Flaute in der Wirtschaft: 55 regionale Firmen melden Kurzarbeit an
02.11.24 - Die anhaltende Rezession in der deutschen Wirtschaft hat auch Osthessen nicht verschont. "Der Geschäftsklimaindex ist erheblich gesunken. Die konjunkturelle Flaute dauert an, Besserung ist nicht in Sicht. Die osthessische Wirtschaft befindet sich weiterhin in einem von vielen Risiken geprägten Umfeld", kommentierte Michael Konow, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Fulda, die Ergebnisse der dritten Konjunkturumfrage 2024. Der Anteil der Unternehmen mit einer guten aktuellen Geschäftslage liegt nur noch bei 16,7 Prozent. Die Erwartungen sind per Saldo deutlich negativ: Eine schlechtere Lage als im Vorjahr erwarten 39,0 Prozent der Firmen.
Um in dieser trüben Lage gegenzusteuern, steht auch die Anmeldung von Kurzarbeit bei einigen hiesigen Firmen auf der Agenda. Unsere Nachfrage bei der Agentur für Arbeit ergab: Die Anzeigen und Anträge im Bereich der konjunkturellen Kurzarbeit sind in den vergangenen Monaten relativ stark angestiegen. "Nach den uns vorliegenden vorläufigen Daten haben in unserem Agenturbezirk seit Juli dieses Jahres 55 Unternehmen Kurzarbeit für 1.732 Mitarbeitende angezeigt (In Fulda sind es rund 35 Betriebe für 1.189 Mitarbeitende). Betroffen sind zahlreiche Bereiche, besonders stark das Baugewerbe sowie die Automobilbranche samt Zulieferern", erklärt die Agentur-Pressesprecherin Luzia Kremser. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr hatten von Juli bis Oktober rund 25 Betriebe für knapp 600 Mitarbeiter:innen Kurzarbeit angezeigt (dar. Landkreis Fulda: 20 Betriebe für 433 Mitarbeitende).
Da die konkrete Beantragung und Bearbeitung des Kurzarbeitergeldes nachträglich erfolgt, können erst mit einigen Monaten Verzögerung Aussagen zur tatsächlichen Inanspruchnahme der Kurzarbeit getroffen werden. Demnach haben im April dieses Jahres 615 Beschäftigte Kurzarbeitergeld bezogen, im Jahr zuvor 999, und im April 2022 waren es 1.399. Zum Vergleich: Der Höchststand der konjunkturellen Kurzarbeit während der Corona-Pandemie wurde im April 2020 verzeichnet. Damals bezogen 26.330 Beschäftigte im Agenturbezirk Kurzarbeitergeld.
Wie läuft das mit dem Kurzarbeitergeld?
Wenn Betriebe Kurzarbeit planen, müssen sie das bei der Agentur für Arbeit zunächst anzeigen. Ohne Anzeige ist später keine Zahlung möglich. Wenn kurzgearbeitet wird, kann der Betrieb innerhalb von drei Monaten die erforderliche Abrechnungsliste einreichen. Erst danach liegen endgültige Daten darüber vor, wie viele Personen tatsächlich kurzgearbeitet haben, wie groß der Arbeitsausfall war und welche Branchen betroffen waren.
Bei der JUMO und EDAG ist Kurzarbeit beantragt
Dr. Steffen Hoßfeld, Geschäftsführer JUMO erklärt auf O|N-Nachfrage "Die schlechte konjunkturelle Lage in Deutschland und der extrem harte Wettbewerbsdruck, hauptsächlich durch asiatische Mitbewerber, zwingen uns zu Kostensenkungsmaßnahmen. Kurzarbeit ist davon ein Baustein, wird aber aktuell nicht flächendeckend über alle Bereiche eingesetzt. Derzeit arbeiten ein Produktionsbereich, die angrenzende Logistik sowie eine administrative Abteilung kurz. Wir prüfen laufend aufgrund der aktuellen Auftragslage, ob Kurzarbeit auch für andere Bereiche notwendig ist."
Auch bei der EDAG, die besonders von den Einschnitten in der Automobilbranche betroffen ist, ist Kurzarbeit ein Thema. Die Pressestelle hat gegenüber OlN erläutert: "Die aktuelle Wirtschaftslage ist allgemein sehr angespannt und die Entwicklungen insbesondere in der Automobilindustrie sind für uns spürbar. Die rückläufige Anfrage von Neuaufträgen unter anderem aufgrund der Situation bei einigen unserer Automotive-Kunden betrifft uns wie unsere Marktbegleiter. Kurzarbeit ist ein Mittel zur kurzfristigen Überbrückung von Auftragsengpässen, auf das wir punktuell zur Senkung von Kosten zurückgreifen. Eine von vielen anderen Maßnahmen zur Abmilderung der aktuell herausfordernden Marktgegebenheiten ist die Absage der Weihnachtsfeiern. Dies betrifft alle EDAG Standorte weltweit. Der Standort Fulda ist weltweit der größte EDAG Standort. Hier beschäftigen wir 1.700 Mitarbeitende inkl. Auszubildende."
Laut IHK ergibt die Bewertung der derzeitigen und die Einschätzung der künftigen Geschäftslage, dass der Geschäftsklimaindex von 90,7 auf 75,2 Punkte gesunken ist. Damit liegt er weit unter 100 und signalisiert eine andauernde rezessive Lage in Osthessen. Die Investitionsbereitschaft liegt über alle Branchen hinweg im negativen Bereich: 43,9 Prozent der befragten Unternehmen haben ihre Investitionsabsichten reduziert. Die Zahl der Firmen, die von einem Beschäftigungsabbau ausgehen (38,3 Prozent), liegt über der der Betriebe, die zusätzliche Beschäftigung planen (7,4 Prozent). In der Industrie zeichnet sich auch hier ein ausgeprägteres Bild: 46,7 Prozent der befragten Unternehmen erwarten sinkende und keines steigende Beschäftigtenzahlen in den kommenden zwölf Monaten. Alles in allem eine düstere Lage und kein Silberstreif am Horizont. (ci)+++