Solar-Manager Ulrich Winter bei der Landeszentrale von Fronius in Neuhof-Dorfborn - Fotos: Marius Auth

NEUHOF "Solarpflicht braucht es nicht"

Fronius-Manager: "Solar ist die Demokratisierung der Energiewende"

22.08.24 - Bei Solartechnik denken die meisten an große Module auf dem Dach - aber das Gehirn der Anlage, der Wechselrichter, ist ebenso wichtig und wird unter anderem vom Unternehmen Fronius hergestellt, das seine deutsche Landeszentrale in Neuhof-Dorfborn im Landkreis Fulda betreibt. Solar-Manager Ulrich Winter erklärt, warum eine Solarpflicht wenig Sinn macht und wie der Verbraucher selbst zum Strom-Manager wird.

Rund 220 Mitarbeiter sind im großen Gebäudekomplex im Gewerbegebiet tätig, deutschlandweit sind es knapp 350 – unter anderem in den Bereichen Marketing, Vertrieb, Training und Tech Support. Die Fertigung der auf den ersten Blick unscheinbar wirkenden Wechselrichter von Fronius, die den produzierten Gleichstrom von den Modulen auf dem Dach in Wechselstrom umwandeln, findet dagegen in Österreich und Tschechien statt. Mit dem Ukrainekrieg kam die große Nachfrage nach Solartechnik bei den Verbrauchern, die hat sich inzwischen auf hohem Niveau normalisiert, der Großhandel und die Installateure sitzen teilweise dennoch auf den Überbeständen.

Geöffneter Wechselrichter

Schulungsräume

Wechselrichter ist Gehirn der Anlage

Tech Support

"Die chinesischen Hersteller sind zu einer Zeit der Knappheit in den Markt gekommen. Einheimische Hersteller konnten den schlagartig gestiegenen Bedarf gar nicht abdecken. Dabei hat Europa ein großes Interesse daran, die Produktion gerade der Wechselrichter hier vor Ort zu halten", erklärt Winter, selbst Wirtschaftsingenieur und Betriebswirt und bei Fronius Leiter der Business Unit Solar Energy, am geöffneten Gerät, das die Hightechzentrale der Solaranlage darstellt. Er führt es mit einem Vergleich aus: "Die Module auf dem Dach sind die Muskeln, die Unterkonstruktion die Knochen, die Smart-Meter-Stromzähler das Auge, und der Wechselrichter ist das Gehirn der gesamten Anlage. Als intelligente Kontroll- und Steuerungszentrale sind Wechselrichter mit dem Internet verbunden – und können daher vom Hersteller ferngewartet und ferngesteuert werden. Deswegen sollte sich jeder überlegen, wem er Zugriff gewährt auf seine Solartechnik."

Als europäischer Hersteller setzt Fronius auf höchste Qualitäts- und Sicherheitsstandards, sowohl bei der Produktion als auch beim Datenmanagement. Zusätzlich versucht das Unternehmen, mit dem Service zu überzeugen. Einen Resilienzbonus, der Verbraucher für die Nutzung von Photovoltaik-Komponenten aus europäischer Produktion belohnt, hält Winter trotzdem für eine gute Idee, um europäische Wertschöpfung zu sichern und kritische Infrastruktur zu schützen. Von einer Solarpflicht hält er dagegen nichts:

Die Wechselrichter wirken unscheinbar im Vergleich zu den Panels

"Ich glaube nicht, dass die Solarpflicht kommt, weil sie nicht kommen muss" ...

"Ich glaube nicht, dass die Solarpflicht kommt, weil sie nicht kommen muss. In den Neubaugebieten werden ohnehin PV-Anlagen verbaut, einfach weil es sich lohnt. Außerdem verstärken sich die Nachfrage nach Wärmepumpe, E-Auto und Solartechnik gegenseitig. Man investiert in eine komplett neue Energieversorgung, das bringt viele Vorteile mit sich, nicht nur finanzielle. Der Anreiz also ist ohnehin da."

Das eigene Energie-Ökosystem ermöglicht es dank intelligenter Komponenten dem Verbraucher inzwischen nicht nur, die Waschmaschine anzuwerfen, wenn die Sonne scheint - dank dynamischer Stromtarife ist es künftig auch für Privathaushalte möglich, weitere Kosten zu sparen. Ab 2025 sind alle Energieversorger verpflichtet, dynamische Tarife anzubieten. Der Verbraucher kann dann wählen, ob er weiterhin einen Tarif mit festem Arbeitspreis haben möchte oder lieber einen dynamischen Stromtarif. Bei diesen gibt es keinen festgelegten Arbeitspreis, sondern die Preise für die Kilowattstunde Strom orientieren sich an den Handelspreisen der Strombörse in Leipzig. "Die produzierende Industrie macht das schon immer so – aber jetzt kann auch der einfache Verbraucher sein eigener Strom-Manager sein", sagt Winter. "Der günstigste Strom ist immer der selbst erzeugte. Intelligente Steuerungsgeräte sorgen dafür, dass möglichst viel Strom aus der eigenen Solaranalage selbst verbraucht wird – und ermöglichen es zudem, den zugekauften Strom dann zu beziehen, wenn er am günstigsten ist. Diese Selbstwirksamkeit, die Energieversorgung selbst in der Hand zu haben, macht einen großen Unterschied."

"Vorteile liegen auf der Hand"

Der technische Fortschritt habe den Solarstrom in den letzten Jahrzehnten zur echten Alternative für breite Bevölkerungsschichten werden lassen: "Früher hatten Solaranlagen im Privathaus oft eine Spitzenleistung von 5 Kilowatt. Um 2005 herum errichteten vor allem landwirtschaftliche Betriebe mit großen Dachflächen Solaranlagen. Erst um 2012 herum kam der eigentliche Meilenstein: Die Selbstkosten pro Kilowattstunde wurden günstiger als der Preis für Strom aus dem Stromnetz, auch dadurch, dass die Module günstiger produziert werden konnten", erklärt Winter. "Als dann noch Batterien zur Speicherung des Solarstroms ins Spiel kamen und Solar günstiger wurde als die Wärmewattstunde und so Öl unterboten werden konnte, musste keine Bewusstseinsarbeit beim Verbraucher mehr geleistet werden - die Vorteile lagen und liegen klar auf der Hand." (mau) +++


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