Stadtparlament tagt: Vom Kreisel über Preisschilder und einem neuen Markttag
26.05.24 - Die Stadtverordnetenversammlungen in Bad Hersfeld genießen den Ruf, dass sie zügig und schnell abgehandelt werden. Manch einer vermisst lange Diskussionsrunden, die zumeist keine neuen Erkenntnisse und vielmehr ständige Wiederholungen bringen. Die Sachthemen werden zumeist in den Fachausschüssen beraten.
Stadtverordnetenvorsteher Professor Lothar Seitz blieb auch am Donnerstagabend im Bürgerhaus vom Stadtteil Hohe Luft seiner professionellen Linie treu. Sein klares und starkes Bekenntnis zum Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland brachte er an Tag der Feierlichkeiten zum 75. Jahrestag zu Beginn der Versammlung zum Ausdruck. "Wir können stolz sein, ein Grundgesetz zu haben", sagte Seitz. Andere Länder wie beispielsweise Spanien oder Portugal hätten viele Inhalte für ihre jeweiligen Verfassungen übernommen.
Verkehrskonzept für die Zufahrten zu den Einkaufsmärkten
Inhaltlich wurden drei Themen diskutiert. Die Verwaltung hatte mit ihrem recht kurzfristigen Ansinnen, am Knotenpunkt Heinrich-von-Stephan-Straße/Max-Becker-Straße einen Kreisel (bürokratisch: Kreisverkehrsplatz) bauen zu wollen, für Verwunderung in der politischen Familie gesorgt. Nicht der Inhalt, aber die Art und Weise des Handels verwunderte die Fraktionen.Dass die Verkehrssituation in dem Gebiet der zahlreichen Einkaufsmärkte am Rechberg-Areal keinesfalls gut ist, das weiß jeder, der dort zum Einkaufen hinfahren will. Was die Parlamentarier stört: Im Vorfeld der Haushaltssatzung wurde um jeden Cent gefeilscht, jetzt sollen für den Kreisel plötzlich mehrere hunderttausend Euro ausgegeben werden? "Das sollen wir jetzt zwischen Tür und Angel entscheiden", sagte CDU-Fraktionsvorsitzender Andreas Rey. Auch sein SPD-Kollege Karsten Vollmer kritisierte das Vorgehen und brachte vielmehr einen Änderungsantrag ein, welcher letztlich zu einem konkurrierenden Hauptantrag aufstieg. Das Parlament ist sich einstimmig einig, dass ein Gesamtkonzept für das Areal rund um Tegut, Obi, Action und Co. erarbeitet werden soll.
Bernd Böhle von der FDP wollte zunächst dem Ansinnen der Verwaltung zustimmen, sieht aber die Gefahr der erhöhten Kreisumlage, welche den Haushalt zusätzlich belasten kann. Jürgen Richter von der FWG sagte: "Wir wissen, was wir alles vor der Brust haben". Er möchte lieber Rücklagen bilden. Sein Vorschlag der Sitzungsunterbrechung, um einen satzungskonformen Weg der Zustimmung zum konkurrierenden Hauptantrag zu finden, führte zur entsprechenden Abstimmung. Einstimmig votieren die Parlamentarier für die Entwicklung eines Verkehrskonzeptes für das Areal.
Klimaneutralität: Oberhalb von einer Milliarde Euro
Ein weiterer Diskussionspunkt war ein Antrag der FWG-Fraktion im Rahmen der Klimaziele. Dabei sollen alle verfügbaren Flächen, die sich im städtischen Besitz sowie im Besitz ihrer Gesellschaften befinden und sich für die
Installation von PV–Anlagen eignen, zu erfassen. Dabei sollen Frei,- Dach- und Fassadenflächen berücksichtigt werden.
Zur Begründung erklärte die FWG: Zur Erreichung der selbstgesetzten Klimaziele auf Grundlage des mehrheitlich beschlossenen Klimanotsandes in Bad Hersfeld müssen alle Wege gedacht werden, um die Erzeugung von erneuerbaren Energien voranzutreiben. Die städtischen Flächen stellen eine bedeutende Größe dar und aufgrund der aktuellen und zukünftigen angespannten Haushaltslage unsere Stadt und ihrer Gesellschaften, ist ein zeitnaher und flächendeckender Ausbau mit PV aus eigenen Mittel dafür nicht absehbar.
Dem Antrag wurde einstimmig zugestimmt. Etwas kontroverser wurde besprochen, ob denn das Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2035 vor allem finanziell und von der Personalverfügbarkeit überhaupt machbar sei. Daran gibt es durchaus Zweifel. Hierzu ergriff auch Bürgermeisterin Anke Hofmann das Wort. Sie gab einen Überblick über die Maßnahmen, welche die Stadt bereits auf den Weg gebracht hat. Und sie nannte ein Preisschild für die Gesamtkosten aller im Stadtgebiet von Bad Hersfeld (also nicht die reinen Kosten für die Stadt selbst): Nach dieser Kalkulation für die gesamten Kosten hin zur Klimaneutralität für alle Bürgerinnen und Bürger und für die Stadt summieren sich die Kosten auf "oberhalb von einer Milliarde Euro". Die kommunale Wärmeplanung solle auf den Weg gebracht werden.
Ein Erlebnismarkt am Wochenende?
Nicht ganz so optimistisch ist Hofmann beim Thema Wochenendmarkt. "Es ist unheimlich schwierig, Beschicker zu finden. Ich bin da nicht ganz so euphorisch. Wir machen uns aber gerne auf den Weg", sagte die Rathauschefin. Die meisten Stände vom Wochenmarkt sind samstags auf den Märkten in Eschwege und Fulda. Die SPD-Fraktion hatte einen entsprechenden Antrag eingebracht. Dr. Thomas Handke erklärte das Ziel: "Das Wochenende in Bad Hersfeld beginnt mit dem Markt". Während die beiden Wochenmarkt-Tage Dienstag und Freitag von einem Stammpublikum genutzt werde, erhoffen sich die Kommunalpolitiker, dass am Wochenende zusätzlich Familien und Leute kommen, die während der Woche zum Beispiel auswärts arbeiten. Der Wochenendmarkt solle vom Angebot her ein Erlebnis bieten - etwa mit kulinarischen Angeboten.
Andreas Rey von der CDU sagte: "Das Thema ist uns grundsätzlich sympathisch". Die Christdemokraten wollen in einem Prüfauftrag aber auch die Möglichkeiten einer Markthalle in Betracht ziehen. Bernd Böhle sieht ebenso die Möglichkeit, einer Bereicherung für die Stadt. Die Verwaltung werde nun die Möglichkeiten eines Wochenendmarktes sondieren. Noch ist offen, wie dieser zusätzliche Markt aussehen kann. (Hans-Hubertus Braune) +++