"Spieler müssen aufpassen, dass sie ihre Emotionen besser in den Griff kriegen"
17.07.24 - Die bei der EM erfolgreich getestete Kapitänsregel kommt auch in den Amateurfußball. Zukünftig dürfen also nur noch die Kapitäne mit dem Schiedsrichter diskutieren. Was sich dadurch genau ändert und wie die Regel bei den Betroffenen ankommt. OSTHESSEN|NEWS hat sich umgehört.
Sie war eine der großen positiven Überraschungen der EM: die Kapitänsregel. Erstmals durften nur die Kapitäne der Mannschaften bei strittigen Szenen direkt mit dem Schiedsrichter kommunizieren. Diskussionsversuche von anderen Spielern wurden oft streng mit einer Gelben Karte bestraft. Rudelbildungen und dadurch entstehende lange Spielunterbrechungen sah man während des Turnieres deshalb kaum.
Kein Wunder, dass sich DFB, DFB Schiri GmbH und die DFL dazu entschieden haben, diese Regel flächendeckend in Deutschland einzuführen - und das ab sofort. Die Regel gilt schon bei allen kommenden Freundschaftsspielen. Der DFB empfiehlt deshalb den Unparteiischen in der Anfangszeit noch mal auf die neue Verfahrensweise hinzuweisen.
Hoffnung auf respektvolleren Umgang mit den Unparteiischen "Ich verspreche mir von der Einführung der ‚Kapitänsregel‘ gerade auch im Amateurbereich einen deutlich respektvollen Umgang miteinander. Der Schiedsrichter muss nicht mehr mit mehreren Spielern gleichzeitig unter Bedrängnis kommunizieren und kann seine Botschaft kurz und prägnant an den Kapitän übermitteln", sagte Udo Penßler-Beyer, Vorsitzender des DFB-Schiedsrichter-Ausschusses.
In Zukunft soll bei einer "Entscheidung mit potenziell spielentscheidendem Charakter und möglichem Informationsbedarf" der Schiedsrichter mit einem waagerecht ausgestreckten Arm anzeigen, dass die Spieler eine Mindestdistanz von 4 Metern einhalten sollen. Dann darf sich nur der Kapitän nähern. Der Unparteiische ist allerdings nicht dazu verpflichtet, mit dem Kapitän zu diskutieren. Beschwert der sich zu lautstark oder vehement, kann ihm der Schiedsrichter dennoch die Gelbe Karte zeigen. Das Gleiche blüht übrigens auch Spielern, die gegen die neue Kapitänsregel verstoßen.
Beim DFB erhofft man sich dadurch, mehr Transparenz und damit eine schnellere Akzeptanz der Entscheidung, wenn der Schiedsrichter diese nur dem Kapitän erklären muss und nicht mehr allen. Außerdem sollen die Unterbrechungen verkürzt und die Netto-Spieldauer damit erhöht werden.
Kaiser und Schaaf befürworten Kapitänsregel Die neue Regel kommt auch in Osthessen gut an. Etwa bei Benedikt Kaiser, Torwart und Kapitän des Hessenligisten Hünfelder SV. "Prinzipiell komme ich ja als Torwart eher weniger mit dem Schiri in Spielsituationen in Berührung", sagt er, fügt aber plausibel an: "Es ist so eine Art Gratwanderung. Zum einen wünscht man sich Emotionen, zum anderen einen respektvollen Umgang mit dem Schiedsrichter. Ich kann die neue Regelung schon teilweise gut verstehen. Und bei der EURO hat man ja gesehen, wie das gehen kann".
Der 32-jährige Kaiser, der jetzt in sein zweites Jahr als Kapitän beim HSV geht und aktuell noch seine Schulterverletzung aus den letzten Wochen der vergangenen Saison auskuriert, schiebt nach: "Die neue Regelung ist ein Weg, diesen häufig fehlenden positiven Umgang mit dem Schiedsrichter, der ja Teil des Spiels ist, zu verbessern und ihn in den Griff zu kriegen. Auch wenn die Emotionalität etwas weiter zurück geht."
Patrick Schaaf,
"Für mich wird sich nicht so viel ändern. Ich bin sowieso für einen guten und respektvollen Umgang. Der eine oder andere Spieler muss halt aufpassen, dass er seine Emotionen künftig noch besser im Griff hat." Der SGB-Kapitän ist der Ansicht, dass "der Spieler, der emotional in der Situation drin ist, der sollte schon ein, zwei Worte sagen dürfen. Man soll die Emotionen auch ein bisschen zulassen und den Spielern die Möglichkeit dazu geben". Und Schiedsrichter, die ein Spiel "grundsätzlich souverän" leiten, hätten eh kein Problem damit. (wk/fh)+++