Im Vordergrund entsteht die Zukunft der Gesundheitsversorgung im Landkreis Hersfeld-Rotenburg. Im Hintergrund steht die Vergangenheit und Gegenwart und die Zahlen sind dabei alles andere als rosig. - Archivfoto: O|N/Hans-Hubertus Braune

BAD HERSFELD Kommentierende Analyse

Klinikum-Finanzspritze: Was das jetzt für die Steuerzahler bedeutet

29.05.24 - Es war eine sehr emotionale und spannende Kreistagssitzung am Montagnachmittag in Bad Hersfeld (O|N berichtete). Seit Jahren kamen nicht mehr so viele Zuschauer zu einer Sitzung. Und auch die Debatte war hart in der Sache und emotional aufgeladen. Besonders für die Bürgermeister war es eine schwierige Situation. Mit der Erhöhung der Kreisumlage erschweren sie die Lage ihrer eigenen Kommunen. Dass der ein oder andere Rathauschef nicht anwesend war, irritierte dabei manches Kreistagsmitglied.

Haunetals Bürgermeister Timo Lübeck (CDU) Archivfotos: O|N/Carina Jirsch

Neuensteins Bürgermeister Roland Urstadt (CDU)

"Es gibt nachvollziehbare Gründe, dem Klinikum die Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. In der Abwägung der Argumente kommen wir aber zu einer anderen Auffassung als die Kreistagsmehrheit. Die Erhöhung der Kreisumlage wird die ohnehin schon schwierige finanzielle Situation unserer 20 Städte und Gemeinden teilweise dramatisch verschärfen", kommentierten die CDU-Bürgermeister Timo Lübeck (Haunetal), Roland Urstadt (Neuenstein) und Markus Becker (Ronshausen) die Kreisumlagenerhöhung.

Gebühren und Steuern müssen in den Gemeinden erhöht werden

Archivfotos (2): O|N/Hans-Hubertus Braune

Beim Spatenstich Ende April waren alle Beteiligten guter Dinge, das ist in der aktuellen ...

"Die Folge werden flächendeckende Gebühren- und Steuererhöhung sein. Dem konnten wir nicht zustimmen. Zudem fehlt uns die Überzeugung, dass der Landkreis in den nächsten Jahren die Millionenbeträge, die das Klinikum zusätzlich benötigt, tatsächlich ohne weitere erhebliche Umlageerhöhungen aufbringen kann", ergänzten die drei Rathauschefs abschließend. Indes fehlten bei der SPD, der größten Fraktion im Kreistag, einige Bürgermeister, was CDU-Fraktionschef Herbert Höttl klar bemängelte und den Unmut der Sozialdemokraten auf sich zog.

Die Meinung der drei CDU-Bürgermeister ist verständlich und nachvollziehbar, zumal viele Kommunen bereits am finanziellen Limit agieren. Eine weitere Mehrbelastung wird für viele Gemeinden und Städte harte Einschnitte bedeuten.

Die CDU-Kreistagsspitze mit Herbert Höttl und Andreas Börner

Allerdings, was ist die Alternative - Bernd Böhle (FDP) beschrieb die Klinikums-Thematik äußerst passend: "Wir befinden uns in einem fahrenden Zug, das Klinikum wird bereits erweitert, wir müssen es finanziell tragen, obgleich das Limit eigentlich schon mehr als erreicht ist." Ergänzend dazu erklärte Landrat Torsten Warnecke: "Der Bau muss fertiggestellt werden, Verzögerungen kosten uns lediglich noch mehr Geld."

Klarer Kurswechsel ist notwendig

Die CDU-Fraktion, unter anderem Herbert Höttl und Andreas Börner, fordern auch von der Klinikspitze einen klaren Kurswechsel. Ein "Weiter so" dürfe es nicht geben. Das ist zunächst einmal richtig, doch vielmehr sind die strukturell katastrophalen Voraussetzungen ursächlich dafür, dass die Situation überhaupt so prekär ist. Land und Bund haben gesundheitspolitisch versagt und kommunale Krankenhäuser müssen das immer mehr ausbaden.

Bernd Böhle (FDP)

Landrat Torsten Warnecke (SPD)

Martina Selzer (Grüne)

Dass nun der Regierungspräsident und das Land Hessen den Landkreis mehr oder weniger erpressen, setze dem ganzen die Krone auf: "Es ist ein sehr trauriger Tag für die kommunale Selbstverwaltung. So kann man nicht miteinander umgehen", erklärte beispielsweise Böhle. Aber auch Martina Selzer von den Grünen schlug in diese Kerbe: "Die Rahmenbedingungen für das Klinikum sind derzeit sehr schlecht. Dass man in diesen Zeiten vonseiten des RP beziehungsweise des Landes klare Forderungen stellt und den Landkreis massiv unter Druck setzt, geht für mich überhaupt nicht."

Ehrenamtliche Politiker sind sich ihrer Position mehr als bewusst

Alles in allem war den ehrenamtlichen Politikern am Montagnachmittag klar, wie prekär die Situation ist. Ohne Geld hätte das Klinikum wahrscheinlich in die Insolvenz gemusst. Es bekannten sich alle klar für das Klinikum, obgleich alle wissen, was für eine extreme Belastung in den Heimatkommunen auf sie warten wird.

Die finanzielle Situation im Landkreis Hersfeld-Rotenburg hat sich nach dem Montag noch weiter verschärft. Jetzt sind auch die heimischen Landtagsabgeordneten gefragt. Zwar gab es auch Fehler, die die Kreispolitik in den vergangenen Jahren gemacht hat, allerdings liegen die Fehler noch mehr im System, wofür Bund und Land zuständig sind. Hier müssen Veränderungen her, denn das Klinikum Bad Hersfeld ist nicht das einzige, welches in Hessen rote Zahlen schreibt. (Kevin Kunze) +++


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