Trotz Amputation mit beiden Beinen fest im Leben
02.11.24 - "Barrieren und Grenzen durchbrechen" - unter diesem Motto fand am Freitagnachmittag in der Boulderhalle Fulda ein ganz besonderes Event statt. "Heute wollen wir ausprobieren, was mit einer Prothese alles möglich ist", erklärt Orthopädietechnikermeister Stefan Kaempffe. "Wir hoffen, dass die Leute mit Freude hier hinausgehen und vielleicht sogar einen neuen Sport für sich entdeckt haben."
"Jährlich werden in Deutschland 60.000 Amputationen durchgeführt, von der Entfernung der Fingerspitze bis hin zu ganzen Körperteilen", sagt Kaempffe. Um genau diesen Leuten den Einstieg ins Leben zu erleichtern und ihnen die Möglichkeit zu geben, neue Sachen auszuprobieren, organisiert "apt-Prothesen" verschiedene Veranstaltungen. Jetzt kam es zum Bouldern. "Man muss sich trauen und etwas ausprobieren, bevor man sagt: 'ich kann das nicht.'"
"Gleichgesinnte, mit denen man reden kann"
"Unsere sozialen Events sind ungefähr zweimal im Jahr. Meist mit einer angenehmeren und einer anstrengenderen Aktivität verbunden. So kam es schon zum Wandern und Radfahren und jetzt, als Steigerung, zum Bouldern", erklärt Kim Cremer, Prothesenanwender und Verantwortlicher für Social Media. Hierbei herrscht ein gesunder Austausch zwischen Menschen mit und ohne Prothese. "Damit wollen wir den Leuten zeigen, dass das Leben jetzt anders ist, sie aber immer ein Teil der Gesellschaft sind. Wir sagen: 'Ihr seid es Wert, zu leben.'"Auch für die Teilnehmer steckt dieses Event voller Möglichkeiten: "Man lernt Leute kennen und vor allem auch Gleichgesinnte, mit denen man reden kann", sagt Lutz gegenüber OSTHESSEN|NEWS. Er selbst ist erst seit zwei oder drei Jahren in Fulda und freut sich neben der Möglichkeit, Leute kennenzulernen, auch darüber, Sportarten zu entdecken. "Ich bin eignetlich ein leidenschaftlicher Schwimmer und kannte Bouldern so noch nicht."
"Ich möchte mich austesten und ein Gefühl dafür bekommen, mit der Prothese unterschiedliche Dinge zu tun", erzählt uns Roberto. "Das ist das erste Mal, dass ich mit Leuten zusammen bin, die auch eine Prothese tragen. Ich kam hier an und es war, als würden sie sagen: 'Du gehörst hierher.'" Für alle Teilnehmer ist also klar: Es gibt diese unglaublich tolle Gemeinschaft, die alle ein ähnliches Schicksal teilen.
"Ich finde es einfach wichtig, sein Leben weiterzuleben"
Unter all den inspirierenden Menschen ist auch Stefan Hartung, der eine eigene Selbsthilfegruppe für Leute mit Amputationen leitet. Beeindruckend ist hierbei sein Drang zu helfen: "Ich arbeite bei der Feuerwehr und beim Sanitäter. Über den Pager bin ich immer erreichbar, weil ich helfen will. Ich nehme die Anrufe entgegen und finde es einfach wichtig, sein Leben weiterzuleben." Eine Sache ist jetzt auf jeden Fall klar: Diese Leute sind nicht auf fremde Hilfe angewiesen und unglaublich stark. Für sie war der Tag erfüllt mit Freude und Gemeinschaft, anstatt mit Selbstmitleid in einer Ecke zu sitzen. Kelly Clarkson hat es erfasst: "What Doesn't Kill You Makes You Stronger!" (mis) +++