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Einblick in die Metzgerei Jost im Main-Kinzig-Kreis. - Fotos: Victor Brühl

BRUCHKÖBEL EU-Zulassung wegen zu viel Umsatz

Metzgerei Volker Jost schließt Filiale: Bürokratie-Wahnsinn nicht zu leisten

14.03.24 - Fachkräftemangel und steigende Kosten machen es vielen Betrieben schwer, das Geschäft am Laufen zu halten. Dazu gesellt sich die Bürokratie. Im Main-Kinzig-Kreis hat der Metzger Volker Jost nun genug: Er will seine Filiale in Roßdorf schließen.

Gegenüber der Presse bestätigte er diesen Schritt, wie mehrere Tageszeitungen der Mediengruppe Ippen berichten. Er habe "die Schnauze voll" wird der Unternehmer zitiert. Der Grund: Er mache einfach zu viel Umsatz und müsse nun eine EU-Zulassung beantragen. Diesen zusätzlichen Bürokratie-Aufwand könne und wolle Jost nicht auf sich nehmen.

Gegenüber OSTHESSEN|NEWS bestätigte eine Mitarbeiterin den Schritt. Sie ist traurig darüber, dass die Metzgerei in Roßdorf geschlossen wird. Seit 40 Jahren gibt es die Filiale in Roßdorf, Mitarbeiter und Kunden kennen sich über die Jahre. Die Metzgerei gehört einfach zum Leben in dem Stadtteil von Bruchköbel vor den Toren von Frankfurt am Main. Die Fleisch- und Wurstwaren sind beliebt, auch Vereine und Veranstalter kaufen gerne bei der Metzgerei Jost ein. Die Nachfrage ist zu gut und übersteigt nunmehr die Umsatzgrenzen. Ein Wahnsinn. Zumal das Stammhaus gerade einmal drei Kilometer entfernt in Ostheim (Nidderau) ist und von dort aus die fertigen Waren nach Roßdorf geliefert werden.

Wo bleiben die Politiker?

Noch mehr bürokratischen Aufwand will Jost nicht mehr leisten. "Da machen wir nicht mehr mit", wird er in dem Artikel der Tageszeitungen zitiert. Seitdem steht das Telefon nicht mehr still. Vielen Medien haben angerufen, der Chef schaffe es nervlich aber nicht, er wolle keine weiteren Interviews geben. Ein Politiker habe sich bis Mittwochmittag allerdings nicht gemeldet. Dabei solle doch die Bürokratie abgebaut werden. Die Mitarbeiterin glaubt daran nicht so wirklich.

Auf einem Merkblatt zum Zulassungsverfahren von Lebensmittelbetrieben nach den Verordnungen (EG) sind unter anderem 14 Unterpunkte zu Nachweisen und Unterlagen aufgelistet, welche fortlaufend zu führen seien. Die Veterinärämter sind zuständig und haben sicher nach den Skandalen bei Großbetrieben Angst davor, selbst in die Kritik zu geraten. Sie müssen das ausführen, was die Behörden vorgeben.

"Schlimm für uns Verbraucher"

Auf Kosten der kleinen Betriebe, welche sowieso der Fleischindustrie ein Dorn im Auge sind. "Das ist einfach nur schade. Schlimm für uns Verbraucher", schreibt eine Leserin auf der Facebook-Seite der Metzgerei Jost. Klar, sie können ja die drei Kilometer weiter fahren. Darum geht es nicht. Die kleinen Geschäfte sind vielerorts ein Anker für die älteren und einsamen Einwohner. Und das Landleben soll doch gestärkt werden, oder?

Die Bürokratisierung macht den Betrieben zu schaffen. "Das ist so", sagt eine Verkäuferin in einer kleinen Fleischerei im fernen Rotenburg an der Fulda. An ihrer Wursttheke spricht O|N mit ihr über die Entscheidung im Main-Kinzig-Kreis. Sie zeigt Verständnis und kennt die Herausforderungen nur zu gut.

Zwar haben sowohl die Bundesregierung als auch die neue Landesregierung in Hessen das Thema auf der Agenda, bislang aber ist noch nicht so viel von Entbürokratisierung angekommen. Leidtragende sind die Betriebe, die Mitarbeiter und letztlich die Verbraucher.

Eine ordentliche Portion Wut im Bauch

Die Mitarbeiterin ist enttäuscht über all die Hürden. Die Metzgerei Jost hat eine lange Familientradition. Sie glaubt nicht, dass der Sohn des Chefs den Betrieb irgendwann übernehmen wird. Wer will das schon bei diesen vielen Herausforderungen? Und Jost wolle es ihm auch gar nicht erst zumuten. "So bin ich wahrscheinlich derjenige, der irgendwann nach 180 Jahren die Familientradition beenden muss", sagt Volker Jost laut dem Zeitungsartikel.

"Ich muss jetzt auflegen und weiterarbeiten", sagt die Mitarbeiterin am Telefon. Sie ist bis zum letzten Tag in der kleinen Filiale in Roßdorf für die Kunden da. Aber ganz sicher mit einer ordentlichen Portion Wut im Bauch. (Hans-Hubertus Braune) +++


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