Der TSV Steinbach Haiger im August 2022 zu Gast in der Johannisau - O|N-Archivfoto: Jonas Wenzel/yowegraphy

HAIGER/FULDA Marco Klee hat sich einen Namen gemacht

Ein Zeugwart aus Leidenschaft. In der Kabine schlägt sein Herz

27.03.24 - Es gibt nicht viele, die sich, wenn sie denn auf Reisen gehen, einen Namen machen. Die ihre vertraute Umgebung verlassen, um einen Sprung zu wagen. Etwas Neues versuchen. Marco Klee aus Eiterfeld-Leimbach gehört dazu. Einst Zeugwart beim Team seines Heimatortes und der SG Eiterfeld/Leimbach, riskierte er vor gut eineinhalb Jahren den Wechsel zum Fußball-Regionalligisten Steinbach Haiger. Am Donnerstagabend gastiert seine Mannschaft in der Johannisau, bei der SG Barockstadt Fulda-Lehnerz. Und Marco Klee ist dabei. Natürlich.

Marco Klee in seiner neuen Welt: Als Zeugwart des TSV Steinbach Haiger Fotos: privat

OSTHESSEN|NEWS erwischt den 50-Jährigen am Vormittag. "Ich bin noch zu Hause", sagt er, "Training ist um Zwei. Ich will um Zwölf, halb Eins da sein". Marco Klee ist immer da. Immer. Längst ist er beim TSV Steinbach Haiger zu einer unverzichtbaren Größe geworden. Einer, der nicht nur seinen Job erledigt. Er ist einer, der seinen Job gut macht. Mit Herz. Mit Überzeugung. Besser geht nicht.

"Wenn Training ist", erklärt er, "muss ich alles bereitgelegt haben. Es muss alles fertig sein. Ich lege den Spielern die Handtücher hin. Oder der Wasserspender zum Trinken ist greifbar. Und wenn die Spieler in die Sauna wollen oder ins Eisbecken, stelle ich rechtzeitig das Wasser an. Dass es da so acht bis zehn Grad sind". Falls jemand denkt, das sei alles, dann irrt er. "Vor dem Training muss ich gucken, dass die Wäsche fertig ist. Doch sie ist eigentlich am Tag vorher fertig." Schnell gewinnt man den Eindruck: Hier macht einer seine Arbeit nicht hundertprozentig. Sondern 1000-prozentig.  

"Fußball ist, wo wir sind" - Fußball ist, wo Marco Klee ist

Marco Klee hat sich in seiner neuen Umgebung bestens eingelebt. Er wohnt etwa fünf Minuten vom Stadion, dem berühmten Haarwasen, entfernt. Am 1. Juli 2022 trat er seinen Job an. Weg aus Eiterfeld. Hin zu einem Regionalligisten. Er befindet sich also in seiner zweiten Saison. Mit dem Slogan "Fußball ist, wo wir sind", wirbt der Verein für sich auf der Homepage - man könnte auch sagen: Fußball ist, wo Marco Klee ist.

"Die Sache macht perfekt Spaß", umschreibt er seinen Job - und er zapft sein Herz an. So sehr, dass er sich "Gedanken macht, was wir in dieser Saison noch abrufen können". Der TSV Steinbach Haiger, der vor wenigen Monaten noch haarscharf am Aufstieg in die Dritte Liga vorbeigeschrammt ist und nur einen Punkt hinter dem SSV Ulm landete, der jetzt die Dritte Liga anführt - muss heftig um den Klassenerhalt kämpfen in dieser Runde. Klee sagt, er sei gespannt, wie sich der Verein dann entscheidet. Wieder weg vom Profitum?

Es hat sich einiges geändert bei Marco Klees neuem Verein. Drei "Ausnahmespieler für die Regionalliga", wie Klee sie nennt, verließen den Verein vor dieser Saison: Paul Stock, Toni Bogicevic und Sasa Strujic. Wir haben auch in diesem Jahr gute Leute, nur: die bringen es nicht auf den Platz. Aber ich denke mal, dass wir die Klasse halten", wünscht sich Marco Klee. Doch im Fußball gibt es kaum noch Zeiten, in denen das Wünschen geholfen hat.

