Bratspieß hat zu: Kult-Imbiss in der Breitenstraße sucht würdigen Nachfolger
30.07.24 - Der Bratspieß in Bad Hersfeld hat geschlossen - und das nach 60 Jahren. Als die Gastrofamilie Stephan und Sabine Hanke aus Niederaula vor wenigen Tagen in den sozialen Medien ihre Entscheidung bekannt gegeben hatte, war das Entsetzen bei vielen Hersfeldern groß.
"In jedem Abschied liegt die Möglichkeit eines Wiedersehens. Am Sonntag, den 28.07.2024 schließen wir nach 24 Jahren den Bratspieß", schrieben sie auf Facebook. "Hersfeld ohne Bratspieß? Wie weit bergab soll’s denn noch gehen. Für eure Zukunft nur das beste", schreibt ein User.
Es ist keinesfalls übertrieben: Der Imbiss hat Kult-Status und war weit mehr als nur eine "Fressbude". Der Bratspieß war Treffpunkt, war eine Art Halt und auch Ausgangspunkt mancher Hersfeld-Tour etwa zum Lullusfest. Ein halbes Hähnchen mit knuspriger Haut und dazu Pommes aus dem Bratspieß - geht nicht besser. Aber auch das Schaschlik - übrigens wie allen anderen Waren frisch und selbst hergestellt - und die Currywurst erfreuten sich großer Beliebtheit.
Vor 24 Jahren hatte die Familie Hanke den Betrieb vom Landgasthof Heß aus Aua (Neuenstein) übernommen. In all den Jahren war der Bratspieß ein beliebter Treffpunkt. Früher waren vor allem auch die Amis hier, der Bratspieß hatte sieben Tage die Woche von zehn Uhr morgens bis nachts ein Uhr geöffnet. Heute unvorstellbar.
"So einen Job will heute keiner mehr machen"
"So einen Job will heute keiner mehr machen", sagt Stephan Hanke. Aber auch mit zwei Ruhetagen ist der Betrieb eine Herausforderung. Am Samstag bei unserem Gespräch um 17 Uhr herrscht Hochbetrieb, viele Gäste haben von dem Aus gehört, wollen noch mal ihr halbes Hähnchen genießen und drücken ihr Bedauern aus, wünschen den Hankes für die Zukunft alles Gute. Vier Halbe hier, dreimal Pommes dort, dazwischen ein halbes Hähnchen mit Brötchen, drei Hähnchen zum Mitnehmen - das Ehepaar Hanke arbeitet Hand in Hand, wie ein Uhrwerk wird jede Bestellung im Handumdrehen bearbeitet.
Keine Chicken-Wings? Dann fliegt halt der Barhocker
"Es sind alles Stammkunden, hier braucht niemand bestellen, ich weiß von jedem, was er isst", sagt Stephan Hanke. Gefühlt jeder in Bad Hersfeld kann etwas über den Bratspieß erzählen. Es gäbe so viele Anekdoten und einen verrückten Zwischenfall: Vor einigen Jahren wollte ein junger Mann Chicken-Wings haben. Diese waren jedoch an diesem Tag ausverkauft, was dem Herren so gar nicht gefallen hat. Er wurde richtig sauer und warf einen Barhocker hinter den Tresen. Die Polizei musste anrücken - auf YouTube gibt es dazu einen Fernsehbeitrag. Der Bratspieß kann wahrscheinlich ein Buch über seine Gäste schreiben.
Jetzt aber ist das Kapitel zumindest vorübergehend zu Ende: "Ohne unsere Familie hätten wir das hier gar nicht stemmen können", sagt Sabine Hanke. Dazu gehören die Kinder Anna-Lena, Marcel und Daniel mit ihren Partnern. Mit ihnen betreiben sie auch die Subway-Filialen in Bad Hersfeld und Eschwege. "Das bleibt auch erstmal so", sagt Stephan Hanke.
Für den Bratspieß suchen sie einen Nachfolger. Interessenten gibt es, aber die Hankes haben ein Ziel: "Wir suchen einen guten Nachfolger, der es genauso weiterbetreibt. Hersfeld braucht keinen weiteren Dönerladen" - entsprechende Anfragen lehnen sie ab.
Neue Aufgabe: Rasthof Kassel an der Autobahn A7
Auf die Familie Hanke wartet indes eine neue Aufgabe. Sie übernehmen ab Mitte August den Tank- und Rasthof Kassel an der Autobahn A7 mit einer Tankstelle, renoviertem Hotel, Gastronomie und einem ebenfalls renovierten Burger-King. Dort sind sie für 48 Mitarbeiter zuständig. Stephan Hanke und sein Sohn Daniel übernehmen dort die Leitung.Für Bad Hersfeld bleibt zu hoffen, dass sie einen würdigen Bratspieß-Nachfolger finden. (Hans-Hubertus Braune) +++