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Auftragsbücher gut gefüllt: Bickhardt Bau mit Optimismus in unsicheren Zeiten
21.05.24 - Die Stimmung ist gut im dritten Stock der Unternehmenszentrale von Bickhardt Bau SE in Kirchheim (Landkreis Hersfeld-Rotenburg). Der komplette Vorstand hat sich im Besprechungsraum versammelt. Auf der Agenda steht die aktuelle Situation und Zukunftsperspektive des Mittelständlers mit seinen insgesamt rund 2.500 Mitarbeitern.
Die vierköpfige Vorstandsmannschaft ist eine Mischung aus langjährigen Stammkräften und zwei Neuzugängen.
Der Vorstandsvorsitzende Diplom-Betriebswirt Frank Finster ist seit über 33 Jahren im Unternehmen, er kennt "Bickhardt" wie seine eigene Westentasche. Ihm zur Seite steht der in der Region ebenfalls bestens bekannte Marco Auth. Der Diplom-Ingenieur aus dem Landkreis Fulda ist ebenfalls schon über 25 Jahre im Unternehmen. Mit dem Betriebswirt Ralf Staaf und dem in der schwäbischen Baubranche erfahrenen Diplom-Ingenieur Michael Auer sind zwei relativ neue Führungskräfte im Vorstandsteam dabei. Diese Führungsspitze steht gleichermaßen für Kontinuität und Innovation.
Klares Bekenntnis zum Mittelstand
Trotz des Wachstums und der Größe des Unternehmens untermauern Finster und seine Kollegen im exklusiven Redaktionsgespräch mit OSTHESSEN|NEWS: "Wir sind ein Mittelständler und werden es auch bleiben. Wachstum ja, aber als Mittelständler", sagt Finster im Gespräch mit den O|N-Geschäftsführern Christian P. Stadtfeld und Hendrik Urbin sowie Chefreporter Hans-Hubertus Braune. Mit einer jährlichen Bauleistung von über 500 Millionen Euro zählt die Bickhardt Bau SE zu den führenden Unternehmen der Branche.
"Wir sind gut aufgestellt, die nächsten Jahre anzugehen", sagt Finster. Natürlich weiß das Quartett um die Herausforderungen, welche einzig mit Optimismus zu meistern sind. Die vielfältig bekannten weltweiten Krisen und die daraus resultierenden Folgen lassen den Blick in die Zukunft gefühlt mit dem Blick in eine Glaskugel vergleichen. Was Bickhardt Bau stark macht: Das Unternehmen hat sich über die Jahre breiter und in sich stabil aufgestellt. Gerade im Gebiet der Infrastruktur sind die Kirchheimer als Komplettanbieter deutschlandweit gefragt. Von der Landebahn am Frankfurter Flughafen über riesige Bahnprojekte bis zum Radweg - die Mitarbeiter beweisen täglich ihre Kompetenz im gesamten Bundesgebiet. Wer kennt sie nicht, die Bauschilder mit dem "bb"-Logo?
Großprojekte von Talbrücken bis zum Bahnknoten
Auch an der berühmten Autobahn A45 sind sie vor Ort. In einer Arbeitsgemeinschaft baut Bickhardt Bau die neue Talbrücke Rahmede. Nahezu alle Brücken entlang dieser Autobahn, aber auch entlang der A7 müssen in den nächsten Jahren erneuert werden. Der Umbau des Bahnknotens Gößnitz oder die Turbo-Baustelle an der A2 östlich von Magdeburg sind weitere Beispiele aktueller Großprojekte. Dazu gesellen sich viele mittlere und kleinere Projekte - sie alle sind für den Bestand des Unternehmens wichtig."Für das Jahr 2024 haben wir einen guten Auftragsbestand, die Budgets der Haushalte sind da", sagt Frank Finster. Doch wie geht es weiter? "Für 2025 sollen die Budgets möglicherweise reduziert werden, dann muss sich der Staat überlegen, was er möchte? Will er noch gestalten, oder nicht?", sagt der Vorstandschef. Der Bürger verlange zu Recht eine gute Infrastruktur, ist sich der Gesamtvorstand sicher. "Und gesamtwirtschaftlich betrachtet darf man die Wohnungs- und Bauwirtschaft, die 10 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt beisteuert, definitiv nicht vernachlässigen", fährt Frank Finster fort.
