Sascha Gramm erfüllt sich an einem ganz speziellen Ort seinen großen Traum
03.08.24 - Sascha Gramm ist seit kurzem Mitglied eines ganz exklusiven Clubs. Als achter Mensch weltweit und erster Deutscher überhaupt hat der Hainzeller (Gemeinde Hosenfeld) die fünf Ultra-Läufe auf fünf Kontinenten der "Continental Challenge" erfolgreich absolviert. Den letzten Schritt machte er vor wenigen Tagen beim "Ultra Norway" - dort, wo er vor zwei Jahren um sein Leben kämpfte.
Rückblick in den Sommer 2022. Sascha Gramm bricht das erste Mal nach Norwegen auf, will dort den vorletzten Schritt auf dem Weg zur Vervollständigung der "Continental Challenge" gehen. Doch das Abenteuer endet in einem Alptraum. Bei widrigsten Wetterbedingungen verliert der Extremläufer im Hochgebirge sein GPS-Signal und irrt alleine und ohne Orientierung bei Regen, Nebel, Nässe und Kälte durch die norwegische Wildnis. Erst nach mehr als 40 Stunden wird er völlig unterkühlt von einem Militärhubschrauber gerettet. Ein paar Stunden später und es wäre vielleicht zu spät gewesen.
Nach zwei Jahren, in denen er die Erlebnisse verarbeitete und sich zunächst anderen Rennen widmete, kehrte Gramm letzte Woche nach Norwegen zurück, um sich seinen großen Traum endlich zu erfüllen. Dort sollte seine Reise nach Rennen in Mosambik, Australien, Vietnam und Bolivien endlich mit der Aufnahme in den "Continental Challenge Club" enden.
Härtester Lauf seines Lebens Bei der Challenge geht es darum, seine Wohlfühlzone zu verlassen und mit den unterschiedlichsten Rahmenbedingungen wie Hitze, Kälte, Höhe und Luftfeuchtigkeit klarzukommen. Der "Ultra Norway" ist dabei so etwas wie der Endgegner. "Das war der mit Abstand fordernste Lauf meines Lebens, gerade weil ich kein klassischer Bergläufer bin", gibt Gramm zu.
Der Lauf sei mit keinem gewöhnlichen Traillauf vergleichbar gewesen. "Nach vorgegebenen Wegen, Pfaden oder Trails sucht man da vergeblich. Man muss sich den Weg durch die gewaltige Landschaft mit Felsen, fordernden Auf- und Abstiegen, Geröll, Schnee, Eis, Wäldern, nicht enden wollende Steinfeldern, Flussläufen, Wasserfällen und Sumpfgebieten selbst bahnen - und das teilweise auf allen Vieren. Dabei ist das Wasser so kalt, dass es nach wenigen Sekunden nur noch schmerzt", beschreibt Gramm die Qualen.
Das letzte Mal wären die ihm fast zum Verhängnis geworden, dieses Mal lief es besser. Auch wenn sein italienischer Laufpartner 18 Kilometer vor dem Ziel ausstieg und Gramm die restliche Strecke alleine bewältigen musste, kam er letztlich nach 130 Kilometern und mehr als 7.000 Höhenmetern mit einer Zeit von über 40 Stunden erschöpft, aber glücklich, ins Ziel.
"Ich bin mir sicher, dass es genau so sein sollte" Damit ging ausgerechnet an dem Ort, an dem er die dramatischsten Momente seines Lebens durchstehen musste, sein größter sportlicher Traum in Erfüllung. "Das ist natürlich sehr besonders. Ich bin mir sicher, dass es genau so sein sollte, dass ausgerechnet hier in Norwegen alles zu einem Happy End kommt."
Mit dem Zieleinlauf in Tromsö endete für Gramm eine fünfjährige Reise. Fünf Jahre hartes Training, fünf Jahre wochen- und monatelange Vorbereitungen auf jedes einzelne Rennen. Da stellt sich die Frage: Was kommt jetzt? "Ich muss das alles noch sacken lassen. Ich kann es noch gar nicht realisieren, dass ich es endlich geschafft habe. Es ist für mich vergleichbar mit dem persönlichen Erreichen der Champions League. Laufen und Sport sind fester Bestandteil meines Lebens. Es gibt keine To-Do-Liste, die es abzuhaken gilt und dann aufzuhören."
Erst einmal ist aber Regeneration angesagt. Der Körper hat viel geleistet und Bedarf nun etwas Pflege. An Bewegung war eine Woche lang nicht zu denken. Inzwischen ist Gramm aber wieder im leichten Training. Man darf gespannt sein, wofür er diesmal trainiert. (fh)+++