Erlebniswelten aus Pastellkreide: Beeindruckende Straßenkunst am Uniplatz
19.07.24 - Neun Künstlerinnen und Künstler aus ganz Deutschland verwandeln noch bis Samstag den Uniplatz in Fulda in eine lebendige Kunstausstellung: Beim Streetart-Festival können Zuschauer das Entstehen der Erlebniswelten hautnah miterleben.
Serena Montagnino malt schon seit ihrem achten Lebensjahr und ist im Jahr auf bis zu 20 unterschiedlichen Straßenkunstfestivals mit ihren Kreidekunstwerken unterwegs. Die 22-Jährige hat sich beim Straßenmalerfestival im nordrhein-westfälischen Medebach ihre Sporen verdient. Das Fantasy-Motiv, das sie auf eine große Holzplatte auf dem Uniplatz zeichnet, existiert bereits auf dem Smartphone, ab und zu schaut sie aufs Display, dann wird weiter gemacht in der Skizze. 15 Stunden lang, bis Samstag. "Man muss verrückt sein, um sowas zu machen. Egal wie man sitzt, am Ende tut alles weh." 500 Euro seien Durchschnitt pro Einsatz für die Straßenkünstler, die Montagnino als eingeschworene Gemeinschaft beschreibt:
Leben von der Straßenkunst können nur wenige "In Deutschland kennt jeder jeden. Wir organisieren uns über Facebook und WhatsApp, wenn Festivals anstehen. In den letzten Jahren ist 3D-Kunst immer populärer geworden, aber ich bleibe beim Traditionellen: Zweidimensionales hat seinen ganz eigenen Charme." Leben von der Straßenkunst könnten nur wenige, eine davon ist Fredda Wouters aus dem nordrhein-westfälischen Kevelaer, die mit ihrer überdimensionalen Linse Zuschauer dazu einlädt, ihr auf den ersten Blick verzerrtes Kunstwerk anzuschauen: "Das nennt sich Anamorphose. Die Linse erzwingt die richtige Perspektive für den Betrachter. Ursprünglich habe ich auch mit Kreide gemalt, die ersten Straßenkunstfestivals mit 14 - aber irgendwann war die 3D-Kunst einfach faszinierender. Jetzt verbringe ich den Sommer damit, Menschen ungewöhnliche Einblicke zu ermöglichen", so Wouters. Als Profi hat sie sich eine Pinselverlängerung gebastelt und arbeitet im Stehen.
Stundenlanges Malen hat für Montagnino und Wouters auch meditative Aspekte: "Ich höre ein Fantasy-Hörbuch beim Malen, aber in den langen Stunden schweifen die Gedanken schon ab. Wenigstens geistig ist es entspannend", so Montagnino. "Ich brauche die Öffentlichkeit, um in eine regelrechte Versenkung zu kommen - das geht beim Malen im Studio gar nicht. Aber hier kann ich richtig abschalten", so Wouters. Trotz traditioneller Techniken und Materialien hat auch in der Straßenkunst Hightech Einzug gehalten: "Ich lasse mir die perspektivische Verzerrung, die ich auf den Boden male, vorher vom Computer errechnen, das ist wesentlich einfacher - und stellt sicher, dass es durch die Linse betrachtet auch wirklich stimmt", erklärt Wouters. (mau) +++