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Geschäftsidee aus dem Klassenzimmer: "TERRAsim" hilft bei Hochwasserlagen
21.03.24 - Spätestens seit der Flutkatastrophe im Ahrtal sind Frühwarnsysteme zum Hochwasserschutz gefragt. Drei Informatikstudenten aus Fulda haben auf eigene Faust eine Software zur Starkregenprognose programmiert, die auch Rettungskräften bei Großlagen helfen könnte.
Die Ahrtal-Katastrophe im Sommer 2021 bewegt auch David Maul, Leon Bohnwagner und Ruben Otto, die an der Konrad-Zuse-Schule in Hünfeld kurzerhand im Informatikunterricht ein Simulationsprogramm entwickeln, das die Verteilung von Wassermassen auf einer dreidimensionalen Karte anzeigt. Lehrer Jens Heddrich staunt nicht schlecht, als nach den Herbstferien statt einem Konzept ein komplettes Programm vorliegt: "Man hätte im Ahrtal früher evakuieren können, wenn man ein Frühwarnsystem gehabt hätte. Auch die Hünfelder sind besorgt wegen Hochwasserlagen, nicht nur in Dammersbach. Deswegen war das Interesse vor Ort gleich groß", erklärt Heddrich, der an der Berufsschule Wirtschaftsinformatik unterrichtet.
Riesige Datenmengen laufen im Simulationsmodell der drei Entwickler, die inzwischen Angewandte Informatik an der Hochschule Fulda studieren, zusammen und ermöglichen es, Hochwasser-Schwachstellen in Dörfern visuell aufzuzeigen: "In Hünfeld-Roßbach gibt es das Problem, dass bei Starkregen das Wasser in den Ort fließt und dort nicht schnell genug ablaufen kann. Die Stadt versucht deshalb, vor Ort Rückstaumöglichkeiten einzurichten - mit unserem Programm. Seit 2022 stellt das Land Hessen Oberflächendaten kostenlos zur Verfügung. Das ist ein Bodenmodell ohne Bäume und Häuser - die Häuserdaten bekommen wir vom Katasteramt: So entsteht Schritt für Schritt ein realistisches Abbild", erklärt Maul.
Vernetzung von Wirtschaft und Informatik
Letztes Jahr wurde das Unternehmen "TERRAsim Solutions" gegründet, nach dem Gewinn des Regional- und Landeswettbewerbs von "Jugend forscht" konnte der dritte Platz beim Bundeswettbewerb in der Kategorie "Mathematik und Informatik" errungen werden. Inzwischen können die Informatiker von der Förderkulisse der Stadt Hünfeld im Bereich Digitalisierung und "Smart City" profitieren, die Region Fulda Wirtschaftsförderungsgesellschaft hat beim Gründen beratend zur Seite gestanden. Doch Geschäftsideen, die im Klassenzimmer entstehen, sind weiter selten:
"Im Informatikunterricht machen wir zwar eine Zielgruppenanalyse für Projekte, damit die nicht in einer Sackgasse landen, ohne Marktbedarf. Aber es wäre schön, wenn in der Fachoberschule mehr Wirtschaftswissen integriert würde. Das Ziel ist aber weiterhin, die Schüler in einem Jahr studierfähig zu machen. Deswegen müssen wir Projekte mit Potenzial nebenbei betreuen", erklärt Heddrich. Im Jahr 2022 wurde an der Konrad-Zuse-Schule das "zuseLAB" gegründet, für alles, "was man sonst nicht in der Schule machen kann. Im Curriculum gibt es die Vernetzung von Wirtschaft und Informatik leider gar nicht. Dabei wäre das dringend nötig: Die Geschäftsidee kann noch so gut sein - am Ende muss sie sich auf dem Markt beweisen, häufig gegen große Konkurrenten, die wissen, wie man Mittel professionell akquiriert", so Heddrich. (mau) +++