Kampagne will auf schwierige Lage von Arztpraxen aufmerksam machen
27.09.24 - Hochgeschätzt, voller Vertrauen und sich der schwierigen Lage bewusst: So blicken die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland auf die ambulante Versorgung, genauer auf die wohnortnahe, flächendeckende und qualitativ hochwertige Arbeit der niedergelassenen hausärztlichen, fachärztlichen und psychotherapeutischen Ärztinnen und Ärzte und ihrer Teams in über 100.000 Praxen. Doch diese Versorgung ist in akuter Gefahr. Mit der bundesweiten Kampagne "Wir sind für Sie nah" wollen die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) gemeinsam klarmachen, dass es allerhöchste Zeit für einen gesundheitspolitischen Richtungswechsel ist: Politik muss jetzt handeln!
"Es ist keine Täuschung, sondern leider traurige Realität, dass auch die Situation der ambulanten medizinischen Versorgung äußerst kritisch ist Wir haben die Politik bereits mehrfach nachdrücklich darauf hingewiesen", sagte, analog der KBV auch der Gesundheitsnetz Osthessen eG (GNO)Vorstandvorsitzende Ralph Hönscher. Allerdings habe man dort den Ernst der Lage bislang nicht erkennen wollen. "Viele regionale Bürgermeister dagegen sind sehr aktiv, aber die Gemeinden haben häufig nicht das nötige Geld, neben den vielen anderen Problemen in der Gemeinde, sich auch noch um die medizinische Versorgung zu kümmern. Das größte Problem: Fulda gilt, als zu 100 Prozent mit Hausarztsitzen versorgt. Dabei wissen wir alle, dass dies in der Realität nicht so ist. Viele Hausarztsitze in der Region werden anderweitig genutzt als für die hausärztliche Grundversorgung. Ein Beispiel: Manche Fachklinik in der Region nutzt einen Hausarztsitz, um Patienten ausschließlich zur OP-Vorbereitung zu untersuchen – nicht für hausärztliche Tätigkeiten. Darüber hinaus wissen wir, dass viele unserer niedergelassenen Mediziner in den nächsten fünf Jahren in den Ruhestand gehen. Bei der derzeitigen Situation muss jetzt gehandelt werden, denn schon jetzt werden einige Praxen nur noch ohne Nachfolger abgeschlossen", so Hönscher.
Im Gegensatz zur Politik sei die Sorge in der Bevölkerung längst angekommen. In einer Umfrage geben fast 90 Prozent der Bürgerinnen und Bürger an, dass ihnen das Thema ambulante ärztliche Versorgung wichtig ist. Wie gerade in einer regionalen Berichtserstattung zu lesen war, quellen die Notaufnahmen auch in der Region über. Allerdings weist kein Hausarzt in die Notaufnahme oder in das Klinikum ein, wenn er Patienten nicht mehr versorgen kann, sondern macht bis zur Erschöpfung Überstunden. Aber auch hier ist ein Limit erreicht. In naher Zukunft gehen viele niedergelassen Ärzte/Ärztinnen aus der Babyboomer Generation auch im Landkreis Fulda und Vogelsbergkreis in den Ruhestand. In den wenigsten Fällen wird es junge Ärztinnen oder Ärzte geben, die diese Sitze übernehmen. Ein Teil der ausfallenden, bislang selbstständigen Ärzte wird mit angestellten Ärzten aufgefangen werden können. Da das Arbeitszeitschutzgesetz zu beachten ist, wird klar, dass für den Ersatz eines selbstständigen Arztes 1,5 bis 2 angestellte Ärzte benötigt werden.
Wo soll diese Anzahl an Ärzten herkommen?
Die Gesundheitsnetz Osthessen eG appelliert an die Vernunft der Politik, nicht weiter die Augen vor der neuen Realität zu verschließen und bereits jetzt Maßnahmen der Prävention zu ergreifen und vor allen Dingen mit dafür zu sorgen, dass es wieder Ärztinnen und Ärzte gibt, die eine selbstständige Niederlassung übernehmen wollen. Dazu gehört es auch ein zukunftssicheres Umfeld für diese Ärzte zu schaffen, das Risiko für eine selbstständige Niederlassung zu minimieren und für eine angemessene Vergütung zu sorgen.
Außerdem müsse die Gesundheitsaufklärung für die Bürger verbessert werden geben, mit dem Ziel die Kompetenz für die Fragen mit welchen Krankheiten und Anzeichen man unbedingt zum Arzt, in den Ärztlichen Notdienst oder die Notaufnahme gehen muss. Welche Krankheitssymptome kann man mit welchen Mitteln selber behandeln und welche Möglichkeiten habe ich als Patient im Dschungel der Medizin in Deutschland? Welche Beratungsstellen gibt es? Die Ärztinnen und Ärzte im GNO seien gerne bereit an neuen Wegen mitzuarbeiten.
Kampagne der KBV "Wir sind für Sie nah" https://www.kbv.de/html/2024_69005.php https://www.gesundheitsnetzosthessen.de/fuer-patienten/unsere-gesundheitsvideos
(pm/ci)+++