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Schulpraktikant Florian Will sammelt erste Berufserfahrung bei Antonius
31.03.24 - "Was darf’s denn sein?" Wer zum ersten Mal in der Gastronomie bedient, der muss zuvor Sätze wie diesen üben. Und auch das erste Mal mit Menschen mit Behinderungen zusammenzuarbeiten, kann aufregend und ungewohnt sein. Der Achtklässler Florian Will von der Konrad-Adenauer-Schule in Petersberg hat dafür ein Patentrezept – nämlich Offenheit und Neugierde. Zwei Wochen lang hat er ein Schulpraktikum im antonius LadenCafé absolviert und dabei viele gute Einblicke in die Berufswelt gewonnen.
Damit befindet sich Florian Will in guter Gesellschaft: Allein in diesem Jahr haben bereits 55 Schülerinnen und Schüler aus dem ganzen Landkreis Fulda ein Praktikum bei antonius absolviert. Im gesamten letzten Jahr waren es rund 200 Praktikantinnen und Praktikanten. Damit erhalten sie nicht nur einen Einblick in die Arbeitswelt. Sondern sie erleben auch das Miteinander mit Menschen mit Behinderungen und bauen persönliche Beziehungen zu ihnen auf.
Unerwartet gute Erfahrungen
Dienstag, zehn Uhr. Noch ist es ruhig im antonius LadenCafé am Severiberg, mitten im alten Handwerkerviertel von Fulda. Gäste frühstücken entspannt, ein Radfahrer holt einen Laib Kümmelbrot. Praktikant Florian Will bewegt sich souverän im Gastraum hin und her, nimmt Bestellungen entgegen, gibt Backwaren aus und rechnet an der digitalen Kasse einen Cappuccino und ein Päckchen Kekse ab. Der Vierzehnjährige ist freundlich und aufgeschlossen. Wenn er Hilfe braucht, bittet er seine Kolleginnen und Kollegen um Hilfe. "Kannst du die Tüte aufhalten, und ich mach das Brot rein?" So geht es schneller und leichter. Um die Mittagszeit, wenn die Firmen in der Innenstadt Mittagspause machen, wird es voller werden – das Team aus Menschen mit und ohne Behinderungen ist dafür gut gewappnet.Goldene Praktikumsregel: Mitarbeiten wie alle anderen auch Eigentlich wollte Florian Will sein zweiwöchiges Schulpraktikum im Handwerk absolvieren, am liebsten im GestaltenWerk, der Holz- und Keramikwerkstatt von antonius. Weil man dort mindestens 15 Jahre alt sein muss, wurde er an das LadenCafé des Netzwerks weiterempfohlen. "Eigentlich dachte ich, Gastro und Service sind nicht so meins", sagt der Jugendliche aus Pilgerzell, der die Konrad-Adenauer-Schule in Petersberg besucht. "Doch im Grunde war es mein großes Glück, dass ich hier gelandet bin. Ich habe viel Freude am Bedienen, treffe die verschiedensten Menschen und darf ganz unterschiedliche Aufgaben übernehmen – das ist total abwechslungsreich."
LadenCafé-Mitarbeiter Henrik Grünewald bestätigt das: "Wir haben bei antonius eine goldene Regel, was Praktikantinnen und Praktikanten betrifft: Sie bekommen keine trögen Extraaufgaben, sondern arbeiten vom ersten Tag an komplett in sämtlichen Arbeitsbereichen mit – wie alle anderen Mitarbeitenden auch." Für Florian Will bedeutet das: Bestellungen entgegennehmen, Speisen und Getränke an den Tisch bringen, abkassieren und die Kasse bedienen, in der Küche beim Kuchenbacken helfen und – ja – auch aufräumen, den Boden fegen oder die Tische abwischen.
"Ich behandele alle Menschen gleich" Und weil die Gastronomie kein Arbeitsfeld ist, in dem man sich gut verstecken kann, gehört auch der direkte Gästekontakt selbstverständlich dazu. "Florian macht das ganz wunderbar, er begegnet den Menschen – ob den Gästen oder den Kollegen mit Behinderungen – ganz offen und natürlich. Er hat ein gutes Fingerspitzengefühl für die Leute und passt einfach super hierher", lobt Heilerziehungspfleger Henrik Grünewald.
Berührungsängste beim Thema Behinderung habe er nicht gehabt, sagt Florian Will. Vielleicht unterbewusst ein paar Vorurteile, die aber nach dem ersten Kennenlernen schnell aus dem Weg geräumt waren. "Ein guter Freund von mir hat Autismus, vielleicht fällt es mir deswegen leichter – aber für mich gibt es da keine Unterschiede, ich behandle alle Menschen gleich. Gerade die Kolleginnen und Kollegen mit Behinderungen sind sehr offen, direkt, nett und oft sogar richtig witzig", berichtet der Schüler, der während seines Praktikums auch viel über die Sicht von antonius auf Inklusion gelernt hat. Etwa, dass jeder Mensch Fähigkeiten und Talente hat und dass es eher die Gesellschaft ist, die ihn in seiner Entwicklung "behindert". (pm) +++