Torsten Kischporski (links) und Christof Füller in Fulda-Lüdermünd - Fotos: Marius Auth

FULDA Keine Kapriolen!

Nicht so tief, Rüdiger! Vom Marketing-Gag zum Internet-Phänomen

27.02.24 - Virales Marketing schafft ganz eigene Helden - so wie Christof Füller und Torsten Kischporski, die ab 2010 fürs Grebenhainer Traditionsunternehmen Robbe Modellsport in Youtube-Videos als Modellbau-Nerds Klaus und Rüdiger auftreten. Das Internet feiert die Kultfiguren - immer noch.

Modellbau ist ein teures Hobby - und so waghalsig, wie Rüdiger den roten ferngesteuerten Flieger lenkt, kann das nur schiefgehen. "Nicht so tief, Rüdiger! Keine Kapriolen!", ruft der väterliche Modellbaufreund Klaus - inzwischen geflügelte Worte, die im deutschen Kulturbewusstsein irgendwo zwischen "Warum liegt hier Stroh rum?" und "Bruder, muss los!" verankert sind und als Wiedergänger seit inzwischen 13 Jahren Spießertum und Unbeholfenheit auf die Schippe nehmen.

Christof Füller alias Klaus

Ortstermin in Fulda-Lüdermünd. Hier ist sie, die Wiese, in die Rüdiger beinahe den Flieger crasht, wo Klaus, oft der Verzweiflung nahe, zuschauen muss, wie der jugendliche Hallodri seine in liebevoller Kleinarbeit gebastelten Modelle malträtiert. Füller und Kischporski haben extra einen Modellflieger mitgebracht, die charakteristische Kluft aus den Videos ist schon vor Jahren in die Altkleidersammlung gewandert: "Wir sind damals extra ins C&A einkaufen gegangen - und in den früheren Bundeswehrshop in Fulda. Kariertes Hemd, Weste, Sonnenbrille, an der Kasse die Frage: 'Wollt ihr 'nen Porno drehen?' Aber die Kleidung war ungeheuer wichtig, um in die Rolle zu finden - und um anonym zu bleiben", erklärt Füller.

"Geschickt eingefädelt"

Torsten Kischporski alias Rüdiger

2010 wagt sich der Modellbau­hersteller Robbe auf Marketing-Neuland: Durch eine virale Kampagne mit zwei nerdigen Protagonisten will das Traditionsunternehmen aus Grebenhain das altbackene Image aufpeppen. "Das war schon geschickt eingefädelt: Klaus, der ewige Junggeselle, der Pedant - und Rüdiger, der mit Blondine und Protzkarre quasi am anderen Ende des Spektrums zu finden ist. Mit dem Youtube-Content sollten die Leute angefixt werden - und erst am Ende sollte aufs Unternehmen verwiesen werden", erklärt Kischporski, der beim Künzeller Unternehmen Ecoplan arbeitet, das damals mit der Vermarktung beauftragt wurde.

Ohne Drehbuch, nur mit einer groben Idee, stehen beide im August 2010 auf der Wiese. Die Modelle lenken andere: "Wir hatten richtige Profis bei Robbe, die auch Wettbewerbe geflogen sind. Die standen 30 Meter weiter mit der Fernbedienung - und haben sich beömmelt: Modellbauer sind eine eigene Spezies, die wohnen teilweise noch bei Mama zuhause und weinen, wenn das teure Modell abstürzt. Aber sie haben anscheinend einen ausgeprägten Sinn für Selbstironie: Wir haben die Videos dann in Modellbauforen gepostet, da fanden das alle witzig. Die pedantische Art von Klaus und der anarchische Rüdiger, der zeigt, was in den Maschinen steckt - vielleicht zwei Seiten der Modellbauer-Seele", philosophiert Füller, Geschäftsführer eines Fuldaer IT-Beratungsunternehmens.

Wortmarken angemeldet

Auch Meme-Sondermodelle konnten den Traditionshersteller nicht retten - 2015 musste ...

In letzter Zeit haben die Memes wieder an Popularität gewonnen - Füller hat sich die ...Fotos (2): privat

In drei Jahren entstehen etliche Videos in Lüdermünd, in Großenlüder, in der Nähe von Grebenhain und in Bronnzell. Zur viralen Sensation werden Klaus und Rüdiger erst vor sechs Jahren, als Meme-Websites die schrulligen Figuren für sich entdecken. Zu spät fürs Unternehmen Robbe - das muss bereits 2015 Insolvenz anmelden. Weil die Memes "Nicht so tief, Rüdiger!" und "Keine Kapriolen!" in letzter Zeit wieder an Popularität gewonnen haben, hat Füller sie neulich als Wortmarken angemeldet: "Ich rufe beim Patentamt in München an und frage, was sowas kostet, lasse mich beraten - am Ende kommt die Frage, um welche Wortfolgen es sich denn handelt. Und die gute Frau kennt beide Memes. Das ist das Verrückte: Ich bin Gleitschirmflieger und habe 'Nicht so tief, Rüdiger!' schon beim Urlaub in Österreich gehört", freut sich Füller.

Trotz großer Popularität der Memes hätten Sonnenbrillen und Basecaps ausgereicht, um weitgehend die Anonymität zu wahren: "Viele konnten uns nicht zuordnen, auch hier im Landkreis. Die Kinder meiner Schwester, die in Augsburg wohnt, haben zwar gepetzt, aber nur wenige wissen bisher, dass wir Klaus und Rüdiger sind." Ein bisschen stolz sei man schon, sich im kollektiven Bewusstsein eingenistet zu haben: "Es ist ein echter Klassiker, deutscher als deutsch. Keine Kapriolen!, das geht immer", so Kischporski. (mau) +++


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