Reizthema Bürgergeld: Debatte über schärfere Regeln
28.07.24 - Das Bürgergeld bleibt ein Reizthema. Die Ausgaben dafür sind stark gestiegen. Die Ampel will zwar die Regeln für Empfänger verschärfen. Das reicht nicht, meinen Kritiker auch aus der Regierung.
Vor dem Hintergrund stark gestiegener Ausgaben für das Bürgergeld machen Politiker von Union, FDP und AfD Druck, die Regeln für die Sozialleistung weiter zu verschärfen. «Das Bürgergeld hat die Erwartungen nicht erfüllt, und muss deshalb weiter reformiert werden», sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner im ARD-«Sommerinterview». CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sprach sich dafür aus, mehr als 100.000 Menschen das Bürgergeld komplett zu streichen. Bei der SPD stieß das auf scharfe Kritik.
Lindner: «Mehr Konsequenz bei Trittbrettfahrern»
Lindner sagte mit Blick auf den Bundeshaushalt: «Wir haben nicht zu wenig Geld, sondern wir haben zu hohe Ausgaben.» Er sprach von stark steigenden Sozialausgaben. «Das hängt auch mit der irregulären Einwanderung nach Deutschland seit 2015 zusammen. Eine große Aufgabe wird deshalb sein, unseren Sozialstaat neu aufzustellen. Kurz gesagt: treffsicher, mehr Empathie für Bedürftige, aber mehr Konsequenz bei Trittbrettfahrern.»Linnemann sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: «Die Statistik legt nahe, dass eine sechsstellige Zahl von Personen grundsätzlich nicht bereit ist, eine Arbeit anzunehmen.» Wenn jemand grundsätzlich nicht dazu bereit sei, müsse der Staat davon ausgehen, dass derjenige nicht bedürftig sei. «Dann muss die Grundsicherung komplett gestrichen werden.»
SPD sauer: Empfänger werden als faul diffamiert
Die SPD reagierte mit scharfer Kritik: Den arbeitenden Menschen in Deutschland helfe ganz sicher nicht, «Bürgergeld-Empfänger in einer willkürlich gegriffenen Größenordnung als faul zu diffamieren - und mit einer verfassungswidrigen kompletten Streichung der Leistung zu drohen», sagte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Dagmar Schmidt den Funke-Zeitungen.Verschärfungen bereits geplant
Die Bundesregierung hat bereits Regelverschärfungen beim Bürgergeld angekündigt, um mehr Bezieher zur Aufnahme einer Arbeit bewegen. So soll künftig ein längerer Weg zur Arbeit zumutbar sein, das Ablehnen einer zumutbaren Arbeit mit erhöhten Leistungskürzungen geahndet werden und auch Schwarzarbeit zu Kürzungen führen. Die Maßnahmen sind Bestandteil der sogenannten Wachstumsinitiative der Ampel, die vor allem dazu dienen soll, die lahmende Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. «Ich finde es gut, dass die Ampel einen ersten Schritt beim Bürgergeld gehen will», sagte Linnemann. Es brauche aber einen grundsätzlichen Politikwechsel – hin zu einer neuen Grundsicherung.
Ausgaben deutlich gestiegen
Deutschland hat im vergangenen Jahr etwa 42,6 Milliarden Euro für Bürgergeld ausgegeben, nach 36,6 Milliarden im Vorjahr, wie eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des AfD-Bundestagsabgeordneten René Springer ergeben hatte. Eine weitere Anfrage Springers zum Anteil Minderjähriger im Bürgergeld ergab, dass etwa 5,6 Milliarden Euro für unter 18-Jährige ausgegeben wurden. Die noch unveröffentlichten Daten lagen der Deutschen Presse-Agentur vor.Geändert hat sich demnach über die Jahre das Verhältnis ausländischer und deutscher Kinder und Jugendlicher im Bürgergeld: Demnach waren es 2010 rund 1,37 Millionen deutsche und 304.000 ausländische minderjährige Leistungsberechtigte. Ende 2023 lag das Verhältnis bei 907.000 zu 894.000. Die Ausgaben gingen durch die Decke, kritisierte Springer und forderte eine «Beseitigung der seit langem bestehenden und der von der Ampel zusätzlich geschaffenen Anreize zur Migration in die Sozialsysteme.»
Bürgergeld wird jährlich angepasst
Das Bürgergeld war zum Jahresbeginn im Vergleich zu 2023 im Schnitt um rund zwölf Prozent angehoben worden - für Alleinstehende war das ein Plus von 61 auf 563 Euro im Monat. Der Regelsatz wird jährlich an Preise und Löhne angepasst und berücksichtigt auch die Inflation. Sozialminister Hubertus Heil (SPD) hatte gesagt, wenn die Inflation jetzt deutlich sinke, werde die nächste Anpassung entsprechend niedrig sein. Die dafür nötigen Daten liefere das Statistische Bundesamt im Sommer.