Treffen bei der MIT: Die Mammutaufgabe von Minister Manfred Pentz (CDU)
24.09.24 - "Die Leute sind genervt", sagt Manfred Pentz. Der 44-jährige Christdemokrat meint damit unter anderem die allgemeine Entwicklung, die Unsicherheiten und die Bürokratie. In Deutschland wird alles in Gesetze, Verordnungen und Richtlinien gepresst.
Das Gefühl vieler Menschen: Der Staat misstraut uns, will uns überwachen und regulieren. Daraus resultiert zudem eine gewisse Angst in den Behörden. Vorgaben werden peinlich genau umgesetzt, um bloß keine Fehler zu machen und womöglich haftbar gemacht zu werden. Es ist ein tückischer Kreislauf, welcher Deutschland massiv lähmt.
Das Land Hessen will dem entgegenwirken und hat als erstes und bisher einziges Bundesland einen Minister für Entbürokratisierung installiert. Pentz hat sich dieser - wie es Andreas Rey nennt - Mammutaufgabe mit "Leidenschaft" angenommen. Es sei wichtig, dass es dafür eine eigene Stabsstelle gibt. "Die Bürokratie zieht sich wie ein roter Faden durch alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens", sagt der Vorsitzende der MIT Hersfeld-Rotenburg am Montagvormittag in Bad Hersfeld.
Bürokratiemelder ist online
Der hessische Minister für den Bund, Europa, Internationales und Entbürokratisierung weilte auf Einladung der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) Hersfeld-Rotenburg zu einem Treffen mit örtlichen Managern und Politikern im Wortreich. Das Mitmach-Museum kann durchaus als Symbol dienen. Denn Mitmachen ist auch der Ansatz von Pentz. Seit einigen Wochen ist der Bürokratiemelder im Internet freigeschaltet und wird von Unternehmern, Behörden und natürlich vielen Bürgern reichlich genutzt. Die Listen sind lang. "Wir wollen konkrete Beispiele", sagt Pentz. Er hört zu, nickt und gibt direkte Antworten."Bürokratieabbau ist eine Teamleistung. Um erfolgreich zu sein, brauchen wir die Unterstützung aus möglichst vielen Bereichen unserer Gesellschaft. Über die letzten Jahre, ja Jahrzehnte, haben wir alle gemeinsam einen gigantischen Berg an Regeln aufgetürmt. Für jedes Problem gab es eine Lösung in Form von neuen Gesetzen, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften. Jetzt müssen wir alle gemeinsam daran arbeiten, dass dieser Berg wieder abgetragen wird", sagt der Minister.
"Wir sind an einem Kipp-Punkt in der Gesellschaft, der wirklich ernst zu nehmen ist", sagt der einstige enge Vertraute vom ehemaligen Ministerpräsidenten Volker Bouffier. Pentz wirkt energisch und entschlossen, überflüssige Gesetze und Vorgaben streichen zu wollen. Er kämpft dabei an verschiedenen Fronten. In Hessen habe man es selbst in der Hand. Im Bundesrat hat Pentz bereits Duftmarken gesetzt. Er nennt ein Beispiel: Die angedachte Pflichtversicherung für Aufsitzrasenmäher und Gabelstapler hat der CDU-Politiker nach vielen Gesprächen und Überzeugungsarbeit vom Tisch gefegt.
"Es muss von Europa ernst genommen werden"
Neben Berlin hat Pentz vor allem auch Brüssel im Blick. "Es muss von Europa ernst genommen werden", sagt Pentz. Er ist froh, mit dem MIT-Landesvorsitzenden Marco Reuter einen Mitstreiter vor Ort zu haben. Reuter ist Chef der Stabsstelle in Brüssel. Pentz will auch am Sitz der Europäischen Union "alle an einen Tisch bringen". Europa läuft Gefahr, den internationalen Anschluss in der Weltwirtschaft zu verlieren. Er erzählt den osthessischen Mitgliedern der MIT vom Besuch des indischen Botschafters in der hessischen Landesvertretung in Berlin. Unternehmen aus Indien wollen in der Mitte Europas, im Rhein-Main-Gebiet, investieren. Nicht in zehn, 15 Jahren, sondern jetzt. Mit den deutschen Genehmigungsverfahren nicht darstellbar. "Wir verlieren Schuhe und Strümpfe, wenn wir nicht wettbewerbsfähig bleiben", sagt Pentz.
Der 44-jährige Familienvater scheut sich nicht davor, von anderen Ländern zu lernen. Er werde in wenigen Wochen gemeinsam mit dem Präsidenten des hessischen Landesrechnungshofes zwei Tage nach Norwegen reisen. "Sie sind in diesen Dingen ganz weit vorn. Wir werden viele Gespräche führen und schauen, welche Dinge wir peu à peu übernehmen können", sagt Pentz.
Mit Stracke und Lullusfeuer nach Brüssel
Seine Zeit an diesem Vormittag in Bad Hersfeld ist knapp. In den gut 55 Minuten nimmt er jedoch einige konkrete Wünsche mit. Das Vertrauen in die Menschen müsse gestärkt werden, langatmige Genehmigungsverfahren und Förderrichtlinien entschlackt werden. Mit einer Stracke und Hersfelder Lullusfeuer im Gepäck reiste der Entbürokratisierungsminister am Mittag direkt weiter nach Brüssel. Das Thema dort lautet: "Innovationsmotor Biotechnologie".
Derweil sammelt die MIT die Anregungen ihrer Mitglieder zum Bürokratieabbau. Diese werden sortiert und auf Plausibilität geprüft. Was individuell sinnfrei erscheint, kann im Gesamtkontext durchaus seine Berechtigung haben. Es darf jedoch keinen Bremsklotz darstellen. MIT-Landesgeschäftsführer Tobias Binder stellte den Bürokratie-Radar der Vereinigung vor.
Jetzt wird es darauf ankommen, dass die Entbürokratisierung Tempo aufnimmt. Manfred Pentz hat eine große Aufgabe angepackt. Auch sein Feuer wird nötig sein, damit die genervten Menschen nicht vollends das Vertrauen in den Standort Deutschland verlieren. (Hans-Hubertus Braune) +++