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Iranerin fasst Fuß in der Stadtverwaltung Maintal
13.04.24 - Auch nach fast zehn Jahren fällt es Sedigheh Zahiri schwer, über die genauen Umstände ihrer Flucht aus dem Iran zu sprechen. Die 40-Jährige ließ buchstäblich über Nacht ihr gesamtes Leben zurück und floh mit ihrem Mann und dem neugeborenen Sohn über Italien nach Deutschland. Im Main-Kinzig-Kreis fand sie eine neue Heimat, wohnte zunächst in Biebergemünd, Bieber.
Von Anfang an war der studierten Finanzbuchhalterin klar, dass sie im hiesigen Arbeitsmarkt Fuß fassen möchte, um materiell auf eigenen Beinen stehen zu können. Als ihr Mann 2020 einen Ausbildungsplatz als Kfz-Mechatroniker in Offenbach findet, zieht die mittlerweile vierköpfige Familie nach Maintal. In der dortigen Dependance des Kommunalen Centers für Arbeit (KCA) kümmert sich Frau Fischer als Fallmanagerin um die Perserin.
Berufliche Vorerfahrung helfen ihr
Schnell erkennt Sedigheh Zahiri, dass die deutsche Sprache die entscheidende Voraussetzung für den erfolgreichen beruflichen Einstieg darstellt. Mit großem Fleiß und Ehrgeiz eignet sie sich Deutsch an. Sie ist positiv überrascht, als sie feststellt, dass sie ihre berufliche Vorerfahrung aus dem Iran auch in Deutschland gut einsetzen kann. Mit Hilfe des Kommunalen Centers für Arbeit bemüht sie sich um die Anerkennung ihres im Heimatland erworbenes Hochschulstudium – und das mit Erfolg. Fallmanagerin Fischer ermöglicht es ihr, den deutschen Führerschein zu erlangen und sie ebnet ihr den Weg für eine berufliche Weiterbildung im Bereich Rechnungswesen / SAP. Durch diese Weiterbildung kann sie ihre bereits vorhandenen Kenntnisse vertiefen und diese an die hiesigen Anforderungen anpassen.
"Buchhaltung funktioniert in Deutschland im Prinzip nicht anders als im Iran – damit hatte ich nicht unbedingt gerechnet, aber das hat mir den Einstieg enorm erleichtert", freut sich Zahiri, für die die rein deutschsprachige Qualifizierung eine große Herausforderung darstellte. "Frau Zahiri und ihr Mann legen eine vorbildliche Integrationsbereitschaft an den Tag", lobt KCA-Betreuerin Fischer: "Sie zeigen den absoluten Willen, sich beruflich und sozial einzubringen. Das ist besonders bemerkenswert und beweist, dass Integration durch die Zusammenarbeit aller Beteiligten gelingen kann."
Nach dem erfolgreichen Abschluss ihrer Fortbildung bemüht sich die Iranerin mit unerschütterlicher Entschlossenheit um eine Festanstellung. "Ich habe innerhalb von drei Monaten rund 150 Bewerbungen geschrieben und leider nur Absagen kassiert." Sie habe erst verstehen müssen, dass der Bewerbungsprozess in Deutschland anderen Spielregeln folge. Durch die persönliche und fachliche Unterstützung der KCA-Mitarbeitenden lernte sie die geltenden Bewerbungsstandards und Erfordernisse des deutschen Arbeitsmarktes kennen. Über einen Personaldienstleister erhält sie schließlich die Chance, im Fachbereich Soziales der Stadtverwaltung Maintal einzusteigen, wo sie sich vorrangig mit der Abrechnung von Geflüchtetenunterkünften befasst. Kathleen Wendler, ihre Vorgesetzte bei der Stadt Maintal, berichtet: "Uns war von der ersten Minute an klar, dass Frau Zahiri ein absoluter Glücksgriff für uns ist. Sie beherrscht das fachliche Handwerkszeug, bringt wertvolle Sprachkenntnisse in Farsi und Arabisch mit und ist aber vor allem anderen eine enorm herzliche und hochmotivierte Mitarbeiterin, die die Sympathien der Kollegen im Sturm erobert hat!" Die Gelobte fühlt sich ihrerseits ebenfalls pudelwohl in ihrem Team.
Ihr Mann hat zwischenzeitlich sogar die Meisterprüfung bestanden. Beide Kinder sind sehr gut eingebunden in Schule und Kindergarten. "Meine Tochter ist ja bereits hier geboren. Sie fühlt sich mehr als Deutsche und sagt immer, nur wir anderen seien Iraner", schmunzelt Sedigheh Zahiri. Über soziale Medien ist sie mit vielen anderen Iranerinnen vernetzt, die sich gegenseitig unterstützen und Tipps geben. Auf die Frage, welchen Rat sie für andere Frauen mit Fluchthintergrund hätte, antwortet sie wie aus der Pistole geschossen: "Seid mutig und vertraut euch selbst!" (pm) +++