"Ausnahmespieler" gingen, Wohlfarth ging, Bieler musste gehen - Tahiri übernahm

Und kürzlich tat sich nochmal einiges. Am vergangenen Freitag ist Geschäftsführer Arne Wohlfarth verabschiedet worden, er schloss sich mit Beginn des 1. März dem Handball-Bundesligisten Wetzlar an. Auch der Trainerposten ist neu: Pascal Bieler musste gehen - für ihn übernahm der langjährige Co-Trainer Hüsni Tahiri.

Doch ehe Tahiri zu Wort kommt, betritt Marcos Vater August die Gefühls-Bühne. Als Osthessen|News ihn erreicht, ist er gerade erst aus dem Urlaub gekommen. "Ich bin immer noch aktiv", erklärt er, "im Immobilienvertrieb, überwiegend im Neubau. Ich habe das Privileg: Ich suche mir meine Termine". 

"Die schwierigste Entscheidung war am Ende die leichteste"

Wie er das Engagement seines Sohnes einschätzt? "Ich bin öfter dort vor Ort. Ich kenne mittlerweile den Vorstand und auch den Hauptsponsor. Nach ein, zwei Monaten sagte mir der Vorstand: Die schwierigste Entscheidung war am Ende die leichteste." Gemeint war die, Marco Klee aufzunehmen ins Team. Zum Hintergrund: Zwei Wochen vorher hatte der alte Zeugwart gekündigt, Steinbach Haiger stand ohne da. August Klee drückt das auf den Punkt aus, was viele denken: "Marco hat in der kurzen Zeit einen Riesen-Eindruck hinterlassen." 

Er habe auch räumlich was verändert, staunt sein Vater, der hinzufügt: "Er schickt mir Bilder von Kabinen, die er vorbereitet hat. Viele sagen, auch Größen, die nicht dem Verein angehören: Das ist ja profihaft. Marco ist mittlerweile der Hahn im Korb", freut sich sein Vater." August Klee weiß: Sein Sohn und der neue Trainer, der bisherige Co Hüsni Tahiri, "die verstehen sich wie Brüder". Marco macht den Job für drei", schätzen viele. Er bestellt nicht nur die Trikots - er beflockt die auch. August Klee weiß, dass sein Sohn in diesem Job aufgeht, "das ist sein Traum-Job".

August Klee, Borussia Fulda, mit einem Bein in Liga zwei und das Spiel mit der Tradition

August Klee - da war doch was? Richtig.  Ein gehöriges Stück Fuldaer Fußballgeschichte steckt in ihm. Neuneinhalb Jahre war er für Borussia Fulda aktiv. Zunächst als Jugendleiter, als A- und B-Jugend schon in der Hessenliga spielten; Oli Bunzenthal, Kai Möller oder Andreas Wischermann kickten damals. Bis die Ära Nitz kam, die von heute auf morgen beendet wurde. Nach dem geplatzten Stadionfest 1988, glaube ich", erinnert sich Klee senior. Mit 10.000 Zuschauern rechnete Borussia an diesem Tag. Zwei Profi-Mannschaften und die Uwe-Seeler-Traditionsmannschaft - eine Halbzeit mit Franz Beckenbauer - traten an; am Abend sorgte auch eine Gruppe bekannten Namens für prächtige Unterhaltung. Das Problem: Tagsüber war es schlichtweg zu heiß. Das Wahnsinns-Event entpuppte sich nicht als das, was es werden sollte.

August Klee aber wurde von vielen Seiten bedrängt, Abteilungsleiter zu werden bei Borussia - und er tat es. "Damals gab es keinen Abteilungsleiter", erinnert er sich, "Bernd Quell war kommissarischer Vorstand". Binnen drei Jahren schaffte es Borussia, sich für die einteilige Regionalliga zu qualifizieren. Klee holte Spieler wie Olivier Djappa, Cesar Thier, Zlatko Radic oder Marco Fladung aus Petersberg. Der Erfolg blieb nicht aus. In der Saison 1997/98 lag Borussia schon fünf Punkte vor dem SSV Ulm, "jeder hat schon von der 2. Liga gesprochen", ruft Klee in seiner Erinnerung zurück.