Im Mittelpunkt steht der Mensch. Ob als Nutzer der Straßen, Bahnstrecken, Flughäfen, kommunale Straßen und Plätze oder als Mitarbeiter eines gestandenen Unternehmens. Die Themen Fachkräftemangel und die Attraktivität der Handwerksberufe waren weitere Themen des Gesprächs.
Hightech in den Baumaschinen
All die Anstrengungen um Aufträge und Beschäftigungssicherheit sind wertlos, wenn es nicht die Menschen gibt, die teils seit Jahrzehnten das "bb " mit Stolz auf ihrer modernen Arbeitskleidung tragen. Längst gehört die Qualität der Kleidung zum wichtigen Erscheinungsbild am Bau. Vorbei sind auch die Zeiten, wo Schildkröte und Hase die einzigen Hebel in der Raupe waren. "Die Maschinen sind mit der neuesten Technik ausgestattet, sie sind die Wohnzimmer der Mitarbeiter. Das sind längst Hightech-Maschinen", sagt Auth. "Wenn sie sich heute in einen Bagger setzen, denken sie, das ist ein Flugzeugcockpit, den kriegen sie nicht mal an", ergänzt Auer.Im Gegensatz dazu wird in der allgemeinen Wahrnehmung die Bauwirtschaft noch immer mit harter körperlicher Arbeit gleichgesetzt. Negativ behaftete Klischees halten sich hartnäckig und verschwinden deutlich langsamer als Modernisierung und Digitalisierung voranschreiten. "Das ist eine große Herausforderung und ein Umdenken in der Gesellschaft sei zwingend nötig", sagen sie. "Der gesellschaftliche Stellenwert eines Handwerkers sollte seiner Ausbildung, Fachwissen und Fähigkeiten entsprechend angemessen sein. Denn ohne Bauen ist alles nichts." Dabei sorgen automatisierte Prozesse und das stärkere Ineinandergreifen von Planen und Bauen auch für bessere und nachhaltigere Arbeitsbedingungen.
Mit vielfältigen Aktionen auf Bildungsmessen und den sozialen Medien poliert auch Bickhardt Bau am Image der Branche und hat damit durchaus Erfolg. Die Aufgaben sind vielfältig. Von den modernen Maschinen und Techniken vor Ort auf den Baustellen bis hin in die Verwaltung. Was sich zudem geändert hat und laut Finster noch mehr verändern wird: "In 15 bis 20 Jahren wird es weniger Bereitschaft geben, auf Montage zu gehen. Wir stellen uns daher bewusst dezentral auf, um unsere Schlagkraft zu behalten und auszubauen", sagt der Vorstandsvorsitzende.
Pendeln, Kirmes und Schweinshaxe
Und wie gefällt es den beiden Neuen in der Vorstandsetage? "Meine Erwartungen haben sich alle bestätigt. Bickhardt Bau ist echter Mittelstand, wie sich die Gesellschaft den Mittelstand vorstellt", sagt der Betriebswirt Ralf Staaf. Er sei zudem froh, nicht mehr ins Rhein-Main-Gebiet pendeln zu müssen. "Aus dem Main-Kinzig-Kreis jetzt hier nach Kirchheim ist das pure Vergnügen."Ähnlich sieht es auch Michael Auer. "Ich bin ein Kind der Baubranche, immer schon ein Mittelständler und fühle mich hier wohl", berichtet der Schwabe. Derzeit pendelt er noch wöchentlich aus dem Schwäbischen nach Kirchheim. Von der Region habe er noch nicht so viel gesehen. "Ich gehe morgens zur Arbeit, abends raus und ins Bett", sagt Auer. Eine Ausnahme gibt es: Kollege Auth hat ihn zur Kirmes in seinen Heimatort mitgenommen. "Die Schweinshaxe dort war die beste, die ich bisher gegessen habe", lacht Auer. Bei allen ernsten Themen und Herausforderungen: Der Spaß gehört dazu, ob auf der Chefetage in Kirchheim oder den Baustellen irgendwo in der Republik. (Hans-Hubertus Braune) +++