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"Herr, öffne meine Lippen - damit mein Mund dein Lob verkünde!"
04.05.24 - "Ich bin Stadtpfarrer Stefan Buß aus Fulda!" Mit dem Ruf aus dem 51.Psalm: "Herr, öffne meine Lippen – damit mein Mund dein Lob verkünde!" (Ps. 51,17) wird das tägliche Gebet der Kirche eröffnet.
Der Frankfurter Dompfarrer und Stadtdekan Dr. Johannes zu Eltz (*2.10.1957) hat dieses Gebet einmal erweitert: "Herr, öffne meine Augen, damit ich Deine Schönheit sehe. Herr, öffne meine Ohren, damit mein Herz dein Wort versteht. Herr, schließe mir die Lippen, damit ich schweigend Dich ergründe. Dann öffne meine Lippen, damit mein Mund dein Lob verkünde." In diesem Gebet ist das Sehen dem Hören und Sprechen vorangestellt. Wir kennen das so eigentlich nicht. Der Apostel Paulus spricht eher davon, dass der Glaube vom Hören kommt (Röm. 10,17); weil wir von Jesus wissen, dass die "selig sind, die nicht sehen und doch glauben" (Jo. 20,29). Dann sagt Jesus dem "ungläubigen" Thomas.
Glauben ist: Feststehen in dem, was man erhofft; überzeugt sein von Dingen, die man nicht sieht – so die Definition im Hebräerbrief (Hebr. 11,1). Wir tun aber gut daran, das "Feststehen" auf dem Boden wissenschaftlicher Erfahrungen zu erproben und unsere Überzeugung zunächst an dem festzumachen, wovon wir uns selbst ein Bild gemacht haben. Denn die weltliche Wirklichkeit ist auch von Gott gewollt und gemacht: uns im Horizont dessen, was sich absehen lässt, zu bewähren, das entfremdet uns nicht der höheren Weisheit Gottes. Im Psalm 119,18 heißt es: "Öffne mir die Augen, für das Wunderbare an deiner Weisung". Gut hinschauen und uns ein Bild machen und mit diesen Erfahrungen Selbstsicherheit gewinnen, das ist kein Widerspruch zu einem Glauben, der Gott Wunder zutraut und seine Möglichkeiten nicht in unserem Horizont beschränkt. Christen müssen sich nicht blind, wie ein Maulwurf durch das Erdenleben wühlen, sondern ihnen sind von Gott die Augen geöffnet; "in seinem Licht schauen wir das Licht" (Ps.36,10). (Stefan Buß) +++