Keine Frage, die Vorstellung hatte etwas. "Sollten wir das schaffen, müssen wir da mal Struktur einbringen", dachte sich Klee. Mit Dieter Udolph gab's einen neuen Vorstand. Und auch Uwe Bein war ein Thema. "Horst Ruland und ich haben uns mit Bein einmal an der Autobahn getroffen." Beins Verpflichtung zerschlug sich - und Ulm schaffte mit Ralf Rangnick den Durchmarsch in die Bundesliga. 

"Erstaunt über den Tabellenplatz der SG Barockstadt. Hatte ich ihr so nicht zugetraut"

Der Sprung in die Realität gelingt August Klee leicht. "Ich bin erstaunt über den Tabellenplatz der SG Barockstadt. Das hatte ich denen so nicht zugetraut." Für die SG Eiterfeld/Leimbach engagierten sich beide Klees - Vater und Sohn. Marco war langjähriger Zeugwart, August Platzansager - oder wozu heute viele neigen: Stadionsprecher. "Auch die Jungs dort spielen einen guten Fußball", sagt Klee senior. Auch von zahlreichen jungen Spielern ist er angetan, "Boas Kümmel und Bartosz Witkowski haben den Durchbruch geschafft, Ruben Köller ist auf dem Sprung. Und mit Luca Pfalzgraf steht noch einer bereit." Der Vorstand ist nach Volker Hilperts Rückzug auf "breite Schultern" verteilt, "sie sind auf einem guten Weg dort", attestiert August Klee.

Hüsni Tahiri

August Klee

Jetzt kommt Hüsni Tahiri ins Spiel, jetziger Cheftrainer des TSV Steinbach Haiger. Er erwartet am Donnerstag eine "schwierige Aufgabe. Ich kenne die Mannschaft, kenne den Trainer. Wie er sich gibt und auftritt, das spiegelt sich bei seiner Mannschaft auf dem Platz wider". Tahiri darf ergänzen: "Die SG Barockstadt schwebt auf einer Erfolgswelle. Es ist kein Zufall, dass sie da oben steht. Eine Riesen-Leistung."

Demut, Bodenständigkeit, Wille zur Arbeit: So stellt man sich einen Zeugwart vor

Seit 2019 ist Tahiri als Co-Trainer am Haarwasen tätig. "Für mich war die Situation nicht neu, als ich jetzt übernommen habe. Ich kenne die Mannschaft. Kenne den Verein." Bereits zum dritten Mal übernahm er als Interimstrainer: zunächst von Adrian Alipour, der jetzt mit dem SV Meppen in der Regionalliga Nord Akzente setzt, dann von Ersan Parlatan - und jetzt von Pascal Bieler. Eines weiß auch er: "Du musst jetzt punkten"

Zurück zu Marco Klee. "Ich war damals bei den Gesprächen dabei", erinnert sich Tahiri an die Momente, als der TSV Steinbach Haiger den Leimbacher verpflichtete. "Ich habe direkt gemerkt: Das ist ein demütiger Typ. Der arbeiten will. Der Bodenständigkeit lebt. Der von unten kommt. Er weiß die Arbeit hier zu schätzen und musste sich sein Feld erarbeiten. Marco ist mittlerweile ein fester Bestandteil." Tahiri fällt noch mehr ein. Er präzisiert: "Marco ist ein Malocher. Er ist von morgens bis abends da. So stellt man sich einen Zeugwart vor. Er hat seine Chance genutzt. Das passt alles"

"Seitdem ich denken kann", war Marco Klee für die SG Leimbach aktiv. "Ich habe dort alles miterlebt. Von der C- bis in die A-Liga". Der Fan des FSV Mainz 05 hat "eher wenig Kontakte zu den Eiterfeldern" - nur mit Niko Pepic, der seinem Trainer Ante Markesic nach Schwalmstadt gefolgt ist, "schreibe ich mal". Wenn er einen Wunsch frei hätte? "Dass wir endlich mal wieder gegen Barockstadt gewinnen." (wk) +++


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