohnern gesprochen, die gesagt hätten: "Es wäre schön, wenn man mal gefragt würde."
Das soll nun geschehen: Wie Bürgermeister Stolz sagte, sollen in den nächsten Wochen Anwohner und Eigentümer in der August-Rosterg-Straße angeschrieben werden. In der Straße stehen etwa 40 Häuser – Einfamilien- und Mehrfamilienhäuser. Drei Optionen stehen zur Wahl: Ja oder Nein zur Umbenennung sowie ein Nein – aber der Errichtung einer Infotafel, auf der die Rolle Rostergs thematisiert wird. Bis September dieses Jahres soll das Ergebnis vorliegen. (Hanna Wiehe) +++