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Bei Cannabis-Bußgeldern zeichnet sich ein Flickenteppich ab
19.04.24 - Ein Cannabis-Konsument raucht vor einer Kita oder Schule. Die Polizei bekommt das mit. Und jetzt? Über die Höhe von Bußgeldern grübeln gerade die Bundesländer. Ein föderales Flickwerk ist absehbar.
Die umstrittene Legalisierung von Cannabis in Deutschland gilt seit dem 1. April - mit zahlreichen Vorgaben und Regeln, die jetzt aber auch eingehalten und überwacht werden sollen. Das Gesetz legt einen bundesweiten Rahmen dafür fest, wie teuer Verstöße werden können. Doch was heißt das genau für ertappte Kiffer und amtliche Kontrollen vor Ort? Als erstes Bundesland hat Bayern einen Bußgeldkatalog und weitere Vorschriften beschlossen. Macht das Schule?
Erlaubt sind Besitz und Anbau der Droge für Volljährige zum Eigenkonsum - aber nur in begrenzten Mengen und mit Tabuzonen fürs Kiffen etwa auf Spielplätzen, in Schulen, Kitas und in Sichtweite davon. Wer dagegen fahrlässig oder mit Vorsatz verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Und geahndet werden kann das laut Gesetz mit einer Geldbuße von bis zu 30.000 Euro. Das heißt aber nicht, dass es gleich so teuer wird.
Als untere Grenze sieht das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten einen Mindestbetrag von 5 Euro vor, wie das Bundesjustizministerium erläutert. Der mögliche Höchstbetrag einer Geldbuße ergibt sich aus der im Cannabisgesetz vorgesehenen Obergrenze.
Innerhalb dieses Rahmens bestimmt dann die zuständige Behörde die im Einzelfall angemessene Geldbuße, wie es weiter heißt. Und den Ländern stehe es auch frei, sich mit anderen interessierten Ländern zusammenzutun, um ein gemeinsames Vorgehen - etwa den Erlass eines Bußgeldkatalogs - zu erörtern.
Basis für die konkrete Höhe einer Geldbuße ist ganz grundsätzlich die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit, um die es geht. Die Buße soll auch einen wirtschaftlichen Vorteil übersteigen, der möglicherweise aus einem Verstoß hervorgegangen ist.
Ein Überblick über die Bundesländer:
Bayern: Im Freistaat ist bereits klar, welche Bußgelder für Cannabis-Verstöße drohen - 1000 Euro beispielsweise für das Kiffen in Gegenwart von Kindern. Das geht aus einem Bußgeldkatalog des Landesgesundheitsministeriums hervor, der seit dem 1. April gilt.
Außerdem verbietet Bayern das Kiffen auf Volksfesten und in Biergärten komplett. Zudem gibt es ein Kiff-Verbot für den Englischen Garten in München und den Hofgarten Bayreuth. «Unser Ziel ist es, den Cannabis-Konsum in der Öffentlichkeit zu begrenzen. Das ist wichtig für den Gesundheitsschutz - und ganz besonders für den Kinder- und Jugendschutz», sagt Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU). Damit schaffe man «klare Verhältnisse trotz eines völlig vermurksten Gesetzes».
Hessen: «Zeitnah einen Bußgeldkatalog mit konkreten Bußgeldern» festzulegen - das strebt auch der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) an. Dazu liefen Abstimmungen mit anderen Ministerien. «Darüber hinaus werden auch Cannabisverbotszonen, ähnlich den Alkoholverbotszonen, zur Gefahrenabwehr geprüft.» Der Landesregierung geht es nach eigenem Bekunden um eine «möglichst restriktive Umsetzung» des Cannabisgesetzes, «damit die Beeinträchtigungen für den Gesundheitsschutz und die Sicherheit so gering wie möglich sind».
Sachsen: Hier macht das CDU-geführte Innenministerium Druck: «Aufgrund vieler ungeklärter Fragen» - etwa was die Kontrolle der ab 1. Juli möglichen Anbauvereinigungen angeht - werde die «erforderliche Verordnung» des zuständigen Sozialministeriums «dringend erwartet». Dieses wird von der SPD-Politikerin Petra Köpping geführt.
Hamburg: Auch Hamburg beabsichtigt nach den Worten von Innensenator Andy Grote (SPD), in Kürze einen eigenen Bußgeldkatalog zu beschließen - zur Höhe der Bußgelder gibt es allerdings noch keine Auskunft, dem Vernehmen nach dürften sie sich aber am bayerischen Katalog orientieren. «Natürlich wäre es sinnvoll, bei einem Bundesgesetz wie dem Cannabisgesetz, einen bundeseinheitlichen Bußgeldkatalog festzulegen», sagte Grote. Doch: «Der Bund entzieht sich hier ein weiteres Mal der Verantwortung für die praktische Umsetzung seines Gesetzes.»
Baden-Württemberg: Im grün-schwarz geführten Baden-Württemberg verweist das Sozialministerium auf die laut Cannabisgesetz möglichen Bußgelder bis zu 30.000 Euro. Fragen zur Umsetzung in Baden-Württemberg, auch mit Blick auf «die konkrete Ausschöpfung des Bußgeldrahmens», seien aktuell in der Abstimmung zwischen den Ressorts. Während des Frühlingsfestes in Stuttgart ab dem 20. April darf auf dem Gelände am Neckar kein Cannabis geraucht werden. Der Grund: Das Frühlingsfest sei ausdrücklich auch für Kinder und Familien gedacht, sagen die Veranstalter.
Rheinland-Pfalz: Das Land prüft derzeit den Erlass eines Bußgeldkatalogs.
Nordrhein-Westfalen: Im bevölkerungsreichsten Bundesland ist die schwarz-grüne Landesregierung nach eigenem Bekunden noch dabei, sich einen Überblick zu verschaffen. Somit ist noch unklar, ob Bußgelder geplant sind.
Niedersachsen: Innerhalb der Landesregierung laufen derzeit die finalen Ressortabstimmungen über die Zuständigkeiten für das Cannabisgesetz - so sagt es ein Sprecher des SPD-geführten Innenministeriums. Noch keine Antwort gibt es auf die Frage, ob und in welcher Form es einen spezifisch niedersächsischen Bußgeldkatalog geben soll.
Thüringen: «Die Auswirkungen und entsprechende Umsetzung der neuen Regelungen werden aktuell zwischen den Ressorts besprochen», heißt es von der rot-rot-grünen Minderheitsregierung in dem Land. «Das betrifft auch das Ob und den Inhalt eines möglichen Bußgeldkatalogs.»
Mecklenburg-Vorpommern: Das rot-rot-regierte Nord-Land spricht noch von Abstimmungsprozessen innerhalb der Landesregierung, auch für die Frage der Bußgelder. Man sehe «noch Klärungs- und Regelungsbedarf im Bundesgesetz», die Bundesregierung habe entsprechende Nachschärfungen zugesagt. Bayern jedenfalls sei «kein gutes Beispiel für eine praxisnahe Umsetzung des Gesetzes, da von der dortigen Landesregierung eine Kampagne gegen die Cannabisfreigabe für Erwachsene geführt wird». (dpa)